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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Angehörigen gesessen, geredet, gelacht und - dessen war ich sicher - auf meine Produktivität und meinen Erfolg angestoßen hatten. Ich zog die letzte Champagnerflasche aus dem Wasser, in dem sie stand, hob sie vor dem wandgroßen Panoramafenster mit Blick auf die nächtliche Sarasota Bay und sagte: »Auf dich, Elizabeth. Hasta la vista, mi amada. «
    »Was heißt amada? «
    Ich drehte mich um. Pam stand in der Schlafzimmertür. Sie hatte ein blaues Nachthemd an, das ich nicht kannte. Sie trug ihre Haare offen. So lang waren sie nicht mehr gewesen, seit Ilse in den unteren Klassen der Highschool gewesen war. Es berührte ihre Schultern.
    »Es heißt Liebling«, sagte ich. »Das hab ich von Wireman gelernt. Er war mit einer Mexikanerin verheiratet.«
    »War?«
    »Sie ist gestorben. Wer hat dir von Elizabeth erzählt?«
    »Der junge Mann, der für dich arbeitet. Ich habe ihn gebeten, mich anzurufen, wenn sich etwas Neues ergibt. Das tut mir so leid.«
    Ich lächelte. Ich versuchte, die Champagnerflasche in den Kühler zurückzustellen, und verfehlte ihn. Teufel, ich verfehlte sogar den Tisch. Die Flasche knallte auf den Teppich und rollte davon. Früher war die Tochter des Paten ein Kind gewesen, das seine Zeichnung von einem lächelnden Pferd vor der Kamera eines Fotografen hochgehalten hatte, der vermutlich irgendein flotter Bursche mit Strohhut und Ärmelhaltern gewesen war. Dann war sie eine alte Frau gewesen, die ihr Leben in einem Rollstuhl zuckend beendet hatte, während ihr Haarnetz sich löste und unter den Neonröhren im Büro einer Galerie an einer letzten Haarnadel flatterte. Und die Zeit dazwischen? Die war ihr vermutlich nicht länger als ein Nicken oder Winken zum klaren blauen Himmel hinauf erschienen. Zuletzt zerschellen wir alle auf dem Fußboden.
    Pam streckte die Arme aus. Durch das große Fenster schien der Vollmond ins Zimmer, und in dem Licht konnte ich die auf der Rundung ihrer Brust eintätowierte Rose sehen. Noch etwas, das neu und anders war … aber die Brust war mir vertraut. Ich kannte sie gut. »Komm zu mir«, sagte Pam.
    Ich kam. Ich stieß mit meiner schlimmen Hüfte gegen einen der Tische vom Zimmerservice, schrie halblaut auf und stolperte die beiden letzten Schritte in ihre Arme. Schöne Wiedervereinigung, dachte ich, bei der wir beide auf demTeppich landen werden, du auf ihr.Vielleicht konnte ich ihr sogar ein paar Rippen brechen. Das war durchaus möglich; seit meiner Übersiedlung nach Duma Key hatte ich sieben bis acht Kilo zugelegt.
    Aber sie war stark. Das hatte ich vergessen. Sie hielt mein Gewicht, indem sie sich erst am Türrahmen abstützte und sich dann mit mir in den Armen aufrichtete. Ich legte meinen Arm um sie, ließ mein Gesicht auf ihre Schulter sinken und atmete einfach nur ihren Duft ein.
    Wireman! Ich bin früh aufgewacht und habe mich wunderbar mit meinem Porzellan vergnügt!
    »Komm jetzt, Eddie, du bist müde. Komm ins Bett.«
    Sie führte mich ins Schlafzimmer. Hier war das Fenster kleiner und das Mondlicht schwächer, aber das Fenster stand offen, und ich konnte das stete Seufzen des Wassers hören.
    »Weißt du bestimmt …«
    »Pst.«
    Ich habe Ihren Namen bestimmt schon mal gehört, aber er fällt mir gerade nicht ein, ich vergesse jetzt so vieles.
    »Ich wollte dich nie verletzen. Es tut mir so leid, dass ich …«
    Sie legte zwei Finger auf meine Lippen. »Ich will keine Entschuldigungen.«
    Wir saßen im Schatten nebeneinander auf dem Bett. »Was willst du also?«
    Sie zeigte es mir mit einem Kuss. Ihr Atem war warm und roch nach Champagner. Für eine kleine Weile vergaß ich Elizabeth und Wireman, Picknickkörbe und Duma Key. Für eine kleine Weile gab es nur sie und mich, ganz wie in alten Zeiten. Den zweiarmigen Zeiten. Für eine kleine Weile schlief ich danach - bis der Morgen heraufdämmerte. Gedächtnisverlust ist nicht immer das Problem; manchmal - vielleicht sogar oft - ist er die Lösung.

WIE MAN EIN BILD ZEICHNET (VIII)
    Seien Sie tapfer. Schrecken Sie nicht davor zurück, die geheimen Dinge zu zeichnen. Niemand behauptet, Kunst sei immer ein Zephyr; manchmal ist sie ein Hurrikan. Selbst dann dürfen Sie nicht zögern oder den Kurs wechseln. Denn erzählen Sie sich die große Lüge schlechter Kunst - dass die Verantwortung bei Ihnen liegt -, bringen Sie sich um die Chance, die Wahrheit zu finden. Die Wahrheit ist nicht immer hübsch. Manchmal ist die Wahrheit der Big Boy.
    Die Kleinen sagen: Sie ist Libbits Frosch. Ein Frosch mit

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