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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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trugen etwas, das wie zerschlissene Militäruniformen aussah. Der erste Mann trug eine Schirmmütze und einen Schnurrbart wie ein Walross. Doch diese Gesichtsverzierung war graumeliert; Emeline sah, dass er mindestens siebzig sein musste.
    Emeline stand auf, und Bloom stellte sie routiniert vor. »Mrs. White, das ist Kapitän Nathaniel Grove. Von der britischen Marine - zumindest ehemals. Und das …«
    »Ich bin Ben Batson«, sagte der jüngere Mann. Er war vielleicht dreißig und hatte einen genauso steifen britischen Akzent wie Grove. »Mein Vater ist mit Kapitän Grove gefahren.«
    Emeline nickte. »Mein Name ist …«
    »Ich weiß, wer Sie sind, meine liebe Mrs. White«, sagte Grove warm. Er kam zu ihr und nahm ihre Hände in seine. »Ich habe Josh gut gekannt. Wir sind zusammen hier angekommen, quasi an Bord derselben Zeitscheibe. An einem Abschnitt der Nordwestgrenze im Jahr des Herrn 1885. Josh hat mir ein paar Mal von Ihnen und Ihren Kindern geschrieben und erzählt. Sie sind wirklich eine so schöne Erscheinung, wie ich Sie mir vorgestellt hatte.«
    »Ach, das ist doch gelogen«, tadelte sie ihn. »Aber er hat von Ihnen gesprochen, Kapitän. Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen. Und ich bedaure es sehr, dass er nicht mit dabei ist. Ich habe ihn vor einem Jahr verloren.«
    Groves Gesicht verhärtete sich. »Ach.«
    »Es war angeblich eine Lungenentzündung. Aber ich glaube, in Wahrheit war er einfach verbraucht. Dabei war er noch gar nicht mal so alt.«

    »Wieder einer von uns gegangen - wieder einer weniger, der sich daran erinnert, woher wir kamen - wie meinen, Mrs. White?«
    »Nennen Sie mich doch bitte Emeline. Sie haben eine weite Reise hinter sich?«
    »Nicht so weit wie Sie, aber immer noch weit genug. Wir leben nun in Alexandria - aber nicht in der Stadt am Nil, sondern in Ilium.«
    »Wo ist das?«
    »In der Türkei, so wie wir sie kannten.« Er lächelte. » Wir nennen unsere Stadt Neu Troja.«
    »Ich kann mir vorstellen, dass Sie wegen des Telefonanrufs in Babylon hier sind.«
    »Exakt. Der Gelehrte Abdikadir hat mir geschrieben - und Bloom -, weil er hoffte, sich über uns mit Josh in Verbindung setzen zu können. Nicht dass ich einen blassen Schimmer hätte, was das alles zu bedeuten hat. Aber einer muss sich schließlich um diese Dinge kümmern.«
    Das Baby begann zu schreien. Bloom klatschte - offensichtlich verärgert - in die Hände. »Babylon wartet. Es sei denn, dass Sie sich erst noch etwas ausruhen möchten, Kapitän …«
    »Bringen wir es hinter uns.«
    »Mr. Batson, wenn Sie vorangehen würden?«
    Batson erklomm gewandt die Treppe, und Grove und Emeline folgten ihm.
    Emeline blickte noch einmal zurück. Sie sah, dass Isobel verzweifelt versuchte, das Baby zu beruhigen und dass Bloom sich ihr sichtlich zornig näherte und den Arm hob. Emeline hatte mit Jane Addams in Chicago gearbeitet; sie wurde von diesem Sittenbild abgestoßen. Aber es gab sicher nichts, was Emeline tun konnte, das es nicht noch schlimmer für das Mädchen gemacht hätte.
    Sie stieg die ausgetretenen Stufen hinauf und tauchte blinzelnd hinein ins staubige babylonische Sonnenlicht.

{27}
PHAETON
    Die Passagiere wurden samt ihren Gepäckstücken auf einen primitiven offenen Phaeton verladen. Bloom schickte seinen Boy los, um ihre Zugtiere zu holen.
    Emeline war erschüttert, als der Steinmann zurückkehrte - nicht etwa mit Pferden, wie sie erwartet hätte, sondern mit vier Artgenossen.
    Wo Blooms Diener immerhin in Lumpen gekleidet war, waren diese vier nackt. Drei von ihnen waren Männer, deren Geschlechtsorgane sich als kleine graue Klumpen in schwarzem Haar abzeichneten, und die Frau hatte schlaffe baumelnde Brüste mit langen rosa-grauen Warzen. Ihre stämmigen Körper waren stark behaart, und mit der mächtigen Muskulatur und den wulstigen Brauen sahen sie wie Gorillas aus. Aber sie hatten dennoch eine größere Ähnlichkeit mit Menschen als mit Affen: Die Hände waren unbehaart, und die Augen klar. Es war ein schockierender Anblick, wie sie in das Geschirr des Phaetons eingespannt wurden und jeder ein Joch um den Hals bekam.
    Bloom griff zu einer Lederpeitsche und ließ sie wie ein routinierter Fuhrmann über den Rücken des Führungspaars knallen. Die Steinmänner setzten sich stolpernd in Bewegung, und der Phaeton ratterte vorwärts. Blooms Diener musste neben dem Wagen herlaufen. Emeline sah nun auch, dass diese Wesen allesamt Striemen - alte Peitschennarben - auf dem Rücken hatten.
    Bloom brachte

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