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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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Meeresoberfläche.
    Nach ein paar Jahrhunderten wurden die Inseln unbewohnbar.
    »Wir sind Geschöpfe des Wassers und des Lands geworden«, sagte die Mutter der Zeugin . »Wenn wir das Land nicht mehr erreichen …«

    »Die Weiterungen«, sagte ihr Vater, »sind klar. Und es gab nur eine Antwort.«
    Im Gegensatz zu den Menschen hatten die Leute der Zeugin nie ein Raumfahrtprogramm entwickelt und vermochten dieser Katastrophe deshalb auch nicht zu begegnen - während die Menschen im Angesicht der totalen Vernichtung einen Schild gebaut hatten.
    Aber sie würden sich nicht einfach in ihr Schicksal ergeben.
    »Wir haben einfach weniger Kinder bekommen«, sagte die Mutter der Zeugin .
     
    Die Generationen dieser Leute waren viel kürzer als die der Menschheit. Die Bevölkerung war ständig dezimiert worden, sodass auf einer Welt, in der einst Millionen geschwommen waren, bei der Geburt der Zeugin nur noch ein paar Dutzend übrig waren.
    »Du weißt, warum wir das getan haben«, sagte ihre Mutter. »Wenn ein Kind nie gelebt hat, kann es auch nicht leiden. Aber ganz so schlimm war es auch wieder nicht«, bekannte sie. »Die meisten Generationen konnten immer noch ein Kind haben. Sie erfuhren immer noch Liebe .«
    »Aber in der letzten Generation …«, sagte ihr Vater.
    »In dieser letzten Generation habt ihr nur mich produziert«, sagte die Zeugin düster. Die Zeugin war das letzte Kind, das jemals geboren werden sollte. Und sie hatte wichtige Aufgaben zu erfüllen.
    »Die Sterne sind schlicht gestrickt«, sagte ihr Vater. »Es dauerte zwar viele Generationen, bis unsere Astronomen den speziellen inneren Mechanismus enträtselt hatten, auf dem der feurige Odem unserer Sonne beruht. Doch sie haben es schließlich herausgefunden. Der Auslöser des Pulsierens wurde ermittelt. Aber so bizarre Modelle die Theoretiker sich auch ausdachten, sie fanden keine praktikable Möglichkeit, das Pulsieren des Sterns zu stoppen.«

    Ihre Eltern gaben der Zeugin Zeit, selbst dahinterzukommen.
    »Ach so«, sagte sie. »Das war eine vorsätzliche Handlung. Irgendjemand hat das ausgelöst«, sagte die Zeugin ehrfürchtig. »Aber wieso? Warum sollte jemand etwas so Schreckliches tun?«
    »Wir wissen es nicht«, sagte ihr Vater. »Wir haben nicht einmal eine Vermutung. Aber wir wollen es herausfinden. Und du sollst diesen Part übernehmen.«
    Horchposten waren auf vielen Inseln des Planeten eingerichtet worden. Es gab Teleskop-Batterien, die auf optisches Licht und Radiowellen ansprachen und auch für andere Bereiche des Spektrums empfänglich waren: Es gab Neutrino-Detektoren, Gravitationswellen-Detektoren und eine Reihe noch exotischerer künstlicher Lauscher.
    »Wir wollen wissen, wer das getan hat«, sagte ihr Vater mit Bitterkeit, »und warum. Also lauschen wir. Doch nun ist unsere Zeit gekommen. Bald wirst nur du noch übrig sein …«
    »Und ich bin die Zeugin .«
    Ihre Eltern schmiegten sich an sie und streichelten ihr den Bauch und die sechs Flossen, wie sie es getan hatten, als sie noch ein Baby war. »Kümmere dich um die Maschinen«, sagte ihr Vater. » Lausche. Und sehe zu, wie wir, die Letzten von uns, in die Dunkelheit eingehen.«
    »Ihr wollt, dass ich leide«, sagte die Zeugin bitter. »Eigentlich geht es nur darum, oder? Ich werde die Letzte meiner Art sein, ohne jede Hoffnung auf Fortpflanzung. Alle, die mir vorangingen, hatten wenigstens das. Ihr wollt mir die ganze schreckliche Verzweiflung aufbürden, mit der ihr die Ungeborenen verschont habt. Ihr wollt mir Schmerz zufügen, nicht wahr?«
    Die Mutter der Zeugin war bestürzt. »Ach, mein Kind, wenn ich dir diese Last abnehmen könnte, würde ich es tun!«
    Das machte aber auch keinen Unterschied für die Zeugin , deren Herz sich verhärtete. Bis zum Tod ihrer Eltern zahlte sie es ihnen auf die einzige Art heim, zu der sie imstande war …
    Indem sie sie mied.
    Schließlich kam der Tag, wo sie wirklich allein war.
    Und da traf das Signal von der Erde ein.
     
    Aristoteles, Thales und Athene, den von der Erde geflohenen Intelligenzen, gelang eine Kontaktaufnahme mit der Zeugin . Und sie erfuhren vom Schicksal ihrer Spezies.
    Prokyons Herzschlag hatte schon viel zu früh ausgesetzt, als dass menschliche Astronomen ihn beobachtet haben konnten. Aber Aristoteles und die anderen wussten, dass das gleiche Phänomen auch bei einem anderen Stern aufgetreten war: beim Polarstern, Alpha Ursae Minoris. Um 1945 war das Pulsieren des Nordsterns aus unerfindlichen Gründen plötzlich

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