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Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Titel: Wände leben - Samhain - Ferner Donner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Höhe. Menschliche Gestalten zeichneten sich als winzige Silhouetten ab. Da war irgendeine Feier im Gange, ein Samhain-Ritual vielleicht – und das ganz in der Nähe von dem Punkt, den Gilbert ihm genannt hatte!
    So etwas konnte kein Zufall sein.
    Er überlegte sich, ob er direkt auf die Leute zufahren und mit ihnen reden sollte. Doch dann unterließ er es. Er fuhr an dem Feuer vorbei und stieß kurz dahinter auf einen schmalen Pfad, der auf die Felder führte. In diesen bog er ein und fuhr ihn entlang, bis der Weg sich in den Wiesen verlor. Nun stellte er Scheinwerfer und Motor ab. Dunkelheit umfing ihn, und schmerzlich erkannte er, dass er vergessen hatte, sich von Percy eine Taschenlampe auszuborgen. Von den Leuten mit dem Feuer trennte ihn eine Viertelmeile. Der monotone Rhythmus der Trommel drang herüber.
    Sir Darren stieg aus. Wo sollte er zu suchen beginnen? Auf der dem Feuer abgewandten Seite fiel das sonst flache Gelände ein wenig ab. Soweit er bei den schlechten Lichtverhältnissen sehen konnte, gab es hier oben auf der Ebene keinen Friedhof. Wenn, dann musste er sich da unten verbergen. Der Feuerschein drang nicht bis in die Senke hinein, und das Licht der Sterne ließ nur schwach ein paar Schattierungen erkennen.
    Vorsichtig stieg der Mann hinab. Das feuchte Gras war rutschig, doch der Abhang nicht sehr steil. Er musste zwei der niedrigen Hecken überqueren. Ein Vogel wurde aufgeschreckt und flatterte mit klagendem Kreischen tief über die Wiesen davon.
    Sir Darren sah einen Schatten gleich über dem Boden und hielt ihn zunächst für eine weitere Hecke. Dann tastete er danach, weil ihm irgendetwas an dem dunklen Umriss merkwürdig vorkam.
    Es handelte sich um eine Mauer. Große, grob gehauene Steine, von Moos überwachsen, klamm und unangenehm. Er verfolgte den Lauf der Mauer. Sie schien schief in der Erde zu hängen, wurde zur rechten Seite hin niedriger, bis sie schließlich im Boden verschwand. Gebückt ging er weiter, die Hände ausgestreckt. Eine besonders finstere Stelle schloss sich an – hier fand er zunächst nichts als höheres, festeres Gras, stapfte Schritt für Schritt weiter, bis seine Finger erneut gegen etwas Hartes stießen. Zu sehen war fast gar nichts, doch ertasten ließ sich ein rauer Stein, von Wind und Wetter abgerundet. Ein Grabstein! Die in seine rissige Oberfläche gehauenen Buchstaben konnte Sir Darren nicht entziffern, auch nicht unter Zuhilfenahme der Finger.
    Als er um den Stein herumgehen wollte, stolperte er über einen zweiten, der gleich daneben schräg aus der Erde ragte. Jetzt war es nicht mehr schwierig, noch weitere ausfindig zu machen. Mehrere Reihen von je sieben oder acht Steinen gab es. Die Reihen verliefen nicht sehr gleichmäßig, stießen an manchen Stellen sogar zusammen, und einige der Steine waren zerbröckelt und lagen in vielen Bruchstücken im Gras.
    Die Erde roch hier würzig und intensiv, auch wenn es schwer zu sagen war, wonach. Die Feuchtigkeit war sehr hoch, die Steine kalt und nass, der Boden schmierig.
    Es war erstaunlich, wie schnell er den Friedhof gefunden hatte. Offenbar war dieser Totenacker seit vielen Jahrzehnten nicht mehr in Gebrauch. Man hatte ihn gänzlich dem Verfall übergeben. Wussten die Menschen, die in einigen hundert Metern Entfernung um das große Feuer herum standen, von diesem Ort?
    Noch immer kratzte sich Sir Darren, doch das schlimmste schien überstanden zu sein. Das Blut aus den aufgescheuerten Pusteln war geronnen, seine Fingernägel waren schmutzig davon und rochen nach Metall.
    Gilbert hatte von der vierten Reihe gesprochen. Meinte er die vierte Reihe von dieser Seite aus?
    Sir Darren, dem das Kreuz vom Bücken wehtat, setzte sich auf einen der Steine in der vierten Reihe. Er legte die Hände auf die Schenkel, atmete tief durch. Sein Puls war immer noch beschleunigt, und er schaffte es nicht, ihn zu beruhigen. Sein empfindlicher Instinkt fühlte etwas, die Präsenz von Seelen, eine Nähe zur Geisterwelt. Eine Gänsehaut lief in verrückten Mustern über seinen Körper, und er hatte einen bitteren Geschmack im Mund.
    Vorsichtig, sehr vorsichtig rief er nach Gilbert.
    Er tat es innerlich, ohne den Ruf laut auszusprechen. Normalerweise war es schwierig, ganz ohne Hilfsmittel, aber an dieser Stelle, in dieser Nacht, das spürte er, würde es ein Kinderspiel sein. Lächerlich einfach. Viel zu einfach.
    Die ganze Natur schien ihn zu hören. Die Sterne schienen auf ihn zu lauschen, der Boden schien Ohren zu haben. Der Ruf

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