Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel
aufgetaucht. Genau zu der Zeit, als Oda und Alex mit Jürgen zusammenziehen wollten. Laura hatte sich mit ihrer Mutter überworfen, war zwischenzeitlich in einem Wohnheim gewesen, hatte Jürgen als ihren Vater ausfindig gemacht und von jetzt auf gleich vor seiner Tür gestanden. Das hatte die Beziehung hart auf die Probe gestellt, denn Oda hatte nichts von Jürgens Tochter gewusst und sah das Vertrauen, das für sie innerhalb einer Partnerschaft unerlässlich war, zutiefst verletzt. Deshalb hatte sie für sich und Alex entschieden, vorerst nicht mit Jürgen zusammenzuziehen, zumal die neue Wohnung nicht auf zwei Erwachsene und zwei kaum miteinander vertraute junge Menschen ausgelegt war. Jürgen war schweren Herzens allein mit seiner Tochter in die Räume gezogen, die Oda und er in Eigenarbeit und mit viel Liebe als gemeinsames Nest hergerichtet hatten, während Oda und Alex in ihrer alten Wohnung in der Holtermannstraße geblieben waren.
»Ach, hör bloß auf. Wir haben ja gedacht, Laura fängt sich, wenn sie hier lebt, weil in Wilhelmshaven alles etwas ruhiger zugeht als in der Großstadt und sie in Jürgen einen besonnenen Vater hat, auf dessen Meinung sie Wert legt. Aber da war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. Laura geht nicht regelmäßig zur Schule, findet Jürgen spießig, kommt am Wochenende teilweise gar nicht nach Hause und bricht regelmäßig einen Streit vom Zaun, wenn Jürgen ihr deswegen eine Standpauke hält. Er hat jetzt mit Martha gesprochen. Immerhin hat sie das Sorgerecht. Ich finde es überhaupt ganz großartig, dass Jürgen sich so um Laura bemüht, wo Martha doch all die Jahre über verhindert hat, dass er Kontakt zu seiner Tochter aufnimmt.« Oda biss in ihr Brötchen. Etwas Remoulade lief am Rand heraus, aber das war egal. Es schmeckte köstlich.
»Und was hat Martha gesagt?«, fragte Christine, die ihr Schinkenbrötchen natürlich ausgesprochen damenhaft aß, aber da konnte ja auch keine Remoulade rauströpfeln.
»Martha sagt, dass Laura dann wieder in so eine Institution für schwer erziehbare Jugendliche ziehen muss, weil sie eben auch nicht mit ihr klarkommt. Ganz schön beschissen, das alles. Man kann Martha ja nicht mal Vorwürfe machen. Also, so wirkliche, meine ich. Denn wir haben natürlich keinen blassen Schimmer, wie es bei ihr gelaufen ist.«
»Aber du bist doch auch alleinerziehend und hast Alex zu einem Prachtkerl erzogen«, gab Christine zu bedenken.
»Danke.« Oda nahm das erfreut als Kompliment auf.
Es stimmte ja auch. Ihr gerade volljährig gewordener Sohn hatte die Schule trotz der Trennung seiner Eltern gut durchlaufen und sich zu einem recht verantwortungsbewussten jungen Mann entwickelt. Zwar gab es mit ihm immer mal wieder den einen oder anderen Disput, aber niemals wirkliche Schwierigkeiten. Allerdings musste sie zugeben, dass sie sich auch immer an Thorsten hatte wenden können, wenn es schwierig geworden war. Das war zwar nur ein- oder zweimal der Fall gewesen, aber immerhin waren Thorsten und sie sich stets einig gewesen über das, was Alex betraf. Allerdings auch wirklich nur über das, was Alex betraf.
»Na, jedenfalls ist da derzeit ganz schön Dampf auf dem Kessel«, sagte Oda. »Selbst Alex stößt bei Laura auf taube Ohren. Dabei sah es zu Anfang ganz danach aus, dass Laura zumindest ihn respektieren würde.« Sie trank einen Schluck Kaffee. »Aber lass uns mal nicht von mir reden. Wie sieht’s denn bei dir aus? Das mit Steegmann ist ernster geworden, oder?«
Bei diesen Worten breitete sich ein fast schon glückliches Lächeln auf Christines Gesicht aus. Oda hätte sich zu gern darüber gefreut, wären da nicht ihre Zweifel, was den Staatsanwalt betraf.
»Na ja.« Christine versuchte augenscheinlich, ihr Strahlen zu überspielen, »wir verstehen uns immer besser.«
Oda konnte nicht anders. Allein schon aus Sorge darüber, dass Christine wieder von einem Mann gelinkt werden könnte, fragte sie: »Hat er denn mittlerweile mal gesagt, wann er das mit der Trennung von seiner Frau offiziell machen will? Oder hat er das schon? Zu mir ist bislang jedenfalls nichts durchgedrungen, und normalerweise ist das Kollegium ja sehr schnell, was solche Sachen betrifft.« Sie warf einen Blick auf die Brot- und Kuchentheke und überlegte kurz, ob sie sich noch einen Nachtisch in Form eines kleinen Joghurt-Törtchens holen sollte, doch sie verwarf diesen Gedanken sofort wieder. Das würde den Unterhaltungsfluss mit Christine unterbrechen und sich trotz Joghurt
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