Wächterin der Träume
setzte bloß ein schuldbewusstes Grinsen auf. »Du siehst toll aus, Dawn.« An Noah gewandt, fügte er hinzu: »Mann, du weißt doch hoffentlich, dass Wonder Woman Batman locker fertigmachen kann?«
Schmunzelnd warf mir Noah einen anerkennenden Blick zu. »Ich würde mich nicht wehren.«
Wir lachten, und Matt scheuchte uns zu den übrigen Partygästen, während er meinen Mantel und die Handtasche verstaute. Ich wusste, er hatte nur Spaß gemacht, dennoch gingen mir seine Worte noch für eine Weile nach. In dieser Welt war ich Noah bestimmt nicht über, aber im Traumreich … Ob ihn das wohl störte? Und es war auch schon vorgekommen, dass ich in dieser Welt eine überwältigende Macht verspürt hatte. Was, wenn ich hier auch ein paar Dinge fertigbrächte? Käme Noah damit zurecht? Oder würde der Teil von ihm, der immer stark und überlegen sein wollte, dies verabscheuen?
Ich hatte keine Lust, es herauszufinden.
Noah stellte mich den anderen vor. Ich sah ein Supergirl und eine Xena, aber zum Glück keine zweite Wonder Woman. Ich bekam eine Menge Komplimente für meine Aufmachung – meistenteils von Männern –, die entweder mein Selbstbewusstsein stärkten oder mich verlegen machten, je nachdem, wie sie formuliert wurden.
Eine gewisse Zeit später spürte ich auf meinen Hüften vertraute Hände, die in Handschuhen steckten. »Lass uns gehen«, flüsterte Noah mir ins Ohr.
Ich erschauerte – wieder einmal – und nickte.
Matt umarmte mich stürmisch zum Abschied und nannte Noah einen »Glückspilz«. Wir lachten noch immer, als wir schon draußen waren.
Auf der Heimfahrt schwiegen wir, doch es war ein behagliches Schweigen, trotz der erotischen Spannung, die zwischen uns herrschte. Wir wussten beide, was geschehen würde. In Noahs Wohnung angekommen, stürzten wir sofort ins Schlafzimmer. Wir ließen so viel wie möglich von unseren Kostümen an und vergnügten uns in einer Mischung aus Rollenspielen und Ernst. Es war schön. Sehr schön sogar.
Später, als wir auch noch den Rest unserer Kostüme abgelegt hatten und ich mein Make-up abgewaschen hatte, kuschelten wir uns im Bett aneinander und unterhielten uns. Ich fühlte mich weich und warm und vollkommen entspannt.
Mit anderen Worten, ich war überhaupt nicht auf das Folgende gefasst.
»Ich muss dich etwas fragen«, sagte Noah leise – zu leise.
Ich hob den Kopf von seiner Brust und blickte ihn an. Plötzlich wurde mir kalt ums Herz. »Was denn?«
Er sah mir mit düsterem Blick in die Augen. »Hast du jemals meine Träume verändert?«
Damit hatte ich nicht gerechnet. Offen gestanden wusste ich nicht einmal genau, was er meinte. »Wie bitte?«
Seine Finger strichen liebkosend über meinen Arm. »Du hast Amandas Träume verändert, um sie wieder gesund zu machen, und du hast den Vergewaltiger dazu gebracht, sich zu stellen. Und keiner von beiden wusste davon.«
Ich rückte ein wenig von ihm ab und stützte mich auf einen Arm. »Du glaubst, ich hätte in deinem Kopf rumgefummelt?« Ach du Scheiße.
»Nein.« Er sah mich unverwandt an, und ich muss sagen, sein Blick war offen und ehrlich. »Ich will bloß wissen, ob du schon einmal meine Träume verändert hast.«
»Nein, hab ich nicht!«, erwiderte ich entrüstet. »Das täte ich doch nicht ohne deine Zustimmung. Mein Gott, Noah, wofür hältst du mich eigentlich?« Ich wollte aufstehen, doch er hielt mich zurück.
»Nun sei doch nicht gleich sauer.«
»Ich bin nicht sauer!« Ich versuchte, meinen Arm wegzuziehen, aber Noah war zu stark. Und als ich das wohlbekannte Brennen in meinen Augen spürte, hielt ich inne. Ich wollte nicht gerade jetzt in Erfahrung bringen, ob ich auch in dieser Welt übernatürliche Kräfte besaß. »Ich bin verletzt.«
Er stützte sich ebenfalls auf den Ellbogen und zog mich am Arm näher zu sich heran. »Sieh mich an.« Widerstrebend gehorchte ich. »Doc, ich weiß ja, wie gern du anderen Menschen helfen – sie heilen – möchtest. Ich habe das nicht gefragt, um dich zu nerven. Ich will einfach wissen, ob du auch versucht hast, mich zu heilen.«
»Ich habe nie etwas mit deinen Träumen gemacht«, erklärte ich mürrisch. »Du hast mir gesagt, ich soll mich heraushalten, solange du nicht ausdrücklich etwas anderes wünschst, und daran habe ich mich gehalten.«
Seine Gesichtszüge entspannten sich. »Okay.«
Er klang so erleichtert, dass mir noch elender zumute wurde. Doch als er mich in seine Arme nahm und zu sich herunterzog, wehrte ich mich nicht,
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