Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
Vom Netzwerk:
Bellini-Klein abgeschickt worden war, womöglich sogar vor dem Mord. »Todesfall«, verbesserte der Chefredakteur mich. Als die Kriminalpolizei anrief, was denn mit dem Kuvert sei, hatte er schon die Antwort parat: Es liege bereit.
    Ich nahm noch einen Schluck Whiskey und begann meine Story zu schreiben. Möglichst trocken, keine Vorverurteilungen. Sie wurde auch so gut genug. Der anonyme Brief, der am Todestag aufgegeben wurde, wahrscheinlich schon vor dem Tod Bellini-Kleins. Der Tod war erst um 22.30 Uhr erfolgt. Und dann waren noch die richtigen Buchstaben zu finden, der Brief zu kleben, und dann musste man erst zum Westbahnhof fahren. Theoretisch möglich, dass sich das zwischen 22.30 Uhr und Mitternacht abspielte, aber unwahrscheinlich. Ich schrieb und schrieb. Es würde mein erster politischer Blattaufmacher werden. Lifestyle-Geschichten über Glückspillen oder das Liebesleben der Österreicherinnen hatte ich als Routine betrachtet. Aber jetzt hatte es mich gepackt. Ich beschrieb, ich erzählte Details und ließ doch Wesentliches aus. Dass man auf uns geschossen hatte, dass Vesna einen Koffer mit Schwarzgeld gesehen hatte. Dafür gab es keine Beweise.
    Der Text wurde um eine Seite zu lang. Mir war eine gute Story gelungen. Auch Hofer hatte ich vorsichtig hineinverpackt. Ich hatte nur zitiert, was er zu Vogl gesagt hatte. Den Rest konnten sich die Leserinnen und Leser selbst denken.
    Ich ging zu Droch. »Eine Seite zu viel«, sagte ich.
    Er holte sich die Story auf seinen Bildschirm. Las sie, korrigierte hie und da einen Beistrich – Beistriche sind meine schwache Seite – und drehte sich schließlich um. »Okay, da wird kein Wort geändert. Du bist gut, weißt du das?«
    Ich begann zu strahlen. »Und das sagst du nicht bloß so?«
    »Das hätte ich auch schon gesagt, als ich dich noch für die oberflächliche Lifestyle-Nudel hielt, der der Vater alle Wege geebnet hat.«
    Interessantes erfuhr man da. Mir war es egal. Ich war gut.
    »Und was jetzt?«, fragte Droch und holte mich wieder auf den Boden zurück.
    Ich war gut, aber es gab viel mehr offene Fragen, als sich in der Story wiederfanden. »Wir müssen noch die Wahlkampfreportage schreiben«, sagte ich.
    »Ist bereits erledigt. Wir haben nicht so viel Platz, ein paar Bilder, ein paar Bildunterschriften, ein kurzer Text.«
    Ich las Drochs Zusammenfassung, schaute die Bilder durch. Unter den Fotos standen einige Originalzitate von Vogl. Leistung beim Milliardär. Sozialplan bei den Arbeitslosen. EU und Familie im Dorf am Ende der Welt, weinseliges Österreich beim Weinbauern. Und alles an einem Tag. Das sprach für sich. Großartig. Ich sah mir die Bilder noch einmal an. Das war erst zwei Tage her?
    Am späteren Nachmittag rief ich ein Taxi und fuhr heim. Vesna konnte nicht von zu Hause weg. Ihr Mann hatte einen neuen Job, aber 100 Kilometer von Wien entfernt. Also blieb er die Woche über dort. Ich duschte mich, konnte es kaum glauben, dass das Handtuch noch von der letzten Dusche feucht war, und legte mich ins Bett. Als ich die Augen schloss, drehte sich alles um mich herum. Das war die Übermüdung. Oder der Whiskey. Oder beides. Ich öffnete die Augen und schloss sie wieder und schlief vier Stunden. Ich wollte mich noch einmal im Bett umdrehen. Aber ich war eindeutig munter. Jetzt könnte ich schlafen, und was war? Ich war total wach. Ich stand auf. Noch eine Dusche. Es war erst neun am Abend. Fernsehen? Nein, ich hatte Hunger. Diesmal war es wirklich passiert: Ich hatte keine Zeit gefunden, einkaufen zu gehen. Im Gefrierschrank nichts, was mich reizte. Ich wollte etwas Gutes essen und dachte an die Fischerhütte.
    Ein Restaurant. Allein? Warum nicht? Ich war allein, ich hatte eine hervorragende Story geliefert. Meinen ersten richtigen Aufmacher. Das war doch eine Feier wert. Kein Risiko: Mit dem Taxi hin und zurück. In einem wirklich guten Lokal mit erstklassiger Küche wurde man nicht erschossen. Der Ausflug würde teuer werden. Was soll’s, ich hätte tot sein können. Vielleicht war ich bald tot. Warum also nicht weiter das Konto Überziehen? überlebte ich, würde ich das Minus dankbar abarbeiten. Überlebte ich nicht, hatte ich wenigstens noch einmal gut gegessen. Meine Furcht war ein Vorwand, bloß ein Vorwand, und das war gut so. Los.
    Ich betrat das Restaurant und sah mich nach einem Tisch um. Ein Ober kam und murmelte: »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich hätte gerne einen Tisch.«
    »Für wie viele Personen?«
    »Eine.«
    Sein dienstfertiges

Weitere Kostenlose Bücher