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Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Titel: Wände leben - Samhain - Ferner Donner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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lang verloren und winzig angesichts des gewaltigen Feuers. Als die Hitze stärker wurde, wichen sie zurück in die Dunkelheit.
    Für manche für ihnen war es das erste Ritual dieser Art. Sie fragten sich, ob sie tatsächlich die Anwesenheit ihrer verstorbenen Vorfahren fühlen würden. Einige schlossen die Augen, andere sahen erwartungsvoll an den Himmel oder ins Feuer.
    Was waren das für Erdkräfte, die ihr Druide gefunden haben wollte? Hatten sie etwas mit dem Magnetismus der Erde zu tun, mit Wasser- oder Erzadern? Oder waren es … Seelen, die er gespürt hatte?
    Lagen unter ihren Füßen Tote vergraben? Standen sie alle hier auf dem Schauplatz einer alten Schlacht, oder hatte sich hier einst ein Dorf befunden, das von einem Krieg oder einer Epidemie vernichtet worden war?
    Trotz der Hitze, die das Feuer abgab, fröstelten die Mitglieder der Preservers of Celtic Tradition . Schwitzten und froren zugleich. Sie hatten das Gefühl, etwas Eiskaltes schließe sich langsam um sie, wie eine riesige Totenhand.
    Das fünfzehnjährige Mädchen wandte sich plötzlich um, durchbrach den Kreis und lief hinaus in die Nacht. Ihre Mutter zögerte und folgte ihrer Tochter schließlich.
    Sie hörten auf zu singen, doch der Trommler schlug weiter den Takt.
    „Hier ist etwas“, flüsterte jemand.
    „Da!“, rief ein anderer. „Lichter!“
    Im Norden näherten sich zwei helle Punkte. Ein Stöhnen ging durch die Reihen der Menschen.
    „Das sind Scheinwerfer“, donnerte Coranns Stimme. „Einfach nur Autoscheinwerfer.“
    „Ja, aber … sie kommen in unsere Richtung.“ Einige Sekunden lang taten sie das tatsächlich, dann bogen sie ab und verlöschten schließlich. Es war klar, was das bedeutete: Wenige hundert Meter von ihnen entfernt hatte jemand seinen Wagen abgestellt.
    Polizei? Oder ein Neugieriger, der das Feuer gesehen hatte?
    „Macht euch keine Sorgen“, rief der Druide. „Wir tun nichts Unrechtes, auch nicht nach dem Gesetz dieses Staates. Fahren wir mit dem Ritual fort!“
    Sie gehorchten, aber sie waren nicht recht bei der Sache. Jetzt spürten es alle. Nicht das Auto hatte sie beunruhigt, es war vielmehr die Stimmung, die plötzlich in der Luft lag.
    Als würde sich ein riesiges, schweres, meterdickes Tor ganz in ihrer Mitte allmählich öffnen.
    Das Tor zum Totenreich …

4
    Sir Darren hing über dem niedrigen Lenkrad wie ein Raubtier über seinem bibbernden Opfer. Er holte aus dem Mini heraus, was herauszuholen war, während seine grauen Zellen fieberhaft arbeiteten.
    Dass Seelen aus dem Jenseits mit lebenden Menschen Kontakt aufnahmen, kam öfters einmal vor. Die einschlägige Literatur war voll mit Beispielen davon. Doch gewöhnlich taten sie es, um offenen Rechnungen im Diesseits zu begleichen und endlich die ewige Ruhe zu finden. Eine Seele, die ganz und gar ins Jenseits eingegangen war und plötzlich um Hilfe rief – machte das irgendeinen Sinn? Die spiritistische Forschung ging davon aus, dass es in der Welt der Toten keine Bedrohungen mehr gab, vor denen die Seelen sich zu fürchten brauchten.
    War das ein Irrtum? Lauerten im Jenseits eigene Gefahren, so schrecklich, dass sich selbst Wesen, die keinen Körper mehr hatten, davor ängstigten? Sir Darren tat sich schwer, sich diese Bedrohungen vorzustellen.
    Der Spiritismus wusste nicht viel über das Jenseits. Alle Beschreibungen, die sich in Büchern fanden, schienen der Fantasie ihrer Verfasser entsprungen zu sein. Oft dachte man sich der Einfachheit halber einen leeren, hellen Raum, in dem die Seelen gewissermaßen schwerelos dahintrieben. Sir Darren hatte schon immer Schwierigkeiten mit diesem Bild gehabt, denn auch wenn diese Darstellung auf den ersten Blick etwas Paradiesisches an sich hatte, konnte er sich schwer vorstellen, dass intelligente Menschenseelen bis in alle Ewigkeit durch den leeren Raum schweben konnten, ohne früher oder später an ihrer Einsamkeit einzugehen oder den Verstand zu verlieren. Andererseits weigerte er sich auch, die Bilder von Himmel und Hölle zu übernehmen, die einige Religionen malten. Bislang hatte er keine Hinweise dafür bekommen, dass Seelen nach dem Tode für ihre Taten belohnt oder bestraft wurden. Das eine oder andere Mal hatte er bei seinen Kontakten mit den Toten den Versuch unternommen, einige Anhaltspunkte über das Reich zu gewinnen, in dem sie sich aufhielten. Doch die Toten schienen kein Interesse an solchen Gesprächen zu haben, und es war nicht gut, sie zu zwingen.
    Gilbert hatte nicht gesagt, wie

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