Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel
von denen der Mannschaftsgrade abgrenzte, wie Tieden bemerkte. Ein Kellner, der sogenannte Pantry, stand hinter einer Art Theke und nahm ihre Getränkewünsche entgegen: zwei Kaffee mit Milch und Zucker.
Tieden durchquerte zügig den mit rot gepolsterten Sitzgelegenheiten ausgestatteten Raum und öffnete eine gläserne Schiebetür, hinter der ein langer Tisch mit gepolsterter Bank und Stühlen stand. »Hier können Sie in Ruhe alle Gespräche führen, die Sie für notwendig erachten«, sagte er. »Ich werde die Kameraden, mit denen Herr Baumann zu tun hatte, informieren und zu Ihnen schicken. Mich selbst entschuldigen Sie bitte, ich muss mich mit dem Zwo NO zur Besprechung unserer morgigen Übung treffen.«
Kaum war er verschwunden, öffnete sich die Schiebetür fast geräuschlos, und der Kellner brachte die beiden Kaffees. Bevor er ebenso lautlos wieder verschwand, sprach Oda ihn an. »Sagen Sie, wenn Sie für die Versorgung der Portepeeunteroffiziere zuständig sind, kannten Sie doch garantiert auch Fabian Baumann.«
Der Angesprochene nickte. »Ja.«
»Was war das denn für ein Typ?«
Der Gesichtsausdruck des Pantrys war ein einziges Fragezeichen. »Wie meinen Sie das?«
»Na, Sie werden doch eine Meinung über die Leutchen haben, denen Sie hier hin und wieder einen Kaffee oder sonst was kredenzen. Und ich würd gern von Ihnen wissen, was für ein Typ der Baumann Ihrer Meinung nach war.«
»Darüber kann ich nicht viel sagen. Er war immer aufgeschlossen und nett.«
Christine spürte, wie unwohl sich der junge Mann fühlte. »Danke«, sagte sie, und sichtlich erleichtert verließ der Soldat den kleinen Raum. Oda sah sie fragend an.
»Was sollte das denn jetzt?«, beschwerte sie sich. »Da bin ich mittendrin, und du schickst den weg?«
»Oda.« Christine konnte den leichten Tadel in ihrer Stimme nicht verbergen, weshalb Oda sofort das Gesicht verzog. »So viel hab selbst ich mittlerweile über die Marine mitbekommen, dass hier alles nach eigenen Gesetzmäßigkeiten abläuft. Und der Typ, der uns gerade den Kaffee gebracht hat, ist kein Offizier, sondern wohl eher einer der Mannschaftsgrade. Darum wird der einen Teufel tun und sich mit uns offen über einen Offizier unterhalten. Hier an Bord schon mal gar nicht. Wir müssen mit denen sprechen, die auf Augenhöhe mit Baumann zu tun hatten oder von denen wir wissen, dass sie auch privat miteinander verkehrten.«
Die Schiebetür öffnete sich, kaum dass Christine die letzten Worte ausgesprochen hatte.
»Verzeihen Sie, dass ich Ihren letzten Satz mithörte, aber die Scheiben sind nicht wirklich schalldicht.« Der junge Mann trat ein und reichte ihnen die Hand. »Zwo SVM Malte Kleen«, stellte er sich vor. »Käpten Tieden bat mich, zu Ihnen zu kommen. Auch wenn der DO Baumann und ich rein dienstlich nicht viel miteinander zu schaffen hatten, so waren wir privat doch gute Kameraden.«
»Nehmen Sie bitte Platz«, forderte Christine ihn auf. Als kurz darauf der Pantry mit einer Cola für Kleen eintrat, registrierte sie, was für eine Autorität dieser junge Soldat ausstrahlte.
»Sie waren also mit Herrn Baumann befreundet. Erzählen Sie uns von ihm«, bat Christine, nachdem die Schiebetür wieder geschlossen war.
»Befreundet …« Kleen ließ dieses Wort ein wenig nachklingen. »Das ist dann vielleicht doch ein wenig zu viel. Wie gesagt, gute Kameraden würde es eher treffen.«
»Das haben Sie sehr diplomatisch ausgedrückt, aber Sie verstehen sicher, dass wir uns nicht mit Diplomatie aufhalten wollen. Waren Sie nun mit Fabian Baumann befreundet oder nicht?«
»Na gut, wir waren zwar keine engen Freunde, aber ja, das könnte man so sagen.«
»Sie sind kein Offizier?«
»Nein. Ich bin Zweiter Schiffsversorgungsmeister und habe den Dienstgrad Oberbootsmann.«
»Inwieweit hatten Sie dienstlich mit Baumann zu tun?«
»Als SVM bin ich für die interne Administration und die logistische Nachversorgung verantwortlich. Das kreuzt sich dann schon mit den Aufgabenbereichen eines Deckoffiziers.«
»Haben Sie etwas mitbekommen über irgendwelchen Ärger, den Baumann in der letzten Zeit hatte? Gab es Streit an Bord?«
Das Nein des Oberbootsmanns kam wie aus der Pistole geschossen.
»Nein?«, hakte Oda nach. »Haben Sie nichts mitbekommen, oder gab es keinen Ärger?«
»Sowohl als auch.« Kleen griff ganz entspannt zu seiner Cola und trank einen Schluck. »Wenn es Ärger gibt, kriegen wir das mit. Alle. Unsere Welt an Bord der Fregatte ist klein. Wir gehören
Weitere Kostenlose Bücher