Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
betrachteten, das aus einem Reich jenseits allen Talents stammte. Das Gefühl, das diese Duma-Bilder vermittelten, war Horror, kaum im Zaum gehalten. Horror, der darauf wartete, sich ereignen zu können. Mit verrotteten Segeln einlaufend.
     
     
     
     
     
    V Ich war wieder hungrig. Ich machte mir ein Sandwich und aß es vor meinem Computer. Ich informierte mich über die weitere Tournee der Hummingbirds - das war bei mir zu einer regelrechten kleinen Obsession geworden -, als das Telefon klingelte. Der Anruf kam von Wireman.
    »Meine Kopfschmerzen sind weg«, sagte er.
    »Meldest du dich immer so?«, fragte ich. »Muss ich damit rechnen, dass dein nächster Anruf mit ›Ich hatte eben Stuhlgang‹ beginnt?«
    »Tu das nicht leichthin ab. Ich hatte die Kopfschmerzen, seit ich mit einer Kugel im Kopf auf dem Fußboden im Esszimmer aufgewacht bin. Manchmal ist es nur ein Hintergrundgeräusch, und manchmal dröhnt er wie eine Neujahrsnacht in der Hölle, aber er tut immer weh. Und dann, vor einer halben Stunde, haben die Schmerzen einfach aufgehört . Ich war dabei, mir einen Kaffee zu machen, und sie haben einfach aufgehört . Ich konnte es nicht glauben! Anfangs dachte ich, ich muss tot sein. Ich gehe wie auf Eiern und warte darauf, dass sie zurückkommen und mir wirklich eins mit Maxwells Silberhammer überbraten, aber das haben sie nicht getan.«
    »Lennon/McCartney«, sagte ich. »1968. Und erzähl mir bloß nicht, dass ich mich diesmal irre.«
    Er erzählte mir gar nichts. Lange Zeit nicht. Aber ich konnte ihn atmen hören. Dann sagte er schließlich: »Hast du was gemacht, Edgar? Sag es Wireman. Erzähl es deinem Daddy.«
    Ich überlegte, ob ich behaupten sollte, ich hätte nicht das Geringste getan. Dann stellte ich mir vor, wie er in der grauen Mappe nachsah und merkte, dass ein Röntgenbild fehlte. Und ich begutachtete mein Sandwich, das verwundet, aber noch längst nicht tot war. »Was ist mit deinem Sehvermögen? Hat sich da auch was verändert?«
    »Nein, der linke Scheinwerfer ist nach wie vor blind. Und nach Principes Urteil wird er auch nicht wieder. Nicht in diesem Leben.«
    Scheiße. Aber hatte ein Teil meines Ich nicht gewusst, dass das Werk noch unvollendet war? Mein morgendliches Intermezzo mit Sharpie und Karton war nichts im Vergleich zu dem ausgewachsenen Orgasmus von letzter Nacht gewesen. Ich war müde. Ich wollte heute nichts mehr tun, als dazusitzen und auf den Golf hinauszustarren. Zusehen, wie die Sonne im caldo largo versank, ohne das Scheißding zu malen. Nur ging es hier um Wireman. Wireman , verdammt noch mal.
    »Bist du noch da, muchacho? «
    »Ja«, sagte ich. »Kannst du Annmarie Whistler heute Nachmittag für ein paar Stunden kommen lassen?«
    »Warum? Wozu das?«
    »Damit du mir für ein Porträt Modell sitzen kannst«, sagte ich. »Wenn dein Auge noch immer blind ist, brauche ich wahrscheinlich Wireman in Person.«
    »Du hast also was gemacht.« Er sprach leise. »Hast du mich schon gemalt? Aus dem Gedächtnis?«
    »Sieh in der Mappe mit den Röntgenaufnahmen nach«, sagte ich. »Sei gegen vier Uhr hier. Ich will erst ein bisschen schlafen. Und bring was zu essen mit. Malen macht mich hungrig.« Ich überlegte, ob ich stattdessen eine bestimmte Art von Malerei sagen sollte, und verzichtete darauf. Ich hatte genug gesagt, fand ich.
     
     
     
     
     
    VI Ich war mir nicht sicher, ob ich würde schlafen können, aber es klappte. Mein Wecker klingelte um drei Uhr. Ich ging ins Little Pink hinauf und begutachtete meinen Vorrat an leeren Leinwänden. Die größte maß einen mal eineinhalb Meter, und diese wählte ich aus. Ich zog die Stütze meiner Staffelei zu voller Länge aus und stellte die Leinwand im Hochformat darauf. Diese leere Fläche, die einem hochkant stehenden weißen Sarg glich, löste in meinem Magen und meinen rechten Arm hinunter ein aufgeregtes kleines Flattern aus. Ich bewegte die Finger meiner Rechten. Ich konnte sie nicht sehen, aber ich konnte fühlen, wie sie sich öffneten und schlossen. Ich konnte spüren, wie die Fingernägel sich in die Handfläche gruben. Sie waren sehr lang, diese Nägel. Sie waren seit dem Unfall gewachsen, und ich konnte sie nicht schneiden.
     
     
     
     
     
     
    VII Ich reinigte meine Pinsel, als Wireman in seinem schlurfenden Bärentrab den Strand entlangkam, dass die Piepser vor ihm auseinanderstoben. Er trug Jeans und einen Pullover, keinen Mantel. Die Temperaturen hatten angefangen, wieder zu steigen.
    An der Haustür brüllte

Weitere Kostenlose Bücher