Waffenschwestern
dir was gegeben oder so was. Das ist irgendein Trick! Ich bin jetzt Familienoberhaupt, und ich habe nicht vor, irgendwelche Kinder aus diesem Haus in die Hände dieses –dieses gottlosen Abschaums zu geben!«
Mitch spürte, wie ihm auf Gesicht und Händen der Schweiß ausbrach. »Jed, du musst einfach! Sie kommen sowieso …
Wenn du ihnen Schwierigkeiten machst, gibt's noch mehr Tote!
Höchstwahrscheinlich auch Kinder…«
»Dann kommen sie zum Herrn. Ich werde nicht…«
Hinter Jed hatte sich Prima bewegt. Ohne zur Videoaufnahme aufzublicken, hatte sie eine Hand ausgestreckt und den Schürhaken in seinem Ständer gepackt. Mitch stockte der Atem im Hals.
» … werde nicht zulassen, dass die Ehre unseres Namens
beschmutzt wird, weil du dich wie ein Schwächling hast
gefangen nehmen lassen …«
Prima hielt den Schürhaken in der Hand … ganz mühelos in einem Griff, dessen Kraft aus dem Kneten von Brotteig stammte, dem Auswringen der Wäsche, dem Hochheben der
Babys. Mitch kannte die Kraft in diesen massiven Schultern, diesen Armen.
»Jed, bitte … Setze nicht das Leben der anderen Kinder für diese paar aufs Spiel; das ist es nicht wert! Bitte, Jed, lass sie gehen!« Ehe Schlimmeres passierte, ehe Prima etwas tat, das er nicht übersehen konnte. Er bemühte sich, den Blick fest auf Jed gerichtet zu halten.
»Wenn sie einen Kampf wollen, können sie ihn haben!« Jed schien ebenso viel Triumph zu spüren wie Wut. »Die Prediger 644
haben uns schon aufgefordert, uns zu sammeln und zu kämpfen
…«
»Die Prediger!« Mitch konnte kaum weiterreden, während er sah, wie Prima ganz leise, ganz leise auf ihren nackten Füßen an Jed herantrat und den Schürhaken hob. Entsetzen und Hoffnung stritten sich in Mitch – dass irgendeine Frau nach einem Mann schlug, gar ohne ihn zu warnen – dass die Kinder ohne Jed vielleicht in Sicherheit waren …
»Du könntest sie aufhalten«, fuhr Mitch fort, bemühte sich, es Jed klarzumachen, Jed, der noch nie etwas kapiert hatte, was er nicht kapieren wollte. Er sollte Jed eigentlich warnen; er sollte Prima ermahnen. Aber die Kinder … »Du könntest sie überzeugen, falls du es nur versuchen würdest…« Und auf dem Bildschirm hob Prima schließlich doch den Blick, sah direkt in die Aufnahme und lächelte. »Tu es!«, sagte Mitch, ohne recht zu wissen, zu wem er es sagte, und als Jed gerade den Mund öffnete, krachte ihm der Schürhaken auf den Schädel – mit aller Kraft in Primas Schultern und Armen … und Blut spritzte, und sie schlug wieder und wieder zu, während er zu Boden stürzte …
»Prima!«, brüllte Mitch, und der Hals schnürte sich ihm zu und unterband weitere Worte. Sie hob erneut den Blick zur Aufnahme, und in ihrem Gesicht breitete sich wieder die übliche Gelassenheit aus nach einer Emotion, die Mitch dort früher noch nie gesehen hatte. »Lasse nicht zu, dass sie den Kindern wehtun«, sagte er; es kam in einem knarrenden Ton hervor wie dem eines jungen Hahns, der gerade krähen lernte. »Lasse nicht zu, dass sie ihnen wehtun…« Die Stimme versagte ihm erneut; Tränen brannten ihm in den Augen.
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Primas Stimme kam viel ruhiger durch die Verbindung als seine. »Ich möchte sehen … was das für Menschen sind, denen du unsere Kinder anvertraust.«
»Sei vorsichtig«, konnte er gerade noch flüstern. »Bitte …«
Er flehte eine Frau an … bettelte … und das war falsch, aber der Hals tat ihm weh und das Herz, und er wollte keinen Schmerz mehr haben, weder für sich noch die Kinder. Der Bildschirm vor ihm wurde leer, und dann rollte er sich um sein Elend zusammen wie ein Kind um sein Lieblingsspielzeug.
*
»Ich möchte mitkommen«, sagte Hazel. »Ich sollte es wirklich –
die Kinder kennen mich; sie haben dann nicht so viel Angst.
Brun würde auch mitkommen, wenn sie könnte.« Brun stand unter Beruhigungsmitteln und steckte nach dem heiklen Eingriff, der ihr vielleicht die Stimme zurückgab, im
Regenerationstank. Sie kam frühestens in drei Tagen wieder heraus.
»Keine schlechte Idee«, fand Waltraude Meyerson. »Und ich natürlich auch.«
»Sie! Sie sind nicht nur Zivilistin, sondern haben gar nichts mit der Sache zu tun …«
»Ich bin die Expertin, die Sie speziell mitgenommen haben –
ich sollte Gelegenheit erhalten, diese Anhänger eines Texas-Mythos auf ihrem eigenen Grund und Boden zu erleben. Und ich empfehle Ihnen wirklich, Admiral Serrano, ein Mitglied 646
Ihrer Familie mitzuschicken – vielleicht diesen Enkel,
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