Wächterin der Dunkelheit: Roman (German Edition)
nicht, dass ihm wehgetan wurde. »Das wird nie im Leben funktionieren, oder?«
In diesem Augenblick ging die Haustür auf.
Ein gut aussehender Afroamerikaner trat aus dem Haus. Er hatte sich den Schädel rasiert, so dass eine kunstvoll verschnörkelte Tätowierung zu erkennen war, die vom Nacken bis zum Scheitelpunkt seines Kopfes verlief. Rafael Santiago trug sein Markenzeichen, einen langen schwarzen Ledermantel, eine schwarze Lederhose und ein eng anliegendes schwarzes Strickhemd, unter dem jede Wölbung seines Sixpacks zu erkennen war.
Rafael war die Personifizierung des »harten Burschen«. Zu Lebzeiten war er nicht davor zurückgeschreckt, jedem die Kehle aufzuschlitzen, der ihn nur einen Moment zu lange angesehen hatte. Er kannte keine Gnade. »Mach die anderen fertig, bevor sie dich fertigmachen« – so hatte die Devise des unverschämt gut aussehenden Mannes gelautet.
Doch trotz seiner messerscharfen Zunge und seiner aufbrausenden Art hatte Danger ihn als echten Schatz kennengelernt. Er besaß eine bemerkenswerte Loyalität gegenüber jenen, die er als seine Freunde betrachtete, und würde sogar töten, um sie zu beschützen.
Sein Outfit wurde von einer dunklen Sonnenbrille vervollständigt, die nahezu sein gesamtes Gesicht verdeckte. Doch Danger erkannte den einstigen Piratenkapitän, der seit fast sechzig Jahren in Columbus stationiert war, auf den ersten Blick.
»Rafael«, begrüßte sie ihn, als er vor ihnen stehen blieb.
Trotz der Sonnenbrille spürte sie die Neugier, mit der er Alexion musterte. »Wer ist denn dein Freund?«
»Das ist Al«, sagte sie und vermied bewusst, Alexions vollen Namen auszusprechen, für den Fall, dass Kyros ihn bereits erwähnt hatte. Sie hätte ihn als Ias vorgestellt, doch es gab nur einen Ias, und neugierige Fragen waren so ziemlich das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte. »Er ist Grieche.«
Rafael streckte ihm die Hand hin. »Neue Hunter sind mir immer willkommen.«
»Danke.« Alexion ergriff die Hand und schüttelte sie.
»Was führt dich hierher?«, fragte Danger.
Rafael nahm die Sonnenbrille ab und verdrehte die Augen. »Eigentlich waren wir zu fünft hier, aber die anderen sind schon weg. Kyros wollte Ephani und mich nicht gehen lassen, weil wir im Gegensatz zu den anderen Schwachköpfen diesen Blödsinn nicht glauben.«
»Welchen Blödsinn?«, hakte Alexion nach.
Seufzend strich Rafael mit der Hand über seine ausgeprägte Kinnpartie. »Er hat die kranke Idee im Kopf, Acheron sei ein Daimon. Bestimmt ist das der Grund, weshalb er euch beide herbestellt hat. Er will euch denselben Unsinn einreden. Dieser Mann ist ein Idiot. Ich gehe jetzt auf Patrouille, bevor ich diesem Arschloch an die Gurgel gehe und mir selbst noch dabei wehtue.«
Danger lachte. »Und glauben es die anderen?«
»So bereitwillig, als hätte er ihnen eine Hure nach einem Jahr auf See versprochen.«
»Was macht dich so sicher, dass er nicht doch recht hat?«, hakte Alexion nach.
»Bist du Acheron je begegnet?«
Danger verbarg ihre Belustigung und beobachtete voller Bewunderung, wie Alexion seine Fassade aufrechterhielt. Gleichzeitig war sie stolz, dass Rafael nicht so dumm war wie die anderen.
Alexions Miene blieb völlig ausdruckslos. »Ich bin ihm ein- oder zweimal begegnet.«
»Wie kannst du dann an ihm zweifeln?«, fragte Rafael. »Heilige Scheiße, ihr seid so was von blöd. Ich muss dringend los, bevor es abfärbt.«
Alexion erstarrte. »Deine Worte sind eine Beleidigung.«
Rafael starrte ihn drohend an. »Sei so lange beleidigt, wie du willst. Es ändert nichts an den Tatsachen.« Er sah Danger an. »Los, meine kleine französische Blume, stell meinen Glauben an das Gute wieder her, und sag mir, dass du es nicht glaubst.«
»Nein, tue ich nicht.«
»Braves Mädchen«, lobte er mit einem bezaubernden Zwinkern. »Ich wusste doch, dass auf dich Verlass ist.«
Alexion schüttelte den Kopf und lachte.
Rafael beugte sich vor und drückte Danger einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Bis dann, Franzosenmädchen.«
» Au revoir «, sagte sie, während er sich auf den Weg zu seinem Wagen machte.
Sie wandte sich wieder Alexion zu, der sie mit eigentümlicher Miene ansah, und deutete mit dem Kopf in Richtung Eingangstür. »Gehen wir?«
» Après toi, ma petite .«
»Alles klar mit dir?«
»Bestens. Wieso?«
»Keine Ahnung. Ich spüre da so etwas. Du bist doch nicht etwa eifersüchtig auf Rafael, oder?«
Mit einem Mal schien er sich höchst unwohl in seiner Haut zu
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