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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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Herzen. Ich möchte es ihnen so einfach wie möglich machen.« Er lächelte sie an. Seine Zähne waren schlecht. »Ihr Mann ist nicht mitgekommen?«
    »Josh ist vor einem Jahr gestorben.«
    »Das tut mir sehr leid.«
    »Der Brief, den Sie ihm wegen des Telefons geschrieben hatten, das im Tempel geklingelt hat - ich habe mir erlaubt, ihn zu lesen. Er hat oft über die Zeit in Babylon gesprochen, diese ersten Jahre nach der Erstarrung . Die er immer als die Diskontinuität bezeichnet hat.«
    »Ja. Sie erinnern sich sicher nicht an diesen denkwürdigen Tag …«
    »Mr. Bloom, ich bin einundvierzig Jahre alt. Ich war neun am Tag der Erstarrung . Ja, ich erinnere mich.« Weil sie das Gefühl hatte, dass er ihr schon wieder ein unaufrichtiges Kompliment machen wollte, verschloss sie ihm mit einem strengen Blick präventiv den Mund. »Ich weiß, dass Josh sonst mitgekommen wäre«, sagte sie. »Er war dazu aber nicht mehr imstande, und unsere Jungen sind schon erwachsen und mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt. Also bin ich allein gekommen.«
    »Dann darf ich Sie in Babylonia herzlich willkommen hei ßen.«
    »Hmm.« Sie schaute sich um. Sie befand sich in einer Landschaft aus Feldern und Gräben, bei denen es sich vielleicht um Bewässerungsgräben handelte - aber die Gräben schienen verstopft zu sein, und die Felder wirkten verdorrt und staubig. Es gab keine Stadt in der Nähe, überhaupt keine Anzeichen einer Besiedelung außer ein paar Lehmhütten, die in einer Entfernung von ungefähr einer viertel Meile über einen niedrigen
Hügel verstreut waren. Und es war kalt - zwar nicht so kalt wie zu Hause, aber doch kälter, als sie erwartet hätte. »Das ist aber nicht Babylon, oder?«
    Er lachte. »Kaum. Die Stadt selbst befindet sich ein paar Meilen nördlich von hier. Aber hier ist die Endstation des Schienenstrangs.« Er wies mit einer ausladenden Geste auf den Hügel mit den Hütten. »Das ist ein Ort, den die Griechen ›Midden‹ nennen - der Misthaufen. Die Einheimischen haben einen eigenen Namen dafür, aber der interessiert nun wirklich nicht.«
    »Griechen? Ich dachte, die Leute von König Alexander seien Mazedonier.«
    Bloom zuckte die Achseln. »Griechen hin, Mazedonier her. Sie gestatten uns jedenfalls die Nutzung dieses Ortes. Aber wir müssen leider noch warten. Ich habe einen Wagen angefordert, der Sie in einer Stunde in die Stadt bringen wird, wo wir uns mit einer anderen Gruppe treffen, die aus Anatolien kommt. In der Zwischenzeit können Sie sich gern etwas ausruhen.« Er wies auf die Lehmhütten.
    Ihr Herz sank. Trotzdem bedankte sie sich.
     
    Sie mühte sich ab, ihr Gepäck vom Waggon herunterzuzerren. Es war ein in Bisonfell gehülltes und mit einem Seil verschnürtes Paket, das den Atlantik mit ihr überquert hatte.
    »Einen Moment. Mein Boy wird Ihnen helfen.« Bloom drehte sich um und schnippte mit den Fingern.
    Der »Quasimodo« streckte eine Hand groß wie eine Bratpfanne aus und hob das Bündel mit Leichtigkeit an - am ausgestreckten Arm. Ein Seil verfing sich in einer Bank und wurde angerissen. Bloom versetzte dem Diener einen Schlag auf den Hinterkopf. Der zuckte nicht einmal zusammen und zeigte auch sonst keinerlei Reaktion, sondern drehte sich nur um und trottete mit dem Paket in der Hand in Richtung des Dorfs. Von hinten sah Emeline die Schultern des Dieners; sie wirkten wie die Schultern eines Gorillas, sagte sie sich. Bei
diesen Proportionen wirkte der Schädel, der selbst auch ziemlich massig war, lächerlich klein.
    »Mr. Bloom«, flüsterte Emeline. »Ihr Diener …«
    »Was ist mit ihm?«
    »Er ist nicht menschlich, oder?«
    Er schaute sie flüchtig an. »Ich vergesse doch immer wieder, dass unser genetisches Archiv auf diesem dunklen alten Kontinent Neuankömmlingen Angst einjagt. Der Junge ist das, was die Griechen einen Steinmann nennen - weil er die meiste Zeit so unerschütterlich und stumm ist, als ob er in Stein gemeißelt wäre. Ich glaube, die Knochengräber auf der Erde haben ihn vor der Erstarrung als Neandertaler bezeichnet. Es war auch ein gelinder Schreck für mich, als ich erstmals hierher kam, aber man gewöhnt sich daran. In Amerika gibt es so etwas nicht, oder?«
    »Nein. Nur uns.«
    »Hier ist das anders«, sagte Bloom. »Es gibt hier einen ganzen Zoo: von den Menschenaffen bis hin zu diesen robusten Spezies und anderen Arten. Viele von ihnen sind Favoriten am Hof von Alexander - falls man ihrer überhaupt habhaft wird.«
    Sie erreichten den niedrigen

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