Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel
noch zur Klasse 122, die neueren Fregatten sind wesentlich moderner und größer. Glauben Sie mir, wir haben unsere eigene kleine Welt, da bleibt nichts wirklich verborgen.« Selbstsicher lehnte Kleen sich zurück.
»Dann wissen Sie sicherlich auch, dass Ihr Kamerad mit Drogen zu tun hatte«, sagte Christine lapidar und hob beiläufig ihre Tasse an den Mund.
»Drogen?« Kleens Lächeln wirkte für einen kurzen Moment unsicher.
»Ja. Cannabis, psilocybinhaltige Pilze und so etwas.« Es machte Christine beinahe Spaß, die Reaktion dieses gerade noch so selbstbewussten Marinesoldaten zu beobachten, dessen an Arroganz grenzende Selbstsicherheit lawinenartig den Bach runterging.
* * *
Malte kehrte nach seinem Gespräch mit den beiden Kommissarinnen aufgewühlt in sein Büro zurück. Er ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen. Wie hatte Fabian nur so unvorsichtig sein können, das Cannabis und die Psilos bei sich zu Hause aufzubewahren? Von anderen Dingen, die die Kripo bislang Gott sei Dank nicht erwähnt hatte, ganz zu schweigen. Verdammt! Er hieb mit der Faust auf den Tisch. Das altmodische Telefon wackelte ebenso, wie der Kugelschreiber einen kurzen Hüpfer tat.
Wer von den Kameraden an Bord hatte von den Drogen gewusst? Abstreiten würden es sicher alle. So was gab man nicht ohne Beweise zu, keiner von ihnen. Die berufliche Laufbahn war von einer sauberen Weste abhängig. Bei einigen von ihnen stand jetzt die Entscheidung an, ob dem Antrag auf Wechsel vom Zeitsoldaten zum Berufssoldaten stattgegeben wurde. Das war nicht ohne Schwierigkeiten zu erreichen, denn im Zuge der Bundeswehrreform wurden Stellen abgebaut, nicht aufgerüstet. Da musste man sich in den zwei Jahren an Bord bewähren, konnte frühestens nach einem Jahr den Antrag auf Berufssoldat stellen und brauchte eine verdammt gute Beurteilung. Und die setzte keiner aufs Spiel. Nicht für einen toten Kameraden. Auch wenn das sogar in Maltes Ohren bitter klang, war es doch die Wahrheit. Wer lebt, hat recht. Den Toten konnte man nur ein ehrendes Andenken bewahren.
Malte stützte den Kopf auf beide Hände. »So haben wir uns das nicht gedacht, Fabian«, murmelte er fast lautlos.
* * *
»Da haben wir ja einiges an Informationen über Baumann bekommen«, sagte Oda, als sie wieder in Christines geschlossenem Cabrio saßen – das Stoffverdeck war der Jahreszeit entsprechend einem Hard-Top, oder wie man so was nannte, gewichen – und den Marinestützpunkt verließen.
»Und der Tenor war überall gleich. Netter Typ, kameradschaftlich, alles gut.«
Sie hatten mit insgesamt sechs Kameraden und Kameradinnen gesprochen, die alle über eine Spezialausbildung im Nahkampfbereich verfügten, und auch wenn die Gespräche inhaltlich unterschiedlich verlaufen waren, blieb die Tendenz eindeutig: Fabian Baumann galt zwar bei manchen als kleiner Aufschneider, konnte einigen auch durchaus auf die Nerven gehen mit seiner Überheblichkeit, aber niemand wollte von Drogen gewusst haben. Und niemand hatte eine Ahnung, mit wem Baumann eine derart heftige Auseinandersetzung gehabt haben könnte.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass das mit Fabians Leben innerhalb der Marine in Verbindung steht«, hatte Malte Kleen gesagt. Und auch die anderen Kameraden wollten einen Konflikt höchstens in Fabian Baumanns Privatleben für möglich erachten.
Oda warf einen Blick auf die Uhr. »Mittagszeit. Was hältst du von einer Pause außerhalb der Polizeiinspektion?«
»Gern«, stimmte Christine sofort zu. »Wo denn?«
»Och, mir reicht der Bäcker neben Aldi, ein belegtes Brötchen und ’n Kaffee. Dann können wir auch ein bisschen klönen.«
»Ist ’ne gute Idee.« Christine bog vom Mühlenweg in die Gökerstraße ein, passierte den COMBI , eine Deichmann-Filiale, und stellte den Wagen auf dem weitläufigen Parkplatz ab.
Kurz darauf saßen sie an einem kleinen Tischchen am Fenster. Der Kaffee dampfte aus Keramikbechern, auf ihren Tellern lag je ein Brötchen, wobei Christines Bestellung – sie achtete ja immer auf ihre schlanke Linie – gelautet hatte: »Nur mit einem Hauch von Butter, Salat und etwas Kochschinken, bitte.«
Oda nahm das volle Programm: Remoulade, Salat, Gurke, Tomate und Käse. Wenn schon, denn schon. Aber ein Körnerbrötchen musste es natürlich sein, allein schon der Verdauung zuliebe.
»Was macht denn Laura?«, fragte Christine. Laura war die uneheliche fünfzehnjährige Tochter von Odas Freund Jürgen. Im Sommer war sie überraschend in Wilhelmshaven
Weitere Kostenlose Bücher