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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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getragen. Tauchen mag Anfang der Zwanzigerjahre sein Hobby gewesen sein, aber ich denke, dass er etwa ab 1925 lieber reichlich gegessen hat.Wer hat ihm also davon erzählt?«
    Annmarie kam aus der Tür fast am Ende des Korridors. Auf ihrem Gesicht stand ein dümmliches, ungläubiges Grinsen, das sie halb so alt wie ihre vierzig Jahre aussehen ließ.
    »Kommt rein«, sagte sie. »Es ist wundervoll.«
    »Ist sie...«
    »Ja, das ist sie«, hörten wir Elizabeth’ brüchige, aber unverkennbare Stimme. »Herein mit Ihnen, Wireman, und lassen Sie mich Ihr Gesicht sehen, solange ich es noch kenne!«
     
     
     
     
     
     
    IX Ich blieb mit Annmarie auf dem Korridor, wusste nicht recht, was ich tun sollte, und betrachtete die Nippes und den großen alten Frederic Remington an der Querwand - Indianer auf kleinen Pferden. Dann rief Wireman mich. Seine Stimme klang ungeduldig und von Tränen heiser.
    Der Raum lag im Halbdunkel. Alle Jalousien waren heruntergelassen. Aus Lüftungsschlitzen irgendwo über uns drang mit leisem Summen gekühlte Luft. Neben ihrem Bett stand ein Tischchen mit einer Lampe. Der Lampenschirm bestand aus grünem Glas. Das Bett, ein richtiges Krankenhausbett, war hochgekurbelt, sodass Elizabeth fast saß. Die Lampe tauchte sie in sanfte Helligkeit und ließ ihr offenes Haar glänzen, das locker auf die Schultern eines rosa Morgenrocks fiel. Wireman saß neben ihr und hielt ihre Hände. Über ihrem Bett hing das einzige Bild in diesem Raum: ein guter Kunstdruck von Edward Hoppers Eleven A.M. , eine Darstellung prototypischer Einsamkeit, die am Fenster geduldig auf eine Veränderung, irgendeine Veränderung wartet.
    Irgendwo tickte eine Uhr.
    Elizabeth sah mich an und lächelte.Auf ihrem Gesicht las ich drei Dinge. Sie trafen mich nacheinander wie Steine - einer schwerer als der andere. Das erste war, wie sehr sie abgenommen hatte. Das zweite war, dass sie schrecklich erschöpft aussah. Das dritte war, dass sie nicht mehr lange zu leben hatte.
    »Edward«, sagte sie.
    »Nein …«, begann ich, aber als sie eine Hand hob (wobei das Fleisch als schneeweißer Beutel vor ihrem Ellbogen herabhing), verstummte ich sofort. Denn es gab noch ein viertes Ding zu sehen, das mich am schwersten traf - nicht wie ein Stein, sondern wie ein Felsblock. Ich sah mich selbst. Dies war, was die Leute nach meinem Unfall gesehen hatten, als ich versucht hatte, die erbärmlichen zerstreuten Reste meiner Erinnerungen aufzuklauben: all diese Schätze, die auf so hässliche, nackte Weise nach verstreutem Müll aussahen. Ich erinnerte mich daran, wie ich den Namen meiner Puppe vergessen hatte, und wusste, was als Nächstes kommen würde.
    »Ich schaffe das«, sagte sie.
    »Ich weiß, dass Sie’s können«, sagte ich.
    »Sie haben Wireman aus dem Krankenhaus zurückgebracht«, sagte sie.
    »Ja.«
    »Ich hatte solche Angst, dass sie ihn dabehalten würden. Und ich allein sein würde.«
    Dazu äußerte ich mich nicht.
    »Sind Sie Edmund?«, fragte sie zaghaft.
    »Miss Eastlake, überanstrengen Sie sich nicht«, sagte Wireman behutsam. »Das ist...«
    »Pst, Wireman«, sagte ich. »Sie schafft das.«
    »Sie malen«, sagte Elizabeth.
    »Ja.«
    »Haben Sie das Schiff schon gemalt?«
    Mit meinem Magen passierte etwas Seltsames. Er sackte nicht nach unten, sondern schien vielmehr zu verschwinden und einen Leerraum zwischen Herz und Eingeweiden zurückzulassen. Meine Knie wurden weich, drohten nachzugeben. Der Stahl in meiner Hüfte wurde heiß. Mein Genick fühlte sich eiskalt an. Und ein prickelndes Feuer lief den Arm hinauf, der nicht mehr da war.
    »Ja«, sagte ich. »Wieder und wieder und wieder.«
    »Sie sind Edgar«, sagte sie.
    »Ja, Elizabeth. Ich bin Edgar. Gut für Sie, Schätzchen.«
    Sie lächelte. Vermutlich war sie schon sehr lange nicht mehr Schätzchen genannt worden. »Mein Verstand gleicht einer Tischdecke mit einem mitten hineingebrannten großen Loch.« Sie wandte sich an Wireman. »¿Muy divertido, sí?«
    »Sie brauchen Ruhe«, sagte er. »Sie sollten wirklich dormir como un tronco .«
    Sie lächelte schwach. »Wie ein Stück Holz. Ja. Und ich glaube, dass ich noch da sein werde, wenn ich wieder aufwache. Für eine kleine Weile.« Sie hob seine Hände an ihr Gesicht und küsste sie. »Ich liebe Sie, Wireman.«
    »Ich liebe Sie auch, Miss Eastlake«, sagte er. Gut für ihn.
    »Edgar?... Sie heißen doch Edgar?«
    »Was glauben Sie, Elizabeth?«
    »Ja, natürlich heißen Sie so. Sie bekommen eine Ausstellung? Das war

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