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Wächterin der Träume

Wächterin der Träume

Titel: Wächterin der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Smith
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Rezept meiner Großmutter – und trank meinen Tee. Nachdem wir ein wenig geplaudert hatten, kam meine Mutter zur Sache.
    »Ich muss dich um einen Gefallen bitten, Dawn.«
    Ich stellte Tasse und Untertasse auf die Blümchentischdecke und faltete die Hände im Schoß, gefasst und bereit, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. »Worum geht es denn?«
    Sie hielt ihre Tasse im Schoß und drehte sie am Henkel spielerisch auf der Untertasse hin und her. Ich musste daran denken, dass meine Großmutter mir gezeigt hatte, wie man die Tasse drehen musste, bevor sie mir aus den Teeblättern die Zukunft las. »Wenn sie mich aufwecken, möchte ich, dass du dich um deinen Vater kümmerst«, erwiderte meine Mutter. »Er wird nicht gut damit zurechtkommen, dass ich fort bin.«
    »Das hört sich an, als müsstest du sterben«, witzelte ich matt.
    Sie blickte mir in die Augen. »Ihm wird es so vorkommen.«
    Mein Gott. Ich nickte mit zusammengeschnürter Kehle. »Ich werde mich um ihn kümmern.« Aber was genau sollte ich machen? Ihm die Hand halten? Ich mochte nicht daran denken, was er tun würde, wenn sie fort war – wozu ihn sein Kummer treiben mochte. Wenn Götter Kummer haben, werden sie immer haltlos, irrational und richtiggehend gefährlich. Das weiß ich, weil ich auf der Uni ein Seminar über Mythologie besucht habe.
    Plötzlich ging das Licht aus. Steckten wieder mal die Feinde meines Vaters dahinter? Wenn sie Mom beseitigten, konnten sie damit Morpheus treffen, ihn zornig und verwundbar machen. Letzten Endes würden sie sie nur schwerlich daran hindern, ins Traumreich zurückzukehren, aber es wäre nicht mehr dasselbe. Morpheus wäre nicht mehr ihr Ein und Alles. Das würde ihn furchtbar ärgern, und er gäbe ein leichtes Ziel für seine Feinde ab.
    »Ich werde ihm helfen und alles für ihn tun, was ich kann«, wiederholte ich. Im Stillen betete ich zu allen erdenklichen Göttern, die mir gerade zuhören mochten, dass ich es schaffte, ihm – und damit auch seiner Welt – Halt zu geben. Aber am meisten betete ich darum, dass Mom nicht aufwachte.
    Sie drückte meine Hand. »Du musst auch auf dich selbst achtgeben. Sie werden versuchen, über dich an ihn heranzukommen.«
    »Ich glaube, das ist ihnen schon gelungen.«
    Mom zog eine Augenbraue hoch. »Die Oberste Wächterin?« Als ich nickte, verzog sie das Gesicht. »Ich habe dieser Frau nie getraut. Kehr ihr niemals den Rücken zu, Dawn.«
    »Wem soll sie nicht den Rücken zukehren?«, ertönte Morpheus’ Stimme hinter mir. Ich hasste es, wenn er so plötzlich auftauchte.
    »Der Obersten Wächterin«, antwortete ich, als er sich über mich beugte und mir einen Kuss gab.
    »Was hat sie denn jetzt wieder angestellt?« In einer einzigen fließenden Bewegung ließ er sich neben meiner Mutter nieder, küsste sie auf die Wange und nahm ihre Hand. Mein Vater war sehr geschmeidig.
    »Sie hat versucht, mich zu erpressen.« Am besten, ich machte reinen Tisch und erzählte ihm alles. Damit nahm ich der Obersten Wächterin den Wind aus den Segeln. Allerdings würde ich selbst vielleicht kentern, wenn mein Vater sich auf mich stürzte …
    Stirnrunzelnd nahm Morpheus ein Plätzchen und biss hinein. »Damit riskiert sie ihre Stellung. Worum ging es denn bei dieser Erpressung?«
    Ich holte tief Luft. »Sie hat mir gedroht, dir zu verraten, dass ich Antwoine und Madrene wieder zusammengeführt habe, als Belohnung für Antwoines Unterstützung gegen Karatos.«
    Er nahm es besser auf, als ich befürchtet hatte. Zuerst zerschmetterte er mit einem Faustschlag den Tisch, und dann ließ er ihn in allen Einzelheiten neu erstehen, bis hin zu meiner halbvollen Tasse Tee.
    Ich saß ebenso unbeweglich da wie meine Mutter und wartete darauf, was er als Nächstes tun würde.
    »Entschuldigung«, sagte er ganz leise. Er wirkte zornig und gleichzeitig zerknirscht. »Das hätte ich nicht machen sollen. Ich finde es nicht gut, was du getan hast, Dawn. Du hättest zuerst zu mir kommen müssen. Aber da Antwoine dir geholfen hat, Karatos zu besiegen, und dich mir zurückgebracht hat, scheint mir ein Wiedersehen mit Madrene eine angemessene Belohnung zu sein.«
    Ich wollte gerade einen erleichterten Seufzer ausstoßen, als er fortfuhr: »Solange diese Beziehung Madrene nicht von ihren Pflichten abhält, habe ich nichts dagegen, dass sie sich weiterhin treffen – aber Antwoine bleibt, wo er ist.«
    Antwoine würde also nach wie vor ein Gefangener im Traumreich bleiben. Doch zumindest hatte er sein

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