Wächterin der Träume
eine Karaffe mit Wein und zwei Kristallgläser. Waren sie schon da gewesen, als ich hereinkam? Egal. Ich schenkte mir ein Glas Wein ein, wohl wissend, dass es mein Lieblingswein sein würde, und lehnte mich in die Kissen.
Ich brauchte nicht lange zu warten. Wie der Haushofmeister versprochen hatte, trat Madrene wenige Minuten später ein. Zumindest nahm ich an, dass es Madrene war. Sobald ich den Mund wieder zubekam, wollte ich sie fragen.
Ich wusste, dass Sukkuben schön sind, doch diese Frau war mehr als schön. Sie war auch mehr als sexy. Diese Frau erschien wie die Natur und die Kunst in Person. Sie war von durchschnittlicher Größe, doch das war auch das einzig Durchschnittliche an ihr. Stellen Sie sich Beyonce oder Halle Berry mit hundert multipliziert vor. Ihr Haar war lang und dicht und glänzte wie Bronze. Ihre Augen besaßen den Glanz und die Farbe von Topasen, und ihre makellose Haut schimmerte milchkaffeebraun.
Sie war, kurz gesagt, eine Göttin. Angesichts ihrer strahlenden Erscheinung fühlte ich mich durch und durch wie die mickrige
Halb
göttin, die ich war.
Sie verneigte sich. »Euer Majestät.«
»Bitte nicht«, brachte ich schließlich heraus, als ich mich ein wenig an ihren Anblick gewöhnt hatte. Ihre Stimme war ebenso wundervoll wie ihr Gesicht. Ich hätte diese Frau hassen können, wenn ich nicht völlig überwältigt gewesen wäre. »Mein Name ist Dawn. Bist du Madrene?«
»Ja«, nickte sie.
Mit einer Handbewegung bat ich sie, neben mir auf dem Sofa Platz zu nehmen. »Setz dich doch. Ein Glas Wein?«
Sie war auf der Hut, wagte es jedoch angesichts meines Ranges nicht, abzulehnen.
Wenn ich daran dachte, was mein Vater ihr und Antwoine angetan hatte, konnte ich ihr das Misstrauen gegenüber einem Angehörigen meiner Familie nicht verdenken.
Als sie sich schließlich setzte – wobei sie, wohlgemerkt, kaum die Polster zu berühren schien –, füllte ich ihr Glas und nahm einen Schluck aus meinem eigenen!
»Ich werde dich nicht lange aufhalten«, versicherte ich ihr. »Ich möchte dir nur einen Vorschlag machen.«
Ihre exotischen Mandelaugen blickten mich argwöhnisch an. »Was für einen Vorschlag?«
»Ich habe gehört, du kannst mir Informationen über die Oberste Wächterin der Nachtmahre liefern.«
Sie zog die glatte Stirn kraus. »Padera?«
Ich nickte. »Ja. Ich wäre dir für jede Auskunft dankbar.«
Madrene zuckte die Achseln. »Ich werde dir erzählen, was ich weiß. Darf ich mir erlauben, zu fragen, was du im Gegenzug zu bieten hast?«
Na, die war aber geschäftstüchtig! »Antwoine Jones«, erwiderte ich rundheraus.
Sie schrak derart zusammen, dass sie Wein auf den dicken Teppich vergoss. Mit Augen groß wie Tennisbälle starrte sie mich an. »Antwoine.« Ihre Stimme war ganz rauh. »Du kennst Antwoine?«
»Ich könnte ein Treffen arrangieren. Wenn du es möchtest«, fügte ich hinzu.
Sie blickte mich ungläubig an, und ihre Wangen waren gerötet. »Dein Vater hat mir verboten, ihn jemals wiederzusehen.«
»Mit diesem Handel hat mein Vater nichts zu schaffen.« Mann, ich klang vielleicht arrogant und selbstsicher! »Ich kann euch beide zusammenbringen. Willst du mir helfen?«
Madrene saß schweigend da, die Hand an den Mund gepresst. Warum, zum Teufel, überlegte sie so lange? Entweder wollte sie Antwoine wiedersehen oder nicht.
»Und wenn mein Herr es herausbekommt, nimmst du alle Schuld und Strafe auf dich?«
Ihr Herr war mein Vater. Wörter wie »Schuld« oder »Strafe« behagten mir gar nicht, aber mich würde es nicht so hart treffen wie die beiden. Und schließlich war es für einen guten Zweck. Außerdem war Morpheus ein Heuchler.
»Ja.« Noch ein Versprechen, das ich hoffentlich würde halten können. Ich konnte zwar die volle Verantwortung übernehmen, aber ob das Eindruck auf meinen Vater machen würde, stand auf einem anderen Blatt.
Doch Madrene schien mein Wort zu genügen. Sie nickte. »Dann werde ich dir erzählen, was du über Padera wissen willst.«
Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich die Luft angehalten hatte, bis sie jetzt in einem langen, erleichterten Seufzer aus meinen Lungen wich. »Ich danke dir.«
Ihre goldenen Augen blitzten. »Du brauchst mir nicht zu danken. Wenn ich Antwoine wiedersehe, ist das Dank genug für mich.«
Mir lief ein kleiner Schauer über den Rücken. So wunderschön sie auch sein mochte, es steckte doch ein harter Kern in diesem Sukkubus. Wenn es mir nicht gelänge, sie und Antwoine wieder zusammenzubringen,
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