Wächterin der Dunkelheit: Roman (German Edition)
Ausdruckslosigkeit in seiner Miene verriet, dass er ihr etwas verschwieg.
Und in diesem Augenblick wusste sie, was los war. »Sie kannten ihn.«
Immer noch dieser emotionslose Ausdruck in seinen Augen. »Ich kenne alle Dark Hunter.«
Durchaus möglich, aber sie spürte, dass das nicht alles sein konnte. »Nein. Da ist noch mehr. Etwas Persönliches. Ich kann es fühlen.«
Er wandte sich ab.
Sie folgte ihm. »Reden Sie mit mir, Alexion. Wenn Sie wirklich wollen, dass ich Ihnen helfe, müssen Sie mir eine ehrliche Antwort geben.«
»Ich war Ihnen gegenüber von Anfang an ehrlich.« Er ging zur Tür.
Danger blieb stehen und wartete, bis er im Begriff war, den Raum zu verlassen.
Mittlerweile hatte sie einen Verdacht, wer er sein könnte, und nun war der Zeitpunkt gekommen, die Probe aufs Exempel zu machen. »Ias?«
Er blieb stehen und sah sich um. »Was?«, fragte er, während er automatisch auf den Namen reagierte.
Ihr fiel die Kinnlade herunter. Sie hatte also recht gehabt, und zwei Sekunden später wurde es ihm ebenfalls bewusst. Seine Miene versteinerte sich.
» Mon Dieu «, stieß sie hervor, als seine Seltsamkeit plötzlich einen Sinn ergab. Das war der Grund, weshalb er keinen Geschmackssinn mehr besaß. Und zu keiner wahren Empfindung mehr imstande war.
Und deshalb wusste er auch so genau, wie es war, ein Shade zu sein …
»Es stimmt also«, sagte sie atemlos. »Sie sind der dritte Dark Hunter, der nach Acheron erschaffen wurde. Der erste, der gestorben ist.«
»Nein, das stimmt nicht, und Ias ist ein Shade.«
Sie glaubte ihm kein Wort. »Und wenn ich genau in dieser Sekunde mit Ihnen zu Kyros gehen würde, was würde er sagen? Mit welchem Namen würde er Sie ansprechen?«
Alexion biss die Zähne zusammen. Diese Frau hatte ihn scheinbar mühelos durchschaut.
Es war sinnlos, auch nur zu versuchen, die Wahrheit vor ihr zu verbergen. Sie würde es in der Sekunde erfahren, wenn Kyros ihn ansah.
Verdammt.
»Er würde mich Ias nennen. Aber ich war nicht der erste Dark Hunter, der gestorben ist«, fügte er hinzu. Er wollte, dass sie wusste, dass er die Wahrheit sagte. »Die Daimons hatten bereits vor mir zwei Männer getötet, bevor Acheron von uns erfahren hat.«
Er spürte, wie sich etwas in ihrem Innern veränderte. Ihre Züge wurden weicher, als sie den Raum durchquerte und vor ihn trat. Suchend wanderte ihr Blick über sein Gesicht, ehe sie die Hand hob und sie behutsam auf seine Wange legte.
Diese schlichte Berührung drohte ihm den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Wie konnte er auf einmal eine solche Empfindung haben? Jahrhundertelang hatte er für niemanden Gefühle entwickelt, nur für Simi und Acheron.
Und nun mit einem Mal eine solche Empfindung …
Es war unglaublich.
Ihre dunklen Augen waren das Tor zu ihrem Herzen. »Shades besitzen doch gar keine menschliche Gestalt.«
»Tun sie auch nicht.«
Sie strich ihm über die Wange. »Für mich fühlen Sie sich aber sehr real an.«
Ihre Berührung erregte ihn so sehr, dass es beinahe schmerzte. In der Vergangenheit waren seine Begegnungen mit Frauen stets flüchtig gewesen – gerade lange genug, um seine Lust zu befriedigen. Danach waren die Frauen verschwunden, und er hatte sie niemals wiedergesehen. Doch nie hatte er bei diesen Begegnungen eine so zärtliche Berührung genossen; eine Berührung, die ihn trösten sollte, die ihn besänftigte und sich zugleich wie ein glühender Lavastrom durch sein Innerstes fraß. »Ich bin anders als die anderen.«
»Inwiefern?«
Unfähig, die ungewohnte Zärtlichkeit noch länger zu ertragen, löste er ihre Hand von seinem Gesicht. Sie diente ohnehin nur einem Zweck – seine Sehnsucht nach etwas zu schüren, das er niemals haben konnte.
Er war jenseits aller menschlichen Regungen.
Jenseits menschlicher Gefühle.
»Acheron glaubt, er sei für meinen Tod verantwortlich«, erklärte er leise. »Ohne seinen groben Fehler wäre ich niemals zum Shade geworden. Deshalb hat er mir eine menschliche Gestalt gegeben und mich zu sich und Simi geholt.«
»Das ist also der Grund, weshalb Sie ihn in Schutz nehmen.«
Er nickte. »Ich kann Ihnen versichern, eine Existenz als Shade ist nicht gerade ein Zuckerschlecken. Meine kurze Zeit als richtiger Shade hat mich gelehrt, dass es nichts Schlimmeres auf der Welt gibt, deshalb bin ich jeden Tag für Acherons Gnade dankbar.«
Sie hatte großen Respekt vor seiner Loyalität gegenüber dem Mann, der ihn gerettet hatte, und doch verlieh die Tatsache, dass
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