Waffenschwestern
ein solches Vorgehen denkbar, und ich möchte, dass Sie mir offen antworten. Wollten Sie Chief Zuckermans Reputation schützen oder etwas persönlichen Ruhm ernten, indem Sie mir einen hübschen saftigen Knochen brachten?«
Barin zögerte, ehe er antwortete. »Sir, ich denke … ich war zunächst verwirrt. Ich war überrascht, als der andere Unteroffizier mir von Zuckerman erzählte; zuerst dachte ich, er hätte persönlich etwas gegen Zuckerman. Aber als er dann sagte, er hätte die Sache schon früher gemeldet, und ein Major hätte sie ernst genommen … dachte ich mir, dass ein echtes Problem vorliegen könnte. Nur hatten die von der Medizin nichts gefunden. Ich wusste nicht, warum der Uffz gerade mich ins Vertrauen gezogen hatte – ich fühlte mich dabei nicht wohl.
Also dachte ich mir, ich würde einfach die Augen offen halten und alles dokumentieren, was mir auffiel…«
»Und ist Ihnen etwas aufgefallen?«
»Nichts, was ich wirklich hätte mit Händen greifen können, Sir. Bei den Mannschaften fand ich weniger Respekt vor Chief Zuckerman, als ich dort eigentlich erwartet hätte, aber dieser Mangel war nicht ausgeprägt genug, um schon von 251
Insubordination zu reden. Mir fiel auf, dass Zuckerman in manchen Situationen nicht eingriff, in denen ich mit seiner Intervention gerechnet hätte. Ich konnte jedoch nur zwei echte Fehler seinerseits dokumentieren … und selbst Master Chiefs sind Menschen. Ich wollte nicht in der Gegend herumlaufen und Fragen stellen … er hatte Besseres verdient…«
»Jetzt warten Sie mal! Möchten Sie mir sagen, Sie hatten die Entscheidung getroffen … Sie hätten sich für qualifiziert gehalten zu entscheiden, dass Zuckerman ›Besseres verdient‹
hatte, als Fragen nach ihm zu stellen? Zuckerman hat Sie gemocht, so viel ist mir klar. Hat seine Vorliebe für Ihre Familie Sie vielleicht beeinflusst, oder haben Sie einfach nur komplett jeden Maßstab verloren?«
»Sir, jetzt weiß ich, dass ich jeden Maßstab verloren hatte, aber damals war mir das nicht klar.«
»Ich verstehe. Und Sie dachten, Sie würden ihn mal
unauffällig im Auge behalten, mögliche Probleme
dokumentieren und Ihre Meldung dann … Wem genau
gedachten Sie Meldung zu machen, mal vorausgesetzt, Sie fänden etwas?«
Unter diesem kühlen grauen Blick versuchte Barins Verstand beharrlich abzuschalten. Die Erfahrungen seines bisherigen Lebens legten ihm jedoch die richtige Antwort auf die Zunge, ungeachtet seiner Panik. »Dem direkten Vorgesetzten von Chief Zuckerman, Sir, also Lieutenant Commander Orstein.«
»So viel immerhin ist korrekt. Und womit rechneten Sie, falls Sie einen solchen Bericht erstatteten?«
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»Sir, ich dachte, Commander Orstein würde ihm nachgehen, vielleicht eigene Nachforschungen anstellen und dann eine Maßnahme ergreifen, die ihm angebracht erschien.«
»Und Sie wären die Verantwortung dann los?«
»Ja, Sir.«
»Und was dachten Sie, würde Orstein mit Ihnen anstellen, dem Welpen, der ihm diese unappetitliche Beute vorlegte?«
»Ich … habe darüber nicht nachgedacht, Sir.«
»Das zu glauben fällt mir schwer.«
»Sir, niemand kann darüber begeistert sein, dass ein Master Chief seinen … an Leistungsfähigkeit einbüßt, Sir. Master Chiefs sind … etwas Besonderes.« Das war nicht das richtige Wort, aber es war das Einzige, was ihm gerade einfiel.
»Ja, das sind sie. Wenn ich also korrekt zwischen Ihren Zeilen gelesen habe, dann erwarteten Sie, dass Lieutenant Commander Orstein Sie zur Schnecke machte und dann –vielleicht – eigene Nachforschungen anstellte.«
»Ja, Sir.«
»Sagen Sie mir, Serrano: Falls Sie auf zusätzliche Probleme gestoßen wären – sind Sie sicher, dass Sie es riskiert hätten, zur Schnecke gemacht zu werden, indem Sie über Zuckerman Meldung machten?«
»Ja, Sir!« Barin konnte nicht verhindern, dass sein Ton Erstaunen ausdrückte.
»Naja, das ist immerhin etwas. Gestatten Sie mir zu
wiederholen, was, wie ich sicher bin, Dockery Ihnen bereits auseinander gesetzt hat: Es ist ärgerlich, wenn ein 253
Subalternoffizier keine Initiative zeigt und einen Vorgesetzten mit geringfügigen Problemen belästigt. Es ist jedoch gefährlich und – auf lange Sicht – illoyal, wenn ein Subalternoffizier einem Vorgesetzten ein ernstes Problem verschweigt. Hätten Sie früher Meldung gemacht, dann hätte man sich früher und in der zuständigen Abteilung angemessen um Chief Zuckermans
Probleme – worin auch immer sie bestehen – kümmern
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