Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)
«Wuff!», und auch dieses steht perfekt da.
Der Wind vom nahenden Gewitter wird langsam heftiger. Wir sollten die Zelte jetzt zügig feststecken. Bitte die Kinder, rasch die blaue Tasche mit den Schnüren und Heringen aus dem Wagen zu holen. Die Kinder finden nichts. Rufe die Freundin an. Die bestätigt, in der Tat habe nach unserer Abreise noch eine blaue Tasche im Flur gestanden. Fragt, ob die wichtig sei. Dann setzt der Regen ein.
Es ist ein tolles, unvergessliches Erlebnis, gemeinsam mit Kindern in heftigem Sturm, bei strömendem Regen, zwei äußerst widerspenstige Wurfzelte irgendwie wieder auseinanderzubauen, ohne dass eines der Kinder mehr als zwei Meter weggeweht wird. Dazu das restliche Equipment so schnell es geht ins Auto zu stopfen, wohl wissend, dass alles ohnehin schon durchgeregnet ist, um dann klitschnass und dampfend zu fünft im Auto nach einer schönen Brandenburger Landpension zu suchen.
Irgendwann haben wir sie gefunden. Mit richtigen Betten, Heizung und fließend warmem Wasser, das man auf- und zudrehen kann, wie man will. Später, bei Chips und extrem zuckerhaltigen Brausegetränken vor dem Fernseher, waren die Kinder und ich uns einig. Schöner und erlebnisreicher kann ein perfekter Campingtag eigentlich gar nicht sein.
Die Geschichte der Räuberei (Folge 263 ): Die Rhönräuber
Als im Januar des Jahres 2013 im Berliner Stadtteil Steglitz die sogenannten Tunnelräuber einen langen Tunnel bis genau unter den Tresorraum einer Bank gruben und dort dann die Schließfächer leer räumten, war ganz Berlin erfüllt von einem gewissen Stolz auf diese Diebestat. Wer so einen guten Tunnel graben kann, so lang, so professionell gesichert und handwerklich so sauber, der hat sich die paar Schließfachfüllungen aber auch wirklich verdient.
Selbstverständlich suchte die Polizei sofort unter Hochdruck nach den Tätern. Allerdings, da waren sich so ziemlich alle Berliner einig, weniger, um sie zu bestrafen, als vielmehr mit der Absicht, sie mit dem Weiterbau des Flughafens zu betrauen. Doch es war nicht nur diese tiefe Bewunderung Berlins für ein Bauwerk, das den Kosten- und Zeitplan eingehalten und gleichzeitig alle Sicherheitsbestimmungen erfüllt hatte, die den Tunnelräubern gesellschaftliche Anerkennung verschaffte. Räuber, die fleißig und hart arbeiten, dabei noch einen einigermaßen intelligenten Plan verfolgen und niemanden wirklich schwer verletzen, genießen wohl zu allen Zeiten ein gewisses Ansehen.
In der Rhön beispielsweise gab es Mitte des 19 . Jahrhunderts die Rhönräuber. Eine Diebesbande, die in dem Mittelgebirge bevorzugt Wanderer und Handelsreisende ausgeraubt hat. Ihr Trick war es, den Reisenden auf dem höchsten Punkt der teilweise erstaunlich steilen und lang gezogenen Wege durch das Bergland aufzulauern. Da auf dem Gipfel von den völlig erschöpften und entkräfteten Wanderern praktisch keine nennenswerte Gegenwehr mehr zu erwarten war, verlief der Überfall in der Regel unkompliziert und zivilisiert. Auch die Flucht ging, da sie bergab erfolgte, äußerst schnell und leise, ja geradezu elegant vonstatten. Die Rhönräuber verstanden es also, sich recht intelligent die Berge zunutze zu machen. Da sie hierfür aber auch immer sehr früh aufstehen und die Berge hinaufwandern mussten, galt das, was sie taten, schon zu jener Zeit als quasi ehrliches Räuberhandwerk, weshalb die Mitglieder dieser Banden privat auch als ganz normale, ehrliche Bürger angesehen und respektiert wurden.
An diese ehrbaren Halunken musste ich denken, als ich im letzten Sommer in der Rhön radwandern war – in diesen wohlgeformten Bergen, die allerdings, wenn man mit dem Fahrrad hinauffährt, sehr, sehr viel steiler sind als noch beim Blick auf die Karte im Touristikprospekt vermutet. Jener Prospekt, der mir ein Erkunden der Rhön mit dem Fahrrad als «Erholung pur» angekündigt hatte. Erstaunlich, wie unterschiedlich die Vorstellungen von Erholung doch sein können.
Wer freiwillig, ohne Not und tieferen Grund, also quasi zum Spaß, in brütender Hitze mehrere blödsinnig steile Berge mit dem Fahrrad rauf- und wieder runterfährt, ist entweder ein Extremsportler oder ein völliger Idiot. Und da ich das eine ja nun nicht bin, gehöre ich wohl auch zum seltsamen Kreis der Extremsportler. Eine überraschende Erkenntnis.
Doch als wäre das alles nicht schon schlimm genug, erblicke ich auch noch beim letzten und höchsten Berg dieser erholsamen Radwandertour, dem Großen Öchsel, als ich knapp
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