Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)
Gedanken. Es sei meine Entwicklung, um die sie sich sorge. Sie wolle später keinen pubertierenden Senior im Hause haben, der eine Leere in sich fühlt, weil er niemals mit dem Kind zelten war, und sich womöglich Vorwürfe macht.
Verspreche, mir niemals Vorwürfe zu machen. Erkenne allerdings am Gesicht der Freundin, dass sie meine Entscheidung bereits getroffen hat. Sie gerät ins Schwärmen, was für ein tolles Erlebnis das für mich werde, mit dem Kind in der Natur. Wie lange wir dann noch davon zehren könnten, das Kind und ich. Sie werde uns im Stillen beneiden und in der Zeit, in der wir zelten, einfach den Gutschein für das Luxus-Wellness-Hotel einlösen, den sie zum Geburtstag geschenkt bekommen hat.
Ihr Geburtstag sei doch erst in vier Wochen, gebe ich zu bedenken. Nun wird ihr Gesicht vorwurfsvoll. Jetzt hätte ich ihr die Überraschung verdorben. Quasi mein Geschenk schon verraten. Na ja, da man es nun nicht mehr ändern könne, werde sie diesen Gutschein, den ich da offensichtlich zu ihrem Geburtstag plane, eben jetzt schon einlösen. Dann hätte ich auch noch mal vier Wochen Zeit, mir eine neue Überraschung zu überlegen.
Sie strahlt. Ich gebe auf. Frage, ob ich den Gutschein auch noch selber basteln solle.
«Nein, nicht notwendig, ich habe ohnehin schon gebucht. Danke, das ist ein tolles Geschenk. Genau, was ich mir gewünscht habe.»
Die Freunde möchten, dass ihre Kinder mitzelten, dann mache es ja noch mehr Spaß. Sie selbst hätten leider keine Zeit. Dafür könnten sie mir ihr Auto und das Zelt leihen. Das Ganze stehe übrigens schon fix und fertig gepackt unten. Morgen früh, um 7 . 30 Uhr, gehe es los. Die Kinder würden sich wahnsinnig freuen. Nachdem sie am Ostseestrand so viel Spaß mit mir hatten, seien die Erwartungen diesmal natürlich nicht geringer. Ehe ich noch irgendwas einwenden kann, bekomme ich den Autoschlüssel und die Papiere in die Hand gedrückt. Alle sind glücklich, also fast alle.
Gehe kurze Zeit später in den Flur und rufe Peter an. «Hallo, Peter, hier ist Horst. Ich bitte dich dringend um einen Gefallen. Du musst aus einem geparkten Auto ein Zelt mit Zubehör klauen. Sichere Sache, das. Ich simse dir gleich die Adresse. Sobald du hier bist, öffne ich dir mit der Funkverbindung des Autoschlüssels vom Balkon aus die Zentralverriegelung. Du nimmst Zelt und Zubehör aus dem Kofferraum, ich verriegele die Türen wieder, und alles ist gut.» Ich bitte ihn noch, auch wirklich nur die Campingsachen zu klauen. Schließlich fahre ich gern mit den Kindern weg, allerdings möglichst irgendwohin, wo es Betten, ein Badezimmer und richtige Wände mit echtem Dach gibt.
Bin stolz auf mich. Andere hätten wegen dieser Zelterei wahrscheinlich die halbe Nacht gestritten, mit Vorwürfen und langem Beleidigtsein. Ich hingegen löse so einen Konflikt einfach ganz lautlos mit Liebe, Umsicht und schierer Intelligenz.
Als ich in die Küche zurückkomme, herrscht betretenes Schweigen. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit platzt die Freundin heraus: «Peter hat mir eine SMS geschickt. Ich hatte ihm gestern gesagt, falls du ihn anrufst und bittest, ein Zelt aus einem Auto zu klauen, soll er sich sofort bei mir melden, wenn er nicht wegen Beihilfe angeklagt werden will.»
Begreife und bereue meinen Fehler. Gebe ihn direkt zu: «Es tut mir leid. Wirklich. Ich hätte besser Micha anrufen sollen.»
«Den habe ich auch benachrichtigt. Und Holger und Jochen auch. Außerdem ist gar kein Auto gepackt. Es gibt nicht einmal ein Zelt. Das Ganze war nur ein Test.»
«Verstehe. Habe ich bestanden?»
«Eher nicht.»
«Schade. Kann ich es irgendwie wiedergutmachen?»
«Ich wüsste nicht, wie.» Sie grinst, und nun gebe ich wirklich auf.
«Na ja, ich könnte vielleicht mit den Kindern zelten gehen. Nächstes Wochenende oder so.»
Alle stimmen zu. Zelten! Ich ganz allein mit den Kindern. Das sei mal ein toller Vorschlag.
Finde ich auch. Am Ende habe dann eben doch ich immer wieder die allerbesten Ideen.
2 . Der Zeltkauf
Nachdem ich nun alle mit der schönen Idee überraschen konnte, mal mit meinem und drei weiteren Kindern von Freunden zelten zu gehen, fehlt nur noch ein gutes Zelt. Die Freunde raten mir dringend zum Fachhandel. Schon am nächsten Tag spreche ich beim Outdoorspezialisten vor.
«Guten Tag, ich suche ein Zelt. Können Sie mir da was empfehlen?»
Der Verkäufer schaut mich lange und abschätzend an, sagt dann: «Klar, was wollen Sie denn mit dem Zelt machen?»
Hm, mit dieser
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