Wächterin der Dunkelheit: Roman (German Edition)
der geradezu unheimliche Ähnlichkeit mit Simis aufwies.
»Weil er kaputtgeht«, erklärte Danger.
»Aber warum?«
Danger presste sich die Hand auf die Schläfe, als spüre sie einen beginnenden Schmerz. »Ist das ein normales Verhalten für einen Dämon?«
Er nickte. »Wart’s ab, das ist erst der Anfang. Mit der Zeit wird es immer schlimmer.«
»Wunderbar. Ich freue mich schon darauf.«
Xirena griff nach der Fernbedienung und machte Anstalten, sie sich in den Mund zu stecken. Alexion riss sie ihr aus der Hand. »Plastik ist nicht gut für Dämonen.«
Xirena starrte ihn finster an. »Woher willst du das wissen?«
»Weil Simi jedes Mal Bauchweh davon bekommt. Glaub mir, das ist kein guter Snack für einen Charonte.«
Während Danger dem Dämon bei seiner Entdeckungsreise durch das Hotelzimmer zusah, kam ihr ein Gedanke. »Ich glaube, wir können zu mir nach Hause zurückgehen.«
»Wie kommst du darauf?«
Sie machte eine Kopfbewegung in Xirenas Richtung. »Jetzt haben wir doch unseren eigenen Dämon, oder?«
Alexion lächelte. »Sollte der andere noch dort sein, kann sie ihm den Garaus machen.«
»Genau. Also los, checken wir aus und gehen auf Dämonjagd.«
Die Rückfahrt nach Tupelo verging in angenehmer Ereignislosigkeit, zumindest so lange, bis der Dämon das Autoradio entdeckte. Danger baute um ein Haar einen Unfall, als Xirena sich über den Sitz beugte und daran herumzuspielen begann.
Bei jedem Lied versuchte sie mitzusingen, obwohl sie die Worte nicht verstand.
Schlimmer noch – sie sang leider sehr falsch.
Danger warf Alexion, der das Ganze mit stoischer Ruhe ertrug, einen Blick zu.
»Bist du etwa taub?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin nur daran gewöhnt, wobei ich zugeben muss, dass Simi meistens wenigstens die Töne trifft. Sie singt leidenschaftlich gern.«
Nach einer Weile schrumpfte der Dämon unvermittelt, legte sich auf den Rücken, so dass ihr Kopf über die Sitzkante baumelte, und streckte die Beine in die Luft.
Danger betrachtete sie stirnrunzelnd. »Was macht sie da?«
»Sie ruht. Das ist ihre Schlafposition.«
»Ehrlich?«
Er nickte. »Meistens stützt Simi die ganze Nacht die Füße an der Wand ab. Ich habe keine Ahnung, weshalb sie das tut.«
»Weil es bequem ist«, schaltete sich Xirena ein. »Du solltest es auch mal probieren.«
Zwei Sekunden später war der Dämon eingeschlafen.
Danger zuckte zusammen, als ihre grauenhaften Schnarchlaute das Wageninnere erfüllten. »Sag bloß nicht, dass Simi das auch tut.«
»Sie ist noch viel lauter.«
»Und ihr nehmt das einfach so hin?«
»Ja. Schließlich ist sie das Geschöpf, das Acheron am meisten auf der Welt liebt. Ich bin sicher, er würde buchstäblich sterben, wenn ihr etwas zustieße.«
»Was ist mit dir?«
»Ich würde töten oder mein Leben geben, um sie zu beschützen.«
Danger lächelte. »Es gibt nicht viele Männer, die für einen Dämon sterben würden.«
»Das liegt daran, dass sie keinen haben, den sie lieben können.«
Durchaus möglich, doch man musste schon ein ganz besonderer Mann sein, um die schuppige Einzigartigkeit dieses Geschöpfes hinnehmen und es wie sein Kind lieben zu können. »Bestimmt warst du ein hervorragender Vater.«
Ein Anflug von Traurigkeit zeichnete sich auf seiner Miene ab, ehe er sich abwandte und aus dem Fenster sah.
Danger ohrfeigte sich im Geiste. »Es tut mir leid, Alexion. Ich wollte nicht …«
»Schon gut«, erwiderte er sanft. »Das sagt Simi die ganze Zeit zu mir – wenn sie nicht gerade sauer auf mich ist, weil ich ihr Manieren beizubringen versuche.« Er lachte auf. »Sie sagt, ich sei der beste ›andere‹ Daddy, den ein Dämon je hatte.«
Trotzdem sah sie ihm an, dass es ihm schwer zusetzte. Ebenso wie ihr. Zu ihren Lebzeiten hatte sie sich so sehr nach Kindern gesehnt, dass allein der Gedanken daran schmerzte.
Das war einer der Vorteile daran, ein Geschöpf der Nacht zu sein – außer im Fernsehen und in Filmen kam man nie mit Kindern in Berührung. Und selbst das tat weh.
Aber nicht so sehr, wie wenn sie sie im wahren Leben spielen sah und ihr fröhliches Lachen hörte.
Was würde sie darum geben, einmal ihr eigenes Kind in den Armen zu halten. Nur ein einziges Mal. Im Kreißsaal zu liegen, während ihr Mann ihre Hand hielt und sie ihn wegen der Schmerzen verfluchte, die es ihr bereitete, neues Leben zu schenken.
Mehr hatte sie sich nie gewünscht.
Sie schluckte gegen den Kloß in ihrem Hals an. Manche Dinge sollten nun
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