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Waffenschwestern

Waffenschwestern

Titel: Waffenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
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als sie ihn wieder zu dieser Kabine schleppten. »Sie werden mit uns zusammenarbeiten, weil Ihnen gar nichts anderes übrigbleibt.«
    Danach schafften sie ihn in eine andere Kabine, eine kleine Einzelzelle.
    In jungen Jahren war Mitch ein oder zweimal unter falschem Namen auf Schiffen gefahren, die in den Familias registriert waren, und hatte ein paar der großen kommerziellen
    Orbitalstationen gesehen. Aber nichts von all dem glich dem Inneren eines Elitekriegsschiffes. Er hätte es am liebsten verachtet; er wollte die übertriebene Höflichkeit verspotten, die ernsten Rituale, den Schliff und die Präzision … aber ohne Stimme blieb ihm nichts weiter übrig, als das alles einfach zu erleben und dabei zu erkennen, einer wie törichten Fehleinschätzung seiner Gegner er aufgesessen war. Er hatte den Zorn Gottes auf das eigene Volk herabgerufen, und hier erblickte er das Instrument dieses Zorns: schnittig, blitzblank, von perfekter Disziplin, absolut tödlich.
    Er wollte ihnen trotzen. Er wollte sie hassen und ihnen trotzen und sie verdammen und bis zum letzten Atemzug Widerstand leisten, aber er rnusste immer wieder an Prima und Secunda denken … an den Duft des Brots im Ofen, die leuchtenden Blumen im Garten, an die Kinderstimmen, die in den Fluren widerhallten, das Klatschen der Sandalen, wenn die Jungen herumrannten, das Stapfen, wenn die größeren Jungs in festen Schuhen gehen lernten, das leichte Tapsen der Mädchen 638
    … das Gefühl ihrer weichen kleinen Arme um seinen Hals, den Duft ihrer Haare. Seine Frauen. Seine Kinder. Die jemand anderem gehören würden, die vielleicht gezwungen wurden, draußen auf jemandes Feldern zu arbeiten, die vielleicht weinten, ungeschützt, verängstigt, weil er es verpfuscht hatte –er erwachte schweißgebadet und mit brennenden Augen.
    In den leeren Stunden, in denen er an die kahlen Wände
    starrte, blickte er tiefer in sich hinein als je zuvor - oder als er es je gewollt hatte. Gott bestrafte ihn für seinen Ehrgeiz. Das war nur richtig so, falls er gefehlt hatte. Aber seine Familie …
    Warum sollte sie bestraft werden? Ihm verging von neuem der Appetit, diesmal nicht aus Widerspenstigkeit, sondern aus Trauer… und diesmal zwangen ihn die Wärter nicht zum Essen.
    Jemand klopfte an und trat ein. Ein Mann – dafür wenigstens war er dankbar –, aber in einer Uniform, die er noch nie gesehen hatte.
    »Ich bin ein Kaplan«, sagte der Mann. »Meine Überzeugungen decken sich nicht mit Ihren, aber ich bin damit beauftragt, Angehörigen der Flotte in Fragen des Glaubens und Gewissens zur Seite zu stehen.« Er brach ab und blätterte durch ein kleines Buch. »Ich denke, für Sie wäre das geeignetste Wort für mich Pastor oder Prediger. Sie werden im Territorium der Familias vor Gericht gestellt, und unsere Gesetze verlangen, dass jeder, gegen den solch schwerwiegende Anklagen erhoben werden, geistlichen Trost erhalten muss.«
    Welchen geistlichen Trost konnte ihm ein Ungläubiger, ein Heide spenden? Mitch drehte das Gesicht zur Wand.
    *
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    »Wir haben nur eine geringe Chance, diese Kinder lebend herauszuholen«, erklärte Waltraude. »Ich weiß, dass Sie mit diesem Ranger Bowie nichts zu tun haben möchten – aber solange er seine Ehefrau nicht anweist, sie herauszugeben, wird sie es nicht tun. Und er ist der Einzige, der Einfluss auf seinen Bruder hat, und der Bruder erbt jetzt die Verantwortung für seine Frauen und Kinder.«
    »Aber das ist lächerlich! Warum können wir nicht mit ihr reden?«, wollte Admiral Serrano wissen. »Ich sehe keinen Grund, mit ihm zu verhandeln – er ist unser Gefangener. Er erhält einen guten, raschen, legalen Prozess und die Todesstrafe.«
    »Möchten Sie diese Kinder herausholen? Ihre Familien
    möchten es. Ihre Familien werden wissen wollen, warum all diese Menschenleben für die Tochter des Sprechers geopfert wurden … und warum Kinder der eigenen Familie in der Sklaverei zurückgelassen wurden.«
    »Oh – in Ordnung.«
    *
    Mitch war noch nie auf der Brücke eines Kriegsschiffes dieser Größe gewesen; beinahe lockten ihn die Größe, die Komplexität, die Andeutung von Macht aus seinem Elend
    hervor.
    Die Wachen führten ihn vor eine Frau – eine Frau in
    nachtdunkler Uniform, mit Abzeichen, die sie für ihn als 640
    Admiral kenntlich machten, und hellen, bunten Streifen auf der Brust. Und er stand barfüßig und ohne Stimme vor ihr und wünschte sich, er hätte in ihr das schiere Ebenbild Satans erblicken können – aber

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