Wächterin der Träume
Künstlerhände – überall zugleich. Er berührte mich so zärtlich, dass ich Gänsehaut bekam. Dann presste er sich auf einmal hart an mich, bis ich erregt keuchte. Er wusste genau, wie er mich anfassen musste. Mein ganzer Körper kribbelte. Mir war egal, dass es sein Esstisch war, auf dem wir uns liebten. Nackt, angespannt vor Erregung und mit trockenem Mund sah ich zu, wie er meine Schenkel spreizte und dazwischentrat. Ich muss sagen, Noah hatte so ziemlich den schönsten Männerkörper, den ich kannte.
Seine Finger streiften die Innenseite meiner Schenkel. Er dirigierte seinen harten Penis genau an die richtige Stelle. Als er leicht gegen mich stieß und mich ein wenig öffnete, umklammerte ich erwartungsvoll die Tischkante.
Mit seiner freien Hand umfasste Noah meinen Nacken, so dass ich gar nicht anders konnte, als ihm in die Augen zu blicken. Wir schauten uns tief an, als er langsam, Zentimeter für Zentimeter, in mich eindrang. Als Noah mich schließlich ganz ausfüllte, flüsterte er mir ins Ohr: »Du darfst mich niemals ausschließen.«
Ich erbebte unwillkürlich. Ich mochte es, wenn er einen auf Macho machte. »Fühlt sich das an, als wollte ich dich ausschließen?«, fragte ich und schlang die Beine um seinen Leib. Da gab er ein leises, kehliges Knurren von sich und stieß tief in mich hinein. Ich keuchte. Wir sagten kein Wort mehr, bis wir beide, stöhnend und verschwitzt, gemeinsam den Höhepunkt erreichten.
Hinterher zogen wir uns an, schoben den Tisch wieder an seinen Platz und entschieden uns, etwas beim Inder zu bestellen.
Kurz darauf saßen wir eng umschlugen auf seinem Sofa, aßen Hühnchen Tikka Masala, Matter Paneer, Naanbrot und Reis und sahen uns dabei auf Noahs riesigem Flachbildfernseher
Teen Lover
an.
»Findest du John Cusack sexy?«, fragte er und tunkte ein Stück Naanbrot in die Masalasauce. Nickend schob ich mir eine Gabel Reis in den Mund. »Alle Frauen, die ich kenne, finden John Cusack sexy – besonders in
Grosse Point Blank – Ein Mann, ein Mord.
«
Noah schaute sich den Typ mit dem Ghettoblaster an und zuckte die Achseln. »Versteh ich nicht.«
Ich grinste. »Mir geht das so bei Keira Knightly. Wir sind also quitt.«
Nach dem Film teilten wir uns eine Portion warmes Gulab Jamun und tranken dazu Chai-Tee, den ich in der Küche gefunden hatte. Da Noah gern kochte, fand sich in seinen Küchenschränken fast alles, was man suchte.
Noah hatte überhaupt so ziemlich alles, was mein Herz begehrte. Das war aufregend, aber auch ein wenig beängstigend.
»Wann verschwindest du ins Traumreich?«, erkundigte er sich, während er mir auf einem Löffel ein in Rosenwasser getränktes Teigbällchen reichte.
»Bald«, sagte ich und ließ mir die Süßigkeit in den Mund kullern. Ich kaute – köstlich! – und schluckte. »Ich kann es nicht mehr viel länger hinauszögern.«
Er blickte mich besorgt an. »Geht’s dir auch wirklich gut?«
»Ich glaube schon.« Dabei hatte ich keine Ahnung, was die Oberste Wächterin mit mir vorhatte. Was war, wenn sie mich in eine Zelle sperrte? Ich konnte nicht lange aus dieser Welt hier fortbleiben, schließlich hatte ich berufliche und private Verpflichtungen.
Aber es brachte nichts, sich aufzuregen, bevor es so weit war. Nachdem wir unseren Nachtisch verspeist und uns noch ein paar Shows auf DVR angesehen hatten (wir sind einfach verrückt nach Fernsehen), sagte mir mein Gefühl, dass es jetzt endgültig Zeit wäre.
Noah beschloss, ein wenig zu malen. Vermutlich wollte er einfach nur auf mich warten. Er ging in sein Atelier, während ich es mir im Wohnzimmer gemütlich machte. Kaum war ich allein, atmete ich einmal tief durch, nahm all meinen Mut zusammen und öffnete die erste Pforte ins Traumreich. Ich hoffte, diesmal direkt zu meinem Bestimmungsort zu gelangen. Ich trat aus Noahs Wohnzimmer und durchdrang den Schleier zwischen den Welten. Die Nachtluft war frisch und klar – im Traumreich gibt es keine Luftverschmutzung –, und eine Million Sterne funkelten am samtschwarzen Himmel.
Mein Wunsch, dorthin zu gelangen, wo der Rat mich aufsuchen wollte, wurde erfüllt. Ich stand am Fuß einer breiten, flachen Treppe, die mich zu einem antiken Tempel mit korinthischen Säulen auf einem kleinen Hügel führte. Fackeln erhellten die Stufen und wiesen mir den Weg zu dem Tor des Tempels, vor dem, grimmig und bedrohlich, ein männlicher und ein weiblicher Wächter standen. Keiner der beiden sah mich an, doch mir schien, als veränderte sich
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