Wächterin der Dunkelheit: Roman (German Edition)
festsaßen, obwohl es sich hier keineswegs schlecht lebte. Na schön, im Sommer herrschte brütende Hitze, andererseits gab es so viel Schönes zu entdecken.
Sie warfen ihm vor, dass er ihnen ihre Unsterblichkeit nicht angenehmer machte, und noch eine ganze Reihe anderer Dinge, die sie in Wahrheit selbst in der Hand hatten und ändern konnten.
Noch viel schlimmer war das Wissen, dass Acheron ihre Gedanken lesen konnte. Kein Wunder, dass er sich nicht häufiger hier blicken ließ. Wie konnte er zulassen, dass Artemis die Dark Hunter auch weiterhin gegen ihn benutzte, während diese auf alles fluchten, was mit ihm zusammenhing? Dieser Mann besaß mehr Rückgrat als jeder andere, den sie kannte.
Sie an seiner Stelle hätte ihnen längst Auf Wiedersehen gesagt und ihnen den Rücken zugekehrt.
Die Tatsache, dass er es nicht tat …
Bedeutete, dass er entweder ein Heiliger oder ein Masochist war.
Vielleicht ein klein wenig von beidem.
»Ich kann diese Unverfrorenheit nicht fassen«, sagte sie zu Alexion und schloss die Hintertür. »Wer hätte gedacht, dass Squid ihn am liebsten tot sehen würde?«
Im Gegensatz zu ihr nahm Alexion die Situation mit nihilistischer Gelassenheit hin. In Gegenwart anderer war er eiskalt und zeigte keinerlei Gefühlsregung. Statt wie Danger vor Wut zu schäumen, stand er nur da und hörte sich ihre Schimpftiraden an.
Alexion zuckte die Achseln und knipste das Licht an. »Das passiert häufiger, als du glaubst. Wenn ich zehn Prozent retten kann, war es ein erfolgreicher Abend.«
Sie wollte eine zehnprozentige Erfolgsquote aber nicht hinnehmen. Es sollten hundert Prozent sein. Aber Squid hatte sie vor die Tür gesetzt, sobald sie das Thema Acheron auch nur angeschnitten hatten.
Ein Glück, dass sie Alexion überredet hatte, seinen weißen Mantel nicht zu tragen. Niemand konnte wissen, wie der zornige Expirat reagiert hätte, wenn ihm bewusst geworden wäre, dass er den Vollstrecker vor sich hatte, vor dem Kyros die ganze Zeit warnte.
Squid hatte sich rundweg geweigert, mit ihnen zu reden. Was für ein sturköpfiger Idiot.
»Ich denke, wir sollten ein wenig an deinen Formulierungen feilen.«
Alexion hob eine Braue. »Was gibt es denn an meinen Formulierungen auszusetzen?«
Sie ging vor ihm her ins Wohnzimmer. »Na ja, ich glaube, als du angefangen hast, Tyrell zu drohen, ist er ausgestiegen. Ist dir noch nie aufgefallen, dass Dark Hunter nicht unbedingt Typen sind, denen man drohen kann? Sie gehören zu denen, die genau das Gegenteil von dem tun, was man von ihnen verlangt, oder es zumindest mit aller Macht versuchen. Sie werden sich aus reinem Trotz ins Verderben stürzen, nur weil du ihnen befohlen hast, es nicht zu tun.«
Er runzelte die Stirn. »Aber wie soll ich sonst mit ihnen umgehen? Soll ich sagen ›Hi, ich bin hier, weil ich gern dein Freund sein möchte? Setzen wir uns doch und plaudern bei einem Tässchen Kaffee.‹?«
Sie lachte. Nein, Alexion war definitiv nicht der Typ, der bei einer Tasse Kaffee Plauderstündchen abhielt.
Doch zu den Dark Hunter passte es genauso wenig. Die meisten waren biertrinkende Typen, die gern in Bars abhingen und ihre Konflikte lieber mit den Fäusten als durch Reden lösten.
»Nein«, sagte sie und wurde wieder ernst. »Aber du könntest versuchen, etwas netter zu ihnen zu sein.«
Der vertraute finstere Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. »Ich muss aber nicht netter zu ihnen sein, sondern mich in sie hineinfühlen, um herauszufinden, auf welche Seite sie sich letzten Endes schlagen werden. Die Einzigen, um die wir uns Sorgen machen müssen, sind die Unentschlossenen. Vielleicht überlegt Tyrell es sich ja noch einmal.«
»Ich weiß nicht recht. Er war ziemlich kreativ bei der Wahl seiner Worte, als er dir erklärt hat, du sollst dich vom Acker machen.«
»Du hast recht. Es könnte schwierig werden, ihn zu überzeugen.«
Sie schüttelte nur den Kopf und ging nach oben ins Fernsehzimmer, wo sie Xirena schlafend auf der Couch vorfand. Von Keller war nichts zu sehen.
Danger zog ihr Handy heraus und rief ihn an. Es stellte sich heraus, dass er bereits vor Stunden nach Hause und zu Bett gegangen war.
»Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe, aber ich habe mir Sorgen gemacht. Nacht, Keller.«
Er wünschte ihr ebenfalls eine gute Nacht und legte auf.
Alexion trat hinter sie und beugte sich ein winziges Stück vor, um ihren Duft nach Frau und nach Magnolien einzusaugen. Wie zu erwarten war, reagierte sein Körper augenblicklich.
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