Waffenschmuggel
Applaus.
Das Cheong Sam kann durchaus kleidsam und vorteilhaft wirken; aber es stellt gewisse Anforderungen an die Trägerin. Sie muß zartknochig und sehr schlank sein, die Hüften dürfen nicht, das Gesäß kaum sichtbar sein, und sie muß einen flachen Bauch und winzige Brüste haben. Arme und Hals müssen zart wirken, und ihr Gesicht muß rund sein, mit hohen Wangenknochen. Mit anderen Worten: sie muß Chinesin sein. Auf Arlenes wohlgeformtem, aber kräftigem und gut gepolstertem Körper, und überragt von ihrem Pferdekopf, sah das Cheong Sam grotesk aus.
»Mein Gott!« sagte Greg.
»Sie hat es in Hongkong gekauft«, flüsterte Dorothy. »Das Material ist wirklich herrlich.«
»Es sieht trotzdem lächerlich aus.«
»Ich habe es bei der Anprobe nicht an ihr gesehen.«
»Sie muß verrückt geworden sein.«
Arlenes Eintritt verursachte eine kleine Sensation, und ein oder zwei etwas unsichere Ausrufe höflicher Bewunderung wurden laut, als sie zum Tisch der Nilsens rauschte. Wenn sie einen Scherz beabsichtigt hatte, so war man allgemein bereit zu lachen. Sollte sie es ernst gemeint haben, war man bereit, höflich zu sein. Einstweilen fühlten sich alle peinlich berührt.
Arlene setzte sich neben Dorothy, und die Schlitze in ihrem Rock klafften weit auf, wobei ein breiter Streifen ihres Schenkels sichtbar wurde – und ein rosa Strumpfband. Sie lächelte schelmisch.
»Na, Mistel Nilsen, wie finden Sie ›chinesischen Wäschelin‹?«
»Das Kleid ist wunderhübsch«, sagte Dorothy eifrig.
»Das ist es wirklich«, sagte Greg. »Martini?«
»Nein.« Ihr Lächeln war jetzt herausfordernd. »Heute nacht trinke ich nur Champagner.«
Mit zwanzig Minuten Verspätung gingen sie zum Dinner hinunter und mußten durch eine Gasse neugieriger Blicke Spießruten laufen, um zu ihrem Tisch zu gelangen. Arlene schien die halbe Flasche Champagner zu Kopf gestiegen zu sein, und sie fing an, Greg ›Don Gregorio‹ und Dorothy ›Gretchen‹ zu nennen, Sie fand sich selber großartig und blickte mit der ruhigen Sicherheit einer Frau um sich, die weiß, daß sie anziehender ist als alle anderen anwesenden Frauen.
Als man zu tanzen begann, wurde sie ausgelassen und löste sich immer wieder von ihren Partnern, um mitten auf dem Deck kleine hüftwackelnde Soli aufzuführen. Greg und Dorothy, die ruhig am Rand der Tanzfläche tanzten, sahen einander an.
Dorothy war beunruhigt. »Ich verstehe es nicht«, sagte sie, »sie hat in ihrer Kleidung sonst immer guten Geschmack gezeigt.«
»Ja.«
»Das mußt du doch zugeben.«
»Wenn du mich fragst«, meinte Greg, »ich würde sagen, sie hat tüchtig Gin getrunken, bevor sie heraufkam.«
»Aber Liebling, wie häßlich, so etwas zu sagen!«
»Dann schau sie dir doch an.«
Mit weit ausgestreckten Armen, den Kopf über die rechte Schulter zurückgeworfen und das Kinn gebieterisch erhoben, tanzte Arlene jetzt einen Flamenco. Ihr Partner, einer der Schiffsoffiziere, umkreiste sie ein wenig hilflos. Auf seinem Gesicht lag ein unsicheres Lächeln.
»Sie ist nur etwas aufgekratzt«, sagte Dorothy begütigend. »Jedenfalls amüsiert sie sich großartig.«
»Meiner Meinung nach macht sie eine lächerliche Figur.«
»Wirklich, Greg!«
Arlene kehrte nicht zu ihrem Tisch zurück. Als Damenwahl angekündigt wurde, steuerte sie schnurstracks auf den Kapitän zu und setzte sich nach dem Tanz an seinen Tisch; ob aufgefordert oder unaufgefordert, war nicht festzustellen.
Am anderen Morgen, als das Schiff flußaufwärts nach Saigon fuhr, erschien sie nicht zur gewohnten Zeit, aber Greg und Dorothy waren zu sehr damit beschäftigt, die vorbeigleitenden Sampans und das Flußufer zu betrachten und zu filmen, um an Arlene denken zu können. Sie fanden sie, als das Schiff festgemacht hatte, in der Bar sitzend; sie war untadelig zurechtgemacht, schien aber ein bißchen bedrückt zu sein.
»Wo sind Sie denn gestern nacht geblieben?« fragte sie Dorothy, als sie sich zu ihr gesellten.
»Wir sind gegen halb zwölf hinuntergegangen.«
»Ich erst um vier Uhr«, sagte sie grimmig. »Der Barmixer hat eine Büchse Würstchen aufgemacht. Er hat einen elektrischen Grill dort hinten. Das war, nachdem ich zu Scotch übergegangen war.«
»Wer war sonst noch dabei?« fragte Dorothy.
»Niemand. Nur der Barmixer und ich. Er kommt aus Los Angeles und ist ein Baseball-Fan«, fügte sie säuerlich hinzu.
Aber nach dem Lunch fühlte sie sich wieder besser, und sie gingen gemeinsam zu dritt an Land. Auf Arlenes
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