Wächterin des Mondes (2) - Arthur, K: Wächterin des Mondes (2) - Kissing Sin
Jared, er war noch nicht lange ein Wächter.
Er lief weiter bis zum Ende der Bäume. Die Nase auf den Boden gerichtet trottete ich hinter ihm her.
Ein weiterer gedämpfter Knall drang durch die Nacht. Der dunkle Fleck änderte abrupt die Richtung, und ich schmeckte den Eisengeschmack von Blut in der Luft. Wenn der Schütze in der Lage war, Jared zu sehen, musste er ein Infrarotsichtgerät haben oder selbst ein Vampir sein. Es ertönte ein dritter Knall, gefolgt von einem Stöhnen, das erschreckenderweise abrupt verstummte. Die Schatten um Jared lösten sich auf, er brach auf dem Boden zusammen und was von seinem mageren Gesicht übrig war, wirkte überrascht.
Bevor ich es verhindern konnte, drang ein Knurren aus meiner Kehle. Ich blieb mit aufgestellten Nackenhaaren stehen und versuchte mich wie ein durchschnittlicher Hund zu verhalten, obwohl meine Wolfsseele sich mit jeder Faser danach sehnte, loszurennen, die Beute zu erlegen, seinen Körper aufzureißen und ihn umzubringen. Ich bleckte die Zähne und zitterte am ganzen Körper.
Die Zweige bewegten sich, und ein Mann trat hervor. Er war schwarz wie die Nacht und wie ein Vampir kaum zu sehen. Doch er war weder in Schatten gehüllt, noch trug er irgendwelche Kleidung. Ich konnte kaum mehr als seine Umrisse erkennen, eine Gestalt ohne klare Konturen.
Genau wie das Wesen, das mich in dem Hotel in den Blue Mountains angegriffen hatte.
Misha hatte einmal behauptet, dass man die Welt beherrschen oder ein Vermögen verdienen könnte, wenn es einem gelang, mithilfe der Gentechnik perfekte Tötungsmaschinen zu schaffen. Wenn man Leuten, die schnell und unkompliziert die Macht übernehmen wollten, Attentäter für besondere Zwecke anbieten würde. Vielleicht waren wir gar nicht mehr so weit entfernt von diesem Albtraum wie wir alle dachten.
Ich rührte mich nicht, beobachtete die Schemen des Mannes und sah die Waffe in seiner Hand. Er ging zu Jared, kniete sich vorsichtig neben ihn und fühlte seinen Puls. Keine Ahnung, wieso er sich die Mühe gab, denn nicht einmal ein Vampir überlebte es, wenn ihm das halbe Gehirn weggeschossen wurde. Während er den Puls suchte, behielt er mich zwar im Auge, aber eher wie jemand, der keinem Hund traute oder Hunde schlicht nicht mochte. Und seine Knarre – es war eines dieser winzigen neuen Gewehre, die so klein wie eine Pistole aber so wirkungsvoll wie ein Gewehr waren – hatte er auf den Boden und nicht auf mich gerichtet.
Ich schnüffelte weiter auf der Erde herum, während ich überprüfte, wer sich noch in der Gegend aufhielt. Im Restaurant merkten die Leute langsam, dass etwas nicht stimmte. Ein Kellner, der sich dem Ecktisch näherte, blieb abrupt stehen und selbst aus dieser Entfernung konnte ich sehen, wie sich der Schock auf seinem Gesicht abzeichnete.
Ein fieses Lachen, es klang fast wie ein Bellen, dröhnte durch die Nacht, und wieder kroch ein wütendes Knurren meinen Hals hinauf. Der Schütze stand auf, zeigte
seine gräulichen Zähne und amüsierte sich ganz offensichtlich. Er blickte mir in die Augen, und einen Moment sah ich den Tod vor mir. Er dachte darüber nach, ob es sich lohnte, mich umzubringen. Dann blinzelte er, und es war vorbei.
Ich war so erleichtert, dass ich erschrak. Der Wolf in mir hätte den Mann zu gern bis auf die Knochen zerfleischt. Bislang hatte ich allerdings höchstens den ein oder anderen Hasen oder Fuchs erlegt, wenn Rhoan und Liander mich mit zu ihren »Zurück zur Natur«-Stunden geschleppt hatten. Als Tier ein wildes Tier zu töten war etwas völlig anderes als einen Menschen zu jagen und zu erlegen. An diesen Punkt wollte ich nie kommen, und es war der Hauptgrund, wieso ich mich so dagegen wehrte, ein Wächter zu werden.
Dann dachte ich an Genoveve. Ich hatte diese Wesen dort verstümmelt und wäre leicht in der Lage gewesen zu töten. Das war mir klar, auch wenn ich es damals nicht zugeben wollte.
Der Schütze nahm einen kleinen Rucksack von seinem Rücken, zerlegte das Gewehr in seine Einzelteile und verstaute es darin. Dann hing er den Rucksack wieder über die Schulter und ging davon. Ein Mann auf einem Abendspaziergang.
Nur dass dieser Mann ein Schatten war, den die meisten gar nicht bemerkten.
Ich trottete hinter ihm her. Noch immer verspürte ich den Drang, mich auf ihn zu stürzen, aber das war hier auf der Hauptstraße einfach unmöglich. Das Restaurant hatte mit Sicherheit die Polizei gerufen, und die konnte ich nun
überhaupt nicht gebrauchen. Ich wollte diesen
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