Wahn - Duma Key
Und ich wusste, weshalb.
Ich wusste genau, weshalb.
Ich stand erneut auf, drückte auf Wahlwiederholung, hörte mir die aufgezeichnete Nachricht an und wählte nochmals Darios Nebenstelle. Wieder forderte mich seine Tonbandstimme auf, nach dem Piepton eine Nachricht zu hinterlassen. »Bis auf die Nummer acht «, sagte ich. »Die ist weiterhin unverkäuflich.«
Und weshalb war sie unverkäuflich?
Nicht weil sie genial gemalt war, obwohl ich glaube, dass sie das war. Nicht einmal weil es für mich so war, als hörte ich den finstersten Teil meines Herzens seine Geschichte erzählen, wenn ich sie ansah. Sondern weil ich das Gefühl hatte, irgendetwas habe mich nur leben lassen, damit ich dieses Bild malen konnte. Und ein Verkauf hätte bedeutet, mein eigenes Leben zu leugnen - und alle Schmerzen, die ich durchlitten hatte, um es zurückzugewinnen.
Ja, genau.
»Die Nummer acht gehört mir, Dario«, sagte ich.
Dann ging ich ins Bett zurück, und diesmal konnte ich einschlafen.
WIE MAN EIN BILD ZEICHNET (VII)
Denken Sie daran, dass »Sehen ist Glauben« das Pferd vom Schwanz her aufzäumt. Kunst ist der konkrete Ausdruck von Hoffnung und Glauben, die Realisierung einer Welt, die sonst kaum mehr als ein über eine Kluft voller Mysterien gespannter Schleier zweckloser Bewusstheit wäre. Und außerdem: Wer wird Ihre Kunst glauben, wenn Sie selbst nicht glauben, was Sie sehen?
Die Katastrophe nach dem Schatzfund hatte vor allem mit Glauben zu tun. Elizabeth war unwahrscheinlich begabt, aber sie war nur ein Kind - und bei einem Kind ist Glauben eine gegebene Tatsache. Er gehört einfach zur Grundausstattung. Ebenso sind Kinder, auch die begabten ( vor allem die begabten), noch nicht im Besitz ihrer vollen geistigen Fähigkeiten. Ihre Vernunft schläft noch, und der Schlaf der Vernunft gebiert Monster.
Hier ist ein Bild, das ich nie gemalt habe:
Eineinige Zwillinge, die identische Jumper tragen, nur dass einer rot mit einem L auf der Vorderseite und der andere blau mit einem T ist. Die kleinen Mädchen halten sich an den Händen, als sie den Weg entlangrennen, der zum Shade Beach führt. So nennen sie den Strand, weil er den größten Teil des Tages im Schatten von Hag’s Rock liegt. Auf ihren blassen runden Gesichtern sind Tränenspuren zu sehen, aber die werden bald verschwinden, weil sie zu verängstigt sind, um zu weinen.
Wenn Sie das glauben können, dürfen Sie den Rest sehen.
Eine riesige Krähe fliegt langsam an ihnen vorbei: im Rückenflug, mit starr ausgestreckten Flügeln. Sie spricht mit der Stimme ihres Daddys zu ihnen.
Lo-Lo stolpert, fällt und schneidet sich die Knie an Muscheln auf. Tessie zieht sie wieder hoch. Sie rennen weiter. Es ist nicht die auf dem Rücken fliegende sprechende Krähe, vor der sie Angst haben, oder die Art und Weise, wie das Himmelsblau sich manchmal in Sonnenuntergangsrot verwandelt, bevor es wieder zu Blau wird; Angst haben sie vor dem Ding hinter ihnen.
Vor dem Big Boy.
Selbst mit seinen Reißzähnen sieht er ein bisschen wie einer der komischen Frösche aus, die Libbit früher gezeichnet hat, aber dieser ist so viel größer und real genug, um einen Schatten zu werfen. Real genug, um zu stinken und die Erde bei jedem seiner Sprünge erzittern zu lassen. Seit Daddy den Schatz gefunden hat, sind sie durch alle möglichen Dinge geängstigt worden, und Libbit sagt, dass sie es nicht wagen dürfen, nachts ihr Zimmer zu verlassen oder auch nur aus dem Fenster zu schauen, aber jetzt ist Tag, und das Ding hinter ihnen ist zu real, um unglaubhaft zu sein, und es holt auf.
Nächstes Mal ist es Tessie, die hinfällt, und Lo-Lo zieht sie hoch, wobei sie sich ängstlich nach dem Ding umsieht, das sie verfolgt. Es wird von Insekten umschwirrt, die es manchmal mit der Zunge aus der Luft angelt. Lo-Lo kann Tessie in einem hervorquellenden, blöden Auge sehen. Sie selbst ist in dem anderen.
Sie stürmen keuchend und außer Atem auf den Strand hinaus und können jetzt nur noch ins Wasser. Aber vielleicht gibt es doch eine andere Möglichkeit, denn das Schiff, das sie in den letzten paar Wochen immer häufiger gesehen haben, ist wieder da. Libbit sagt, dass es nicht ist, was es zu sein scheint, aber im Augenblick ist es ein schwimmender weißer Traum von Sicherheit, und außerdem … sie haben keine andere Wahl. Der Big Boy ist ihnen dicht auf den Fersen.
Er ist aus dem Swimmingpool gekommen, als sie eben damit fertig waren, im Rampopo, dem Spielhaus auf dem Rasen, Adies Hochzeit zu
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