Wächterin der Dunkelheit: Roman (German Edition)
gespielt wurde, würde Alexion ihn möglicherweise verschonen.
Sie wollte Keller auf keinen Fall einer Gefahr aussetzen. Im Gegensatz zu ihr war er sterblich und hatte eine Familie, die ihn liebte.
»Alles bestens, Herzchen. Wieso fährst du nicht nach Hause? Es ist schon spät.«
Zum Glück erhob ihr Squire keine Einwände. Außerdem war er viel zu angespannt, um das leichte Zittern in ihrer Stimme zu registrieren. Falls Alexion tatsächlich kämpfen wollte, war es klüger, Keller nicht im Haus zu haben.
»Okay, Danger. Wir sehen uns morgen Abend.«
»Ähhh …«, meinte Danger. »Wieso nimmst du dir nicht ein paar Tage frei und besuchst deine Schwester in Montana?«
Er sah sie stirnrunzelnd an. »Weshalb?«
Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Ich habe doch Acherons Squire hier. Ich bin sicher, er kann …«
»Ich weiß nicht recht«, unterbrach er sie und zog die Nase kraus. »Er scheint ganz okay zu sein, trotzdem werde ich wohl zu Hause bleiben, nur für alle Fälle. Man weiß nie, was passiert.«
»Keller …«
»Hör auf, Danger. Meine Aufgabe ist, dich zu beschützen. Mag sein, dass ich ein Mensch bin, aber ich bin auch ein Squire, und das schließt sämtliche Risiken ein, die diese Aufgabe nun mal mit sich bringt. Okay? Ich bin in dieser Welt aufgewachsen und weiß genau, welche Scheiße passieren kann. Ich werde dich auf keinen Fall allein lassen, solange wir nicht wissen, was hier los ist. Und wir wissen nur, dass jemand mit den Daimons zusammenarbeitet. Ich habe in letzter Zeit so viele merkwürdige Dinge gehört, dass ich jetzt ganz bestimmt nicht einfach abhauen werde.«
Dagegen konnte sie nichts sagen. Seine Loyalität war geradezu rührend, und genau aus diesem Grund würde sie dafür sorgen, dass ihr ein anderer Squire zugeteilt wurde, wenn all das hier vorbei war. Eine emotionale Bindung zu jemandem aufzubauen, war so ziemlich das Letzte, was sie gebrauchen konnte – umso mehr, wenn dieser Jemand eines Tages an Altersschwäche sterben würde und sie deswegen am Boden zerstört wäre.
Sie hatte schon viel zu viele Menschen verloren, die ihr am Herzen lagen, als dass sie dieses Risiko eingehen wollte. Der Rat der Squire wusste das, und seit dem Tag, an dem sie in den Stand einer Dark Hunterin erhoben worden war, war ein Squire nie länger als fünf Jahre in ihren Diensten geblieben.
Und sie hatte nie einen Squire mit Kindern gehabt. Manche Wunden sollte man nicht aufreißen.
»Also gut«, sagte sie leise. »Dann fahr nach Hause. Wir bleiben in Kontakt.«
Keller nickte, nahm seine Jacke und wandte sich zum Gehen.
Zum Glück hatte er ausnahmsweise auf sie gehört. Danger holte tief Luft und machte sich auf den Weg zu Alexions Zimmer. Sie wollte ihn nicht hierhaben, aber was blieb ihr anderes übrig?
Wie hieß es noch in Der Pate ? Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher.
Solange sie in ihrem Haus war, konnte sie ihn im Auge behalten. Ganz zu schweigen davon, dass sie immer noch nicht hundertprozentig von Kyros’ Argumenten und Plänen überzeugt war. Sie hatte in letzter Zeit eine Menge merkwürdiger Dinge gehört, darunter auch die Gerüchte, die Dark Hunter in der Gegend würden menschliches Blut trinken. Nach allem, was sie wusste, war Kyros einer von ihnen und versuchte sie aus Gründen, die nur er allein kannte, für dumm zu verkaufen.
Solange sie keine genaueren Informationen hatte, würde sie den Ball hübsch flach halten und versuchen herauszufinden, was hier gespielt wurde. Doch allein die Vorstellung jagte ihr einen Schauder über den Rücken. Alexion besaß unfassbare Kräfte, gegen die sie unter Garantie nicht ankäme.
Wie sollte eine Frau einen Mann töten, der noch nicht einmal blutete?
5
Am Ende des Korridors im oberen Stockwerk ihres Hauses öffnete Danger die Tür zu dem Gästezimmer, wo Alexion eingehend eines der Fabergé-Eier betrachtete, die sie sammelte. Sie hatte vor etwa vierzig Jahren damit angefangen, weil sie sie an die Malowanki-Eier erinnerten, die ihr Vater von seinen Reisen nach Preußen mitgebracht hatte, wo er einmal im Jahr seine Großmutter besuchte. Bis zu dem Jahr, als sie gestorben war, hatte Babcia stets für sie alle Malowanki-Eier bemalt, um sie an ihr preußisches Erbe und die Schönheit des Osterfestes zu erinnern.
Keines der kostbaren bunten Eier, die Danger wie ihren Augapfel gehütet hatte, als sie noch ein Mensch gewesen war, hatte überlebt. Ihr Ehemann hatte sie als frivole Verschwendung der Aristokratie
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