Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
Vom Netzwerk:
einen Vortrag über die Landschaft. Sie schien stolz darauf zu sein, ihrer Begeisterung nach zu urteilen. »Wir befinden uns hier auf dem Boden einer Schlucht namens Ares Vallis. Es handelt sich dabei um eine Abfluss-Schlucht, die durch eine gewaltige Überschwemmung in der tiefen Vergangenheit geformt wurde, welche aus dem südlichen Hochland hierher abfloss.«
    Die Zeitdauer dieser archaischen Katastrophe wird auf nur zehn bis zwanzig Tage veranschlagt. Sie sollte sich vor ein paar Milliarden Jahren ereignet haben, als ein Fluss, der tausendmal so viel Wasser führte wie der Mississippi, sich einen Weg durchs Urgestein gebahnt hatte. Solche Ereignisse scheinen entlang des ganzen Breitengrads stattgefunden zu haben, der die Grenze zwischen dem südlichen und nördlichen Mars markiert; die gesamte nördliche Hemisphäre war unter das mittlere Höhenniveau des Planeten gedrückt worden wie ein gewaltiger Krater.
    »Nun wissen Sie auch, weshalb die Besatzung der Aurora ausgerechnet hier die ersten menschlichen Erkundungen durchführen sollte - und weshalb die NASA in den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts die unbemannte Raumsonde Pathfinder in diese Region entsandte …«
    Bisesa ließ den Blick schweifen und blendete die Worte aus. Diese staubige, mit plattenförmigen Felsbrocken übersäte Ebene war wie die Erde und doch nicht wie die Erde. Es war ein seltsames Gefühl, diese staubigen Felsen nicht zu berühren und die dünne rote Luft nicht atmen zu können.
    Als sie sich den Kuppeln von Lowell näherten, passierten sie senkrechte, auf Stativen montierte Zylinder. Für Bisesa sahen sie aus wie Energie-Laser für Weltraumaufzüge. Die Marsianer schienen noch keine Bohnenranke in ihrem Himmel zu haben, aber die Energieversorgung war bereits installiert.
    Dann rollte der Bus an Flaggen vorbei, die schlaff über Markierungen aus Marsglas hingen. Bisesa vermutete, dass Paulas Mutter und die anderen Mitglieder von Bob Paxtons Besatzung
hier ruhten, die den Schiffbruch auf dem Mars nicht überlebt hatten. Wenn die Geologie von Ares durch diese Sintflut in der tiefen Vergangenheit geprägt wurde, dann hatte das Heldentum der Aurora der Geschichte der Menschheit gewiss seinen Stempel aufgedrückt.
    Der Bus brachte sie zur größten Kuppel und dockte dort an.
    Sie gingen durch einen Verbindungstunnel und betraten ein System aus mehreren Kammern, die von großen Leuchtstoffröhren an einer versilberten Decke erhellt wurden. Bisesa verspürte ein ausgesprochenes Unbehagen, als sie in diesem marstypischen Hüpfgang die Kuppel betrat. Der Geräuschpegel war hoch und erzeugte Echos.
    Leute wuselten umher, von denen viele mit grünen Overalls wie Paula bekleidet waren. Sie alle schienen sehr beschäftigt, und kaum jemand schenkte Bisesa und ihren Begleitern Beachtung. Bisesa hatte den Eindruck, dass sie diesen Einheimischen genauso willkommen waren wie Touristen in einer Forschungsstation am irdischen Südpol.
    Alexej fühlte sich zu einer Entschuldigung bemüßigt. »Sie dürfen das nicht persönlich nehmen. Bitte bedenken Sie, dass jeder Atemzug von Ihnen von den Steuergeldern anderer Leute bezahlt werden muss …«
    Nun bemerkte Bisesa auch, dass nur sehr wenige Marsianer Identifikations-Tätowierungen auf der Wange trugen.
    Sie stellten ihr Gepäck in Räumen ab, die man ihnen in einem Verschlag von »Hotel« zur Verfügung gestellt hatte, und Paula erbot sich, den kurzen Aufenthalt in Lowell mit einer Besichtigung auszufüllen. Also gingen sie auf Erkundung und folgten Paula von einer halbleeren Kuppel zur anderen. Sie waren durch Tunnels miteinander verbunden, die manchmal so niedrig waren, dass sie nur gebückt gehen konnten.
    In einer automatisierten Kantine kauften sie sich ein Mittagessen. Die irdischen Kreditkarten wurden akzeptiert, aber die Schüsseln mit einer dicken Suppe und der bittere Kaffee kamen sie teuer zu stehen.

    Während sie aßen, lief eine Gruppe Schulkinder lachend vorbei. Die schlaksigen Gestalten waren alle mindestens so groß wie Bisesa, obwohl die schlanken Körper und frischen Gesichter kaum Rückschlüsse auf ihr wahres Alter zuließen. Sie rannten in weiten Sätzen.
    »Marsianer der ersten Generation«, murmelte Alexej. »In niedriger Schwerkraft gezeugt. Aber die nächste Generation, ihre Kinder, wird erst richtig interessant.«
    Bisesa bedauerte es, als sie wieder verschwunden waren und den Hauch menschlicher Wärme mitgenommen hatten.
    Eine große lichtdurchlässige Kuppel wölbte sich über

Weitere Kostenlose Bücher