Während ich schlief
Sicherheitsvorkehrungen. Jeder wird beim Hereinkommen gescannt, und sie sind sehr streng von wegen Mädchen und Jungen. Achte darauf, einen Internen bei dir zu haben, wenn du dort reingehst, sonst kriegst du schnell eine Rüge. Es herrscht eine gewisse Rivalität zwischen den Internen und den Externen. Nichts wirklich Schlimmes, aber es hat hier und da ein bisschen Vandalismus gegeben, deshalb bring gar nicht erst jemanden auf die Idee, du könntest was in der Richtung vorhaben.«
Er ließ den Blick über den Hof schweifen. »Sonst sehe ich im Moment nichts, bei dem du aufpassen musst. Alles geklickt?« Er meinte wohl »verstanden«, der neue Slang war mir noch nicht geläufig. Ich nickte mal auf Verdacht, was das Richtige zu sein schien. »Ich muss jetzt zum Unterricht. Hast du schon deinen Stundenplan?«
»Nein«, sagte ich. Er hatte alles so schnell heruntergespult, dass mir der Verdacht kam, er wolle mich loswerden. Das deprimierte mich. Bren war als Einziger so etwas wie ein Freund für mich in dieser irren neuen Welt. »Weißt du, wo das Schulbüro ist?«
Er deutete auf eine mächtige Flügeltür hinter mir. »Da durch und dann nach rechts. Soll ich es dir zeigen?«
Ich lächelte. Auch wenn er es gezwungenermaßen tat, kümmerte er sich sehr gut um mich. »Nein, das schaffe ich schon. Komm nicht zu spät.«
»Okay. Ich seh dich dann in der Mittagspause.«
Mir entfuhr ein erleichterter und ein bisschen zittriger Seufzer. »Danke.« Jedes Mal, wenn ich in einer neuen Schule anfing, stand ich Höllenqualen aus, weil ich nicht wusste, zu wem ich mich beim Essen setzen sollte. Aber wenn Bren bei mir war, würde es schon gutgehen.
Zu meiner Verwunderung wartete Mr. Guillory auf mich im Sekretariat. »Ah, Rosalinda! Ich habe gerade mit deinem Betreuer hier gesprochen, nur um sicherzugehen, dass du in den richtigen Kursen bist. Wir haben dich jetzt für Geschichte II eingetragen, weil sie dort mit der Jahrhundertwende beginnen, also ungefähr der Zeit, wo du ... äh, unterbrochen hast. Ich dachte, es wäre gut, wenn du einiges über das erfahren würdest, was du verpasst hast.«
Ich schluckte, denn ich war mir keineswegs sicher, ob ich wissen wollte, was ich verpasst hatte. »Danke, Mr. Guillory.«
»Nenn mich bitte Reggie«, sagte er wieder. »Also, ich gehe davon aus, dass du in Mathematik, Englisch und Chinesisch dort weitermachen kannst, wo du aufgehört hast, ja? Ich habe deine letzten ... äh, Zeugnisse in den Stadtarchiven gefunden. Du hattest doch Chinesisch, oder?«
Meine Eltern hatten es für sinnvoll erachtet, dass ich Chinesisch lernte, da es die zweitgrößte Handelssprache nach Englisch war. In jeder Schule, auf die ich ging, hatten sie mich für Mandarin angemeldet, aber ich war nicht sehr gut darin gewesen. »Ja, danke.«
»Dann haben wir überlegt, welche natur- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächer du noch belegen solltest. Ist Sozialpsychologie in Ordnung, dazu der Grundkurs in Astrophysik?«
Es gab einen »Grundkurs« in Astrophysik? »Ja, das wäre gut«, sagte ich und nahm eine Papierversion meines Stundenplans in Empfang, obwohl dieser, wie ich wusste, auch auf meinen Notescreen geladen würde.
»Ich dachte, Astrophysik könnte dir nützlich sein in Anbetracht des interplanetaren Imperiums, das du mal erben wirst, he?« Guillory und der Betreuer lachten, sodass ich mir der Höflichkeit halber auch ein Lachen abrang.
»Ich bringe dich zu deiner ersten Stunde«, sagte Guillory dann und klemmte seine goldene Hand um meine Schulter, ehe er mir den Stundenplan entriss. »Sozialpsychologie. Ich glaube, das ist hier geradeaus.«
Die Schüler eilten durch die Flure, um nicht zu spät zu kommen, doch als sie mich neben Mr. Guillory sahen, waren sie wie vom Donner gerührt. Falls jemand noch Zweifel hatte, wer ich war, wurden die von Guillorys Anwesenheit beseitigt. Ich löste plötzliches Verstummen aus, wohin ich auch kam, und alle Augen richteten sich auf mich. Hinter meinem Rücken hörte ich Getuschel. »Ist das unser Dornröschen?« – »Toff, hübsch ist sie aber nicht!« – »Ich hab gehört, sie hätte sich selbst in Stasis versetzt, weil sie ewig leben wollte.« – »Ich glaube, sie ist bloß’ne Schauspielerin. UniCorp brauchte eine Gallionsflgur.« – »Guck nur, wie sie sich bei Guillory einschleimt.« – »Jetzt schon’ne sprockige Marionette.«
Ich hielt den Kopf gesenkt und wollte niemandem ins Gesicht sehen. Jede Chance, mich hier einzufügen, war von
Weitere Kostenlose Bücher