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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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Hügel und bestiegen ihn. Der Boden war hier umgepflügt, steinig und mit Tonscherben und Ascheflecken übersät. Emeline hatte den Eindruck, dass dieser Ort schon sehr alt und immer wieder umgegraben worden war.
    »Herzlich willkommen auf dem Misthaufen«, sagte Bloom. »Passen Sie auf, wohin Sie treten.«
    Sie kamen zur ersten Behausung. Es war ein primitiver Bau aus Lehmziegeln ohne Fenster und Türen. Eine provisorische Holzleiter lehnte an der Wand. Bloom ging voran, kletterte die Leiter aufs Dach hinauf und spazierte dort verwegen umher. Der Steinmann ging indes nur in die Knie und katapultierte sich mit seinen starken Beinen die beinahe zweieinhalb Meter zum Dach hinauf.
    Emeline folgte ihnen unbehaglich. Es war ein komisches Gefühl, einfach so auf dem Dach eines fremden Hauses umherzuspazieren.

    Das Dach war eine glatte Fläche aus getrocknetem, gekalktem Lehm. Rauch drang aus einem einfachen Abzug. Dieses »Pueblo« grenzte dicht an eine ähnliche Behausung; überhaupt standen die Hütten sehr dicht beieinander. Als Bloom schließlich die Lücke zum nächsten Dach überwand, blieb Emeline nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
    Der ganze Hügel war mit einem Mosaik dieser fahlen kastenförmigen, verschachtelten Häuser überzogen. Und es bewegten sich Leute auf den Dächern. Überwiegend Frauen - sie waren klein, untersetzt und dunkelhäutig. Sie beförderten Bündel mit Kleidung und Körbe mit Holz aus einem Loch im Dach ins nächste. Das machte den Charakter der Stadt mit ihrer eintönigen Architektur aus: Alle Gebäude waren rechteckige Klötze aus getrocknetem Lehm und so dicht nebeneinander errichtet, dass kein Platz für Straßen mehr war. Man musste also über die Dächer, wenn man irgendwohin wollte.
    »Das sind Menschen«, sagte sie zu Bloom. »Ich meine, Menschen wie wir.«
    »O ja, das sind keine Menschenaffen oder Neandertaler! Aber dies ist ein alter Ort, Mrs. White, der aus einer längst vergangenen Zeit ausgeschnitten wurde. Zumindest älter als die Epoche der Griechen, aber wie alt genau, weiß niemand. Auf jeden Fall liegt diese Zeit so weit zurück, dass noch nicht einmal Straßen und Türen erfunden waren.«
    Sie kamen zu einem anderen Dach. Rauch quoll aus dem einzigen Loch, doch ohne zu zögern stieg Bloom eine grob gezimmerte Treppe hinab, die innen an der Wand verlief. Emeline folgte ihm und versuchte, nicht die rußbedeckte Wand zu streifen.
    Der Steinmann folgte ihr mit dem Bündel. Er ließ es auf den Boden fallen, stieg die Treppe wieder hinauf und verschwand.
    Die quaderförmige Form des Hauses setzte sich im Innern fort. Es war eine Einraumwohnung ohne Trennwände. Auf den letzten Schritten musste Emeline auf einen Herd aus Steinplatten achten, der unter dem Loch im Dach schwelte,
das gleichermaßen als Schornstein wie als Türöffnung diente. Lampen und Dekorationen standen in Wandnischen: Es gab kleine Figuren aus Stein und Ton und etwas, das wie Büsten aussah: Skulpturen von Köpfen, die bunt bemalt waren. Möbel im eigentlichen Sinn gab es zwar nicht, aber saubere Pritschen mit Stroh und Decken, und Kleidung, Körbe und Steinwerkzeuge lagen ordentlich aufgestapelt auf dem Boden.
    Die Wände waren rußgeschwärzt, aber der Fußboden sah so aus, als ob er gefegt worden wäre. Der Raum verdiente beinahe das Prädikat »sauber«. Aber es roch penetrant nach einer Kloake, wobei dieser Geruch noch von einem Gestank der Verwesung unterlegt wurde.
    Eine Frau, noch sehr jung, hatte im Schatten gesessen. Sie wiegte ein in grobes Tuch gewickeltes Baby. Nun legte sie das Kind vorsichtig auf einen Strohhaufen und kam auf Bloom zu. Sie trug einen schlichten, schmuddeligen und verfärbten Kittel. Er strich ihr über das aschblonde Haar, schaute ihr in die blauen Augen, fuhr ihr mit der Hand am Hals hinab und umfasste ihre kleine Brust. Emeline sagte sich, dass sie wohl nicht älter als vierzehn oder fünfzehn war. Das schlafende Baby hatte schwarzes Haar wie Bloom, kein aschblondes wie seine Mutter. Und die Art, wie er sie im Genick packte, war auch nicht gerade zärtlich zu nennen.
    »Wein«, sagte Bloom laut zu dem Mädchen. »Wein, Isobel, verstehst du? Und Essen.« Er schaute flüchtig zu Emeline her über. »Sie haben Hunger? Isobel. Bring uns Brot, Früchte, Olivenöl. Ja?« Er schubste sie so unsanft weg, dass sie taumelte. Sie verließ das Haus über die Treppe.
    Bloom setzte sich auf einen Haufen grob gewebter Decken und bedeutete Emeline, dass sie seinem Beispiel folgen

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