Waffenschwestern
Beinprothesen gegeben, aber die Verletzung der Wirbelsäule war so stark, dass ich sie nicht hätte benutzen können. Was jetzt die Kopfverletzungen angeht…« Er senkte den Kopf und zeigte Brun die Narben, die sich über seinen Schädel zogen. »Sie stammen aus einer anderen Schlacht, damals auf der Pelion, als ein Stück von einem Gehäuse abbrach und mich aufschlitzte.«
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Er grinste sie an, und sie sah, wie sich dabei ein Mundwinkel verzerrte. »Was jetzt Sie angeht, junge Dame, Sie haben ja keine Ahnung, was es mir bedeutet, einen Teil vom Rumpf der
Cutlass als Theke zu benutzen. Oder irgendeinem der Männer und Frauen, die hierher kommen. Was es bedeutet, Geschirr von der Paradox und der Emerald City und der Wildcat zu benutzen, Besteck von der Defence und der Granicus und der Lancaster, dass alles in dieser Kneipe aus den Resten der Schiffe besteht, auf denen wir gedient, gekämpft und überlebt haben.«
»Ich finde es immer noch morbide«, drückte Brun zwischen steifen Lippen hindurch.
»Haben Sie jemals einen Menschen getötet?«, fragte er.
»Ja. Das habe ich tatsächlich.«
»Erzählen Sie mir davon.«
Sie konnte einfach nicht glauben, dass dieses Gespräch
stattfand. Sollte sie ihm von der Insel erzählen, von Lepescu?
Aber seine Augen warteten und seine Narben und seine
Annahme, sie wäre ahnungslos. Was von diesen Dingen sie schließlich bewegte zu reden, das hätte sie nicht sagen können.
»Wir – einige Freunde und ich – hatten einen Luftwagen zu einer Insel auf Sirialis genommen. Das ist ein Planet, der meinem Vater gehört.« Der Klang dieser Worte gefiel ihr nicht; sie wollte nicht prahlen, aber es klang danach. Er reagierte nicht.
»Wir wussten nicht, dass wir dort… Eindringlinge antreffen würden. Einen Mann – er war Flottenoffizier…«
»Wer?«
Sie wollte darauf nur ungern antworten, sah aber keine
Möglichkeit, es zu vermeiden. »Admiral Lepescu.« Erfolgte da 109
eine Reaktion? Sie konnte es nicht erkennen. »Er und einige Freunde – zumindest hat man mir erzählt, es wären Freunde gewesen – hatten Kriminelle dorthin gebracht … na ja, nicht wirklich Kriminelle, aber so haben sie sie genannt…« Der Mann bewegte sich, stimuliert von einer Ungeduld, die sie beinahe fühlen konnte. »Jedenfalls«, fuhr sie fort und redete jetzt schneller, »brachten er und seine Freunde diese Leute auf die Insel, um zujagen. Um sie zu jagen, die angeblichen
Kriminellen. Lepescu und seine Freunde wohnten auf einer nahe gelegenen Insel in einer Fischerhütte und flogen jeden Tag zur Jagd hinüber. Die Gejagten hatten nun eine Art Waffe
zusammengebastelt und schossen unseren Luftwagen ab, weil sie dachten, es wäre Lepescus. Sie nahmen uns gefangen. Als sie ihren Fehler bemerkten, wurde uns klar, dass man uns jetzt alle jagen würde; Lepescu würde versuchen, seine Verbrechen zu vertuschen.«
»Und niemand wusste, dass er auf diesem Planeten war?« Der Ton brachte die Ungläubigkeit zum Ausdruck.
»Dad fand später heraus, dass einer seiner Stations—
kommandanten bestochen worden war. In diesem Sonnensystem herrschte so viel Verkehr – es war der Höhepunkt der
Jagdsaison, und eine Menge Gäste reisten an und ab –, dass den anderen ein zusätzliches Schiff an einer Station nicht
aufgefallen war.«
»Hmpf.« Darin schwang immer noch Unglauben mit, aber ein scharfes Nicken gab Brun das Stichwort, mit der Erzählung fortzufahren.
»Raffa und ich sind nun zu einem alten Versteck aufgebrochen, das ich noch aus der Kindheit kannte«, sagte Brun.
Sie war selbst angespannt und spürte, wie sich ein dünner 110
Schweißfilm auf ihrer Haut ausbreitete. Sie dachte nicht gern an jene Nacht oder die nächsten Tage zurück. Sie rasselte die Geschichte herunter, so schnell sie konnte: Wie sie und Raffa jeder einen Eindringling töteten und ihre Waffen an sich nahmen; wie sie entdeckten, dass die Jäger das Wasser vergiftet hatten; die Flucht zur Höhle und die abschließende Konfrontation in der Höhle, wo Lepescu von Heris Serrano
umgebracht wurde.
Der Ausdruck des Mannes wechselte, als der Name Serrano fiel, aber er sagte nur: »Also haben Sie im Grunde jemanden getötet, der Sie umzubringen versuchte…«
»Ja.«
»Und hat es Ihnen Spaß gemacht?«
»Nein!« Das kam heftiger hervor, als sie geplant hatte.
»Hatten Sie Angst?«
»Natürlich hatte ich Angst. Ich bin kein … kein …«
Militärfreak lag ihr auf der Zunge, aber sie konnte es noch mal
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