Waffenschwestern
Lepescu, überzeugt davon, dass alles, was sie sich wünschen, akzeptabel sein muss oder akzeptabel sein sollte. Man braucht auch spirituelle Stärke.«
»Und Sie denken, dass ich keine habe?«
Er zuckte die Achseln. »Es liegt nicht an mir, mich dazu zu äußern. Ich müsste sagen, dass Sie bislang keine gezeigt haben.
Sie haben beispielsweise noch nicht die Fähigkeit demonstriert, sich als die zu betrachten, die Sie wirklich sind … und Selbsteinschätzung gibt einen guten Hinweis auf die seelische Verfassung eines Individuums. Sicherlich haben Sie die
Fähigkeit dazu - jeder hat sie -, aber Sie haben sie noch nicht entwickelt.«
»Ich denke, Sie wissen gar nicht, wovon Sie reden«, sagte Brun. Sie trank den Rest dieses Stenner-Krugs aus. »Sie haben 114
gar keine Vorstellung davon, wie mein Leben bislang
ausgesehen hat, was ich getan habe, und Ihr toller Lieutenant Suiza weiß auch nichts davon. Sie denken, reich zu sein hätte nichts damit zu tun? Gestatten Sie mir, Ihnen etwas zu erzählen
… die Reichen lernen früh, dass sie niemandem – niemandem —
vertrauen können außer anderen Reichen. Und ihr Flottenleute seid genauso. Ihr traut niemandem über den Weg, der nicht in die Flotte hineingeboren wurde. Nichts, was ich getan habe, würde daran etwas ändern. Alle haben Sie einfach gleich am ersten Tag entschieden, ich wäre ein verdorbenes reiches Mädchen, und es bestand nie eine Hoffnung, dass Sie es sich anders überlegen. Soweit man bei Ihnen von Überlegung
sprechen kann.«
Sie schob sich vom Tisch zurück und ging hinaus, sorgsam darauf bedacht, niemandes Blick zu erwidern. Sie war besiegt; sie konnte unmöglich tun, was sie tun wollte, solange sie keine faire Chance bekam. Sie würde Copper Mountain verlassen; sie würde sich allein überlegen, was sie brauchte.
Als sie den Stützpunkt wieder erreicht hatte, war sie
ausreichend abgekühlt, um ihren Leibwächtern mit eisiger Höflichkeit zu begegnen. Sie zeigten ihrerseits eisige
Höflichkeit. Es war lange nach Mitternacht; Brun konnte das Knurren der Transporter hören, die die Teams für die Feldübung aufsammelten. Die Übung, an der sie auch beinahe hätte
teilnehmen können.
Sie sah den Flugplan des Shuttles nach. Zweifellos waren Formalitäten abzuwickeln, aber sie müsste es eigentlich schaffen, weg zu sein, ehe Esmay zurückkehrte. Sie trug sich in die Liste derer ein, die am nächsten Morgen den
Kommandanten der Schule sprechen wollten, und ging in ihre 115
Unterkunft zurück, um sich so viel Schlaf zu holen, wie sie finden konnte.
Als sie das Büro des Kommandanten betrat, wurde deutlich, dass er schon etwas wusste. Sie las es in seinem Gesicht, und noch ehe sie sich setzen konnte, legte er damit los, sich zu entschuldigen.
»Sera Meager, soweit ich weiß, hat sich ein Subalternoffizier unpassend benommen …«
»Sie haben Lieutenant Suiza überwacht?«
Er hustete. »Nein… Sie, Sera Meager. Es tut mir Leid, aber im Interesse Ihrer eigenen Sicherheit…«
Es war unerträglich! Sie konnte sich nicht mal zanken, ohne dass jemand mithörte. »Naja, ich schätze, da haben Sie einiges zu hören bekommen.«
»Lieutenant Suiza hat sich absolut unprofessionell verhalten; es tut mir – der Flotte – Leid …«
»Vergessen Sie es. Sie war unverschämt, ja, aber sie hat deutlich gemacht, dass man mich hier nie nach meinen eigenen Verdiensten beurteilen wird. Und ich stelle eine übertriebene Belastung Ihres Personals dar, das sich um meine Sicherheit bemüht. Ich gebe meinen Posten hier frei, oder wie immer Sie das nennen.«
»Weiß Ihr Vater davon?«
Sie hätte ihm eine knallen können, aber seine Frage war nur ein weiterer Beweis dafür, dass sie Recht hatte. »Ich informiere ihn noch heute Vormittag per Ansible, sobald das Gerät für die öffentliche Nutzung freigegeben ist. Ich habe vor, einen Flottentransporter bis zum nächstgelegenen zivilen
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Verkehrsnexus zu nehmen …« Der Name fiel ihr nicht ein.
»Von dort aus miete ich wahrscheinlich ein Schiff.«
»Sie brauchen sich nicht zu beeilen …«
»Ich möchte lieber schon fort sein, bevor die Feldübung zu Ende ist«, sagte Brun. Sie war entschlossen, Esmay Suiza nicht noch einmal zu begegnen. Eigentlich auch Barin Serrano
nicht… Sie konnte sich gut vorstellen, was seine Großmutter sagen würde.
»Ich verstehe.« Er presste die Lippen zusammen. »Auch
wenn ich denke, dass Ihre Entscheidung unter den gegebenen Umständen wohl die Beste ist, gebe ich
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