Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Titel: Wände leben - Samhain - Ferner Donner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
die Gefahr aussah, der er ausgesetzt war. „Sie kommen uns holen“, hatte er mit seiner schrecklichen, schmerzhaften Handschrift auf seinen Körper geschrieben. Und: „Die Barriere ist viel zu dünn.“
    Wer waren sie ? Und von welcher Barriere sprach er?
    Waren es Menschen, lebendige Menschen, die die Geister bedrohten? Störten Lebende die Ruhe der Toten, mit Magie vielleicht, Nekromanten, Totenerwecker? War die Barriere, die Gilbert meinte, also die Wand zwischen Diesseits und Jenseits, jene Mauer, die um diese Jahreszeit fast durchlässig war wie eine schwache Membran? Fürchtete sich Gilbert davor, mit Gewalt ins Diesseits gezogen zu werden?
    Oder erfolgte der Angriff aus einer anderen Richtung?
    Dieser Gedanke führte ihn in ein Gebiet wilder Spekulationen. Gab es noch mehr in diesem Universum als diese und jene Welt? Gab es noch weitere Dimensionen? Falls ja, dann sah er nicht, was er, Sir Darren, dagegen unternehmen sollte, sollte das Jenseits einer Attacke aus einer dieser Dimensionen ausgesetzt sein.
    Es gab eine Antwort auf all diese Fragen, die eben noch Sinn machte: Es musste sich um eine Falle handeln! Gilbert – oder jemand, der seine Gestalt angenommen hatte – wollte Sir Darren in einen Hinterhalt locken. Er wusste nicht, ob Gilberts Grab sich tatsächlich in der Nähe von Nottingham befand. Das alles konnte eine einzige Lüge sein. Vielleicht war etwas anderes dort, etwas Gefährliches.
    Noch immer juckte sein Körper. Auch wenn er mit seinen Fingern verbissen das Lenkrad umklammerte, um sich nicht zu kratzen, dann scheuerte er doch mit seinem Rücken an der Sitzlehne und rieb die Schenkel gegeneinander. In einer kleinen Ortschaft entdeckte er einen indischen Krämerladen, der so spät noch geöffnet war. Er kaufte Mineralwasser und ein Sandwich, fragte vergebens nach Bandagen und Salbe, um seine Wunden zu versorgen. Der Besitzer sah ihn mit geweiteten Augen an, die Hand auf dem Telefon.
    „Es geht mir gut“, versicherte der Spiritist. „Ich habe nur einen schrecklichen Juckreiz.“
    Der junge indische Besitzer, der ihm das Wechselgeld hatte in die Hand drücken wollen, warf die Münzen auf den Ladentisch. Kaum hatte der Kunde sie weggenommen, wischte er die Stelle mit einem Tuch ab.
    Als Sir Darren in die Nacht hinaustrat und wieder einstieg, beschleunigte sich sein Herzschlag. Nun befand er sich nur noch wenige Meilen von Bingham entfernt. Er näherte sich der Ortschaft aus östlicher Richtung. Welchen Ortseingang Gilbert oder das Geschöpf, das sich für ihn ausgegeben hatte, meinte, wusste er nicht. Mit etwas Glück gab es nur zwei Möglichkeiten, und falls das alles eine Falle war, würde schon dafür gesorgt sein, dass er die Stelle nicht verfehlen konnte.
    Es war halb Zwölf. Um diese Zeit waren auf den Landstraßen kaum mehr Autos unterwegs. Ab und zu kam ihm ein Wagen entgegen – Leute, die aus Nottingham in ihre Dörfer zurückkehrten.
    Er passierte das letzte Dorf vor Bingham. Ein paar Kinder veranstalteten einen Umzug, sprangen sogar auf die Straße, und er musste auf die Bremse treten. Sie waren als Hexen und Zauberer verkleidet, trugen schwarze Anzüge mit aufgemalten weißen Knochen oder hatten sich Gummimasken über den Kopf gestülpt, die berühmte Filmmonster zeigten. Neben Frankensteins Ungeheuer war auch Freddy Krueger vertreten. Dem Fahrer des Mini blieb beinahe das Herz stehen, als der letztere mit seiner obligatorischen Krallenhand über den Kotflügel schrammte. Erst beim zweiten Hinsehen erkannte er, dass das Utensil aus nachgiebigem Gummi war. Mit Taschenlampen leuchteten sie ins Innere des Wagens.
    Hupend bahnte sich Sir Darren in Schrittgeschwindigkeit einen Weg durch die kleinen Gestalten. Sie klopften gegen die Karosserie, doch er hielt die Scheiben geschlossen. Er hatte keine Süßigkeiten bei sich, die er ihnen geben konnte. Als sie übermütig wurden, auf seine Motorhaube kletterten und ihn mit ihren Lampen blendeten, zeigte er ihnen sein blutiges Hemd. Sie krochen hinab und suchten schreiend das Weite.
    Sir Darren gab wieder Gas. Die Landstraße erstreckte sich kerzengerade vor ihm, die Felder mit den kleinen Hecken lagen in der Dunkelheit. In der Ferne war orangeroter Lichtschein auszumachen, wie von einem Feuer.
    Drei Meilen vom Ortseingang entfernt, links …
    Er kam an einem Schild vorbei, das die Entfernung nach Bingham mit vier Meilen angab. Verwundert spähte er durch die Windschutzscheibe. Auf der linken Seite der Straße loderten Flammen in die

Weitere Kostenlose Bücher