Wärst du doch hier
der unter großer Anspannung stand, Dinge, die man einem Soldaten im Angesicht seines möglichen Todes niemals gestatten würde. Was man den jungen Männern, die hier in ihren polierten schwarzen Leichenwagen lagen, niemals erlaubt hätte.
Als Jack den Schutz des Gebäudes erreichte, spürte Major Richards einen Anflug von Erleichterung und fast so etwas wie Neid.
Derek Page und Dave Springer, die von Babbages geschickten Fahrer, sahen ebenfalls, dass Jack sich umdrehte und wegging, wie jemand, so kam es ihnen vor, der sich gerade an eine weitere Verabredung erinnert hatte. Dann sahen sie sich an. Na, ziemlich abrupt, was? Aber es war das Privileg der Hinterbliebenen, sich so zu verhalten, wie es ihnen gefiel. (Derek und Dave hatten da manches erlebt.) Sie konnten in schallendes Gelächter ausbrechen, und man würde es dulden. Er hatte sich ja anständig verhalten, hatte sie begrüßt, was auch nicht in den Regeln stand, und sie hatten jeder einen Zwanziger bekommen.
Außerdem hatte er den Sarg berührt.
Mit den Blicken, die sie wechselten, vermittelten sie eine Menge Informationen, dazu gehörte auch eine gewisse Einschätzung des Körperbaus. Wäre es ihnen möglich gewesen, offen zu sprechen, hätte einer von ihnen vielleicht zu dem anderen gesagt: »Riesenkerl, was?« Sie selbst waren beide eher unterdurchschnittlich groß. Nicht, dass sich das auf ihre gegenwärtige Aufgabe auswirkte, aber was den nächsten Tag anging, so bedeutete es möglicherweise, wenn unter den anderen Trägern Andy Phillips und Jason Young, ebenfalls von Babbages, waren, dass sie beide hinten gehen würden, und der Sarg abwärts geneigt auf ihre Schultern drücken würde. Sie hätten das meiste Gewicht zu tragen. Was sie zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten – die wenigen Meter, die sie vom Kirchenportal zum Grab zurücklegen mussten, führten leicht bergab, was das Ungleichgewicht ausgleichen und sogar ein wenig umkehren würde. Außerdem war es ein kurzer Weg, nichts im Vergleich mit dem, wasdie jungen Soldaten hier zurücklegen mussten – erst die Rampe vom Flugzeug runter und dann gut hundert Meter über die Rollbahn.
Schwer, daneben zu bestehen. Der Gedanke war ihnen schon gekommen.
Nachdem sie jetzt Jack Luxton – den älteren Bruder – kennengelernt hatten, betrachteten sie das, was die sechs Soldaten getragen hatten und was ihnen bevorstand, in einem neuen Licht. Natürlich konnte man nicht sicher sein, ob Jack Luxtons massige Gestalt eine Richtschnur war. Man konnte nicht sicher wissen, was in dem Sarg war. Mit der Leiche hatten sie – ein Glück, vielleicht – nichts zu tun gehabt. Sie konnte leicht sein wie die eines Kindes. Vielleicht würden sie etwas merken, wenn sie den Leichenwagen in Bewegung setzten. Ein feinfühliger Fuß auf dem Gaspedal beim Anfahren würde schnell Aufschluss darüber geben, ob man kräftiger Gas geben musste, um die Last zu bewegen.
Aber die Sache lastete auf ihnen, ganz abgesehen von dem Körpergewicht, das sie einzuschätzen versuchten. Sie lastete auf ihnen, wie es ihre Arbeit sonst selten tat, denn an die hatten sie sich inzwischen gewöhnt. Aber so einen Auftrag hatten sie noch nie gehabt. »Riesenkerl« hätte, wenn sie es ausgesprochen hätten, ein teilnahmsvolles »Armer Kerl« nicht ausgeschlossen. Im Grunde konnte der erste Ausdruck so wie der zweite verstanden werden, und »Armer Kerl« hätte sowohl auf Jack gepasst wie auch auf den im Sarg. Arme Kerle, alle beide.
Derek und Dave waren neunundzwanzig und dreißig. Einen Bruder hatten beide nicht. Dave hatte eine jüngere Schwester, Derek war Einzelkind. Sie waren beide verheiratet.Derek hatte zwei Kinder, Dave nur eins. Die Kinder waren klein – eins konnte noch nicht laufen –, sodass die Frage, wie man ihnen von der Arbeit ihrer Daddys erzählen würde, bisher nicht aufgekommen war. Sie waren beide aus einem einfachen Grund zu ihrer Arbeit gekommen: Die Arbeit war da, nicht jeder wollte sie machen, und sie hatten es beide als eine vorübergehende Lösung betrachtet. Jetzt steckten sie im Rang des Angestellten in einem Unternehmen fest, das, wie es üblich war, als Familienbetrieb geführt wurde, und beide wussten nicht, was die Zukunft für sie bereithielt. Inzwischen hatten sie oft zusammen gearbeitet. Sie waren befreundet. In diesem Fall war der Gedanke: »Stell dir vor, es wäre dein Bruder«, nicht so abwegig. Auch der, dass sie selbst dort drüben, im Irak, hätten kämpfen können. Es gab
Weitere Kostenlose Bücher