Wächterin der Dunkelheit: Roman (German Edition)
»Dangereuse hat mich schon lange keiner mehr genannt.«
Er musterte sie mit schief gelegtem Kopf. Aus seinen Recherchen wusste er, dass sie nach der Großmutter von Eleonore von Aquitanien benannt worden war, die ihre Mutter sehr verehrt hatte – Dangerose, eine berühmte Gräfin, die einzig und allein nach ihren Regeln gelebt hatte, ohne sich um die gesellschaftlichen Konventionen der damaligen Zeit zu scheren. Es war ein Name, der perfekt zu der zierlichen Frau passte, die nun vor ihm stand. »Verzeihen Sie.«
Doch seine Entschuldigung konnte sie nicht beschwichtigen. »Und nur damit Sie es gleich wissen – ich habe keine Angst vor Ihnen.«
Ihre Tapferkeit entlockte ihm ein Lächeln. Sie war eine Frau, die hart im Nehmen war und genau wusste, was sie wollte, und er fragte sich, ob sie als Mensch wohl genauso gewesen war. Doch aus irgendeinem Grund bezweifelte er es. Die Welt, in die sie hineingeboren worden war, hätte einen solchen Wirbelwind von Frau niemals geduldet.
Man hätte ihr ihre Kampflust ohne jeden Zweifel ausgetrieben, statt sie gutzuheißen.
Sie trat einen Schritt in den Raum hinein. Ihre dunklen Augen bohrten sich ihn, als suchten sie nach einer Schwachstelle.
Viel Glück, ma petite. Da wirst du nichts finden.
» Und wie lautet Ihre Geschichte?«, fragte sie. »Sie sagten vorhin, Sie seien Ashs Squire. Aber sind Sie ein Blue Blood oder ein Blood Rite oder was?«
Alexion quittierte ihre Frage mit einem Lächeln. Blue Bloods entstammten einer langen Ahnenreihe von Squires. Blood Rites hingegen waren Squires, die speziell dafür auserwählt worden waren, die Einhaltung der Gesetze in ihrer Welt zu gewährleisten. Sie beschützten die Dark Hunter und fungierten als eine Art Polizei für die anderen Squires. Natürlich hatte er Acheron bereits gedient, bevor der Rat der Squire überhaupt gegründet worden war. Er war kein Squire im herkömmlichen Sinne. Er war Acherons Alexion, ein atlantäischer Begriff, für den es keine Entsprechung gab.
Im Grunde tat er alles, was erforderlich war, um Acheron und Simi zu beschützen. Und zwar »alles« im wahrsten Sinne des Wortes.
Er hatte kein Gewissen. Keine Moral. In seiner Welt gab es nur ein Gesetz – Acherons Wille. Und Acherons Wille war das Einzige, was für Alexion zählte. Nun gut, gelegentlich konnte er ihm widersprechen und mit ihm debattieren, doch letzten Endes war er nichts anderes als Acherons Beschützer und würde stets das tun, was für Acheron das Beste war, unabhängig davon, welche körperlichen oder persönlichen Folgen es für ihn hatte.
Doch er konnte ihr unmöglich die Wahrheit über seinen Status verraten. Nur er, Simi und Acheron durften seine wahre Beziehung zu seinem Boss kennen.
»Ich bin Acherons Aufpasser«, sagte er nur.
»Wie lange stehen Sie schon in seinen Diensten?«
Er lachte auf. »Eine Ewigkeit. Zumindest kommt es mir meistens so vor.«
Argwohn flackerte in ihren Augen auf. Sie war schlauer, als gut für sie war. Und viel zu sexy, als gut für ihn war.
Doch sie war noch nicht fertig mit ihrem Verhör. Sie trat auf ihn zu und blieb vor ihm stehen … so dicht, dass ihm ihr Geruch in die Nase stieg. Ihr weicher, süßer Duft drohte ihm die Sinne zu rauben und beschwor Bilder ihres nackten, biegsamen Körpers in seinem Bett herauf.
»Wie funktioniert dieser Trick mit dem Messer, als Sie plötzlich neben mir standen, obwohl ich Sie gerade niedergestochen hatte?«
Sein Mundwinkel hob sich, und er beugte sich vor, um den Duft ihres Haars und ihrer Haut noch tiefer in seine Lunge zu saugen. Er drang durch seinen Körper wie uralter Whiskey – warm und belebend.
Augenblicklich begann sein Blut zu kochen, und er spürte, wie er hart wurde.
»Stellen Sie mir doch lieber die Frage, die Ihnen wirklich im Kopf herumgeht, Danger«, meinte er mit vor Lust belegter Stimme. »Ich habe nichts für Spielchen übrig. Wir wissen beide, dass ich kein Mensch bin, also besteht kein Grund, um den heißen Brei herumzureden.«
Danger schien seine Unverblümtheit zu schätzen zu wissen, obwohl er den Schauder spürte, der sie überlief. Sie sah ihn unter ihren dichten Wimpern hervor an – ein Blick, der Empfindungen in ihm heraufbeschwor, die er lange, lange Zeit nicht mehr gehabt hatte. Ihre Unsicherheit und Verwirrung rührten ihn so sehr, dass er sie am liebsten beruhigend in die Arme geschlossen hätte – eine Vorstellung, die ihn zutiefst schockierte.
»Sind Sie hier, um für Acheron zu spionieren?«
Er lachte. »Nein.
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