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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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…«
    »Gütiger Gott, nein. Schauen Sie … äh … Sie haben mich auf dem falschen Fuß erwischt. Ich wusste nicht, dass es so schnell gehen würde. Aber je eher wir es hinter uns bringen, desto besser. Wahrscheinlich wird es irgendeine Panne geben, bevor wir auf null runtergehen; das passiert doch immer … Libby, die Schemadarstellung, bitte.«
    Das große Fenster vor ihnen trübte sich ein und ersetzte die Ansicht von Achilles und der Sternenkulisse mit einer Seitenansicht der Liberator - eine Echtzeit-Grafik, die von Sensoren auf Achilles und anderswo projiziert wurde. John tippte auf die Darstellung, und die Hülle wurde transparent. Der Großteil des offenbarten Innenlebens glühte zwar in einem Pastellgrün, doch verstreute rote Kleckse kündeten von noch ungelösten technischen Problemen - Starttag hin oder her.
    Die Konstruktion war im Grunde ganz einfach. Die Liberator mutete wie ein Feuerwerkskörper an, eine Rakete mit einer Länge von nicht weniger als hundert Metern, mit Unterkünften im vorderen Teil und einer riesigen Düse am Heck. Der größte Teil des Rumpfes war mit aus Asteroiden gewonnenem Wassereis gefüllt, schmutzigem Schnee, der als Reaktionsmasse für den Vortrieb des Schiffes dienen würde.
    Und irgendwo in den Tiefen des Schiffes, in der Nähe dieser Düse, befand sich das Antimaterie-Triebwerk.
     
    Die Antimaterie der Liberator lag als Granulat aus gefrorenem Wasserstoff vor - genauer: Anti-Wasserstoff; eine Substanz, das die Antriebsingenieure als »H-bar« bezeichneten. Zurzeit war sie in einem Wolframkern eingeschlossen und wurde durch immaterielle elektromagnetische Wände von der normalen Materie isoliert. Dabei erforderte die Aufrechterhaltung des Containments selbst einen enormen Energieaufwand.
    H-bar war ein wertvoller Stoff. Wegen ihrer Neigung, beim Zusammentreffen mit normaler Materie zu explodieren, lag
Antimaterie nicht einfach herum und wartete darauf, eingesammelt zu werden - sie musste vielmehr hergestellt werden. Sie war ein Nebenprodukt der Kollision energiereicher Partikel. Doch selbst die größten Teilchenbeschleuniger der Erde würden auch im Dauerbetrieb nur winzige Mengen Antimaterie produzieren - nicht einmal das große Alephtron auf dem Mond war als Fabrik zu gebrauchen. Schließlich hatte man einen natürlichen Quell in Form der »Flussröhre« erschlossen, die den Mond Io mit seinem Mutterplaneten Jupiter verband - eine Röhre mit einem elektrischen Fluss mit einer Stärke von fünf Millionen Ampère, der beim Durchgang des Mondes durch Jupiters Magnetfeld erzeugt wurde.
    Um diese Antimaterie zu fördern, musste man nur ein Raumfahrzeug in die Flussröhre schicken und Antimaterie-Partikel mit magnetischen Pfannen sieben. Aber die damit verbundene technische Herausforderung war gigantisch.
    Wenn Edna den Befehl gab, würden die Magnetfelder pulsieren und die H-bar -Pellets sequenziell in einen Strom aus normalem Wasserstoff feuern. Materie und Antimaterie würden sich gegenseitig vernichten und vollständig in Energie umwandeln. Asteroideneis würde zu überhitztem Dampf sublimiert, und dieser Dampf würde beim Austritt aus der Düse die Liberator antreiben.
    Das war im Grunde das ganze Geheimnis, wenn man einmal außer Acht ließ, dass der Teufel im Detail der Handhabung der Antimaterie steckte: Die Liberator war im Prinzip eine Dampfrakete. Aber es waren die nackten Zahlen, die so eindrucksvoll waren. Denn selbst im enormen Fusionsreaktor im Herzen der Sonne wurde nur ein geringer Prozentsatz des Brennstoffs in Energie umgewandelt. Wenn Materie und Antimaterie sich gegenseitig zerstörten, dann richtig: Hier wurde Einsteins berühmte Formel »E = mc 2 « kompromisslos in die Praxis umgesetzt.
    Folglich stellte schon ein Fitzelchen Antimaterie, vielleicht fünfzig Milligramm oder so, das Äquivalent der gesamten
Energie dar, die in großen chemischen Trägerraketen wie dem Space Shuttle gespeichert war. Das machte den neuen Antimaterie-Antrieb so wertvoll für Regierungen, die für den Fall einer Invasion des Sonnensystems eine schnelle Reaktionsfähigkeit anstrebten. Die Liberator war ein so leistungsfähiges Schiff, dass es Edna in gerade einmal hundertzwölf Stunden zur Q-Bombe bringen würde - die Hälfte der Strecke bis zum Jupiter und die Entfernung der Erde von den Asteroiden.
    Die Liberator wirkte zwar klein im Vergleich zu den Lichtschiffen der Spacer . Aber wo ein Lichtschiff ein bloßes Spinnennetz mit Segel darstellte, war die Liberator eine

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