Wahn - Duma Key
damals im Jahr 1927 am Südende von Duma Key gewesen.
Ich zeichnete John Eastlake - allerdings waren nur seine Schwimmflossen vor dem Himmel, das Ende seines Schnorchels und darunter ein Schatten zu sehen. John Eastlake, der nach Schätzen tauchte.
Der nach der neuen Puppe seiner jüngsten Tochter tauchte, obwohl er vermutlich nichts zu finden erwartete.
Unter eine Schwimmflosse schrieb ich in Druckbuchstaben: FAIRER BERGELOHN .
Die Bilder stiegen klarer, immer klarer in meinem Geist auf, als hätten sie all diese Jahre nur darauf gewartet, befreit zu werden, und ich fragte mich flüchtig, ob jedes Gemälde (und jedes zu seiner Herstellung benutzte Werkzeug) von Höhlenmalereien in Zentralasien bis zur Mona Lisa solche versteckten Erinnerungen an seine Entstehung und seinen Schöpfer enthielt, die wie DNA in den Pinselstrichen gespeichert war.
Schwimm und mach Beinschläge, bis ich Halt sage.
Ich fügte Elizabeth zu dem tauchenden Daddy hinzu, wie sie, mit Noveen unter einen Arm geklemmt, bis zu ihren molligen Knien im Wasser stand. Libbit hätte fast das Puppenmädchen auf der Zeichnung sein können, die Ilse sich erbeten hatte - die eine, der ich den Titel Das Spiel ist aus gegeben hatte.
Und nachdem er all dieses Zeug gesehen hat, umarmt er mich umarmt mich umarmt mich.
Ich machte eine hastige kleine Skizze, auf der John Eastlake mit auf den Kopf geschobener Tauchermaske das tat. Der Picknickkorb stand gleich daneben auf einer Decke, und die Harpunenpistole lag auf dem Korbdeckel.
Er umarmt mich umarmt mich umarmt mich.
Zeichne sie, flüsterte eine Stimme. Zeichne Elzabeth’ fairen Bergelohn. Zeichne Perse.
Aber das würde ich nicht tun. Ich hatte Angst vor dem, was ich zu sehen bekommen könnte. Und vor dem, was es mir antun könnte.
Und was war mit Daddy? Was mit John? Wie viel hatte er gewusst?
Ich blätterte die Zeichnungen durch bis zu dem Bild mit dem schreienden John Eastlake, dem das Blut aus der Nase und aus einem Auge rann. Er hatte viel gewusst. Möglicherweise zu spät, aber er hatte es gewusst.
Was genau war mit Tessie und Lo-Lo passiert?
Und mit Perse, dass sie sich in all den Jahren still verhalten hatte?
Was war sie eigentlich? Keine Puppe, so viel schien festzustehen.
Ich hätte weitermachen können - ein Bild, auf dem Tessie und Lo-Lo Hand in Hand einen Weg, irgendeinen Weg, entlangliefen, wartete bereits darauf, gezeichnet zu werden -, aber ich begann aus meiner Halbtrance zu erwachen und war fast zu Tode erschrocken. Außerdem glaubte ich genug zu wissen, um weitermachen zu können; Wireman würde mir helfen, den Rest rauszukriegen, dessen war ich mir fast sicher. Ich klappte meinen Skizzenblock zu. Ich legte den braunen Bleistift - jetzt nur noch ein Stummel - des kleinen Mädchens von damals aus der Hand und merkte, dass ich hungrig war. Sogar heißhungrig. Aber diese Art Kater war mir nicht neu, und ich hatte reichlich Vorräte im Kühlschrank.
VI Ich ging langsam die Treppe hinunter, glaubte ein Kaleidoskop aus bunten Bildern zu sehen - den auf dem Kopf stehenden Reiher mit scharfen blauen Augen, die lächelnden Pferde, die bootsgroßen Schwimmflossen an Daddys Füßen - und sparte mir die Mühe, im Wohnzimmer Licht zu machen. Das war überflüssig; jetzt im April hätte ich den Weg vom Fuß der Treppe in die Küche bei stockfinsterer Nacht gefunden. Inzwischen hatte ich mir dieses einsame Haus, das sein Kinn über die Brandungslinie hinausreckte, so zu eigen gemacht, dass ich mir trotz allem nicht vorstellen konnte, es zu verlassen.Auf halbem Weg blieb ich stehen und sah durch den Florida-Raum auf den Golf hinaus.
Dort draußen, keine hundert Meter vom Strand entfernt, im Licht des Viertelmonds und einer Million Sterne deutlich und unverwechselbar, lag die Perse vor Anker. Ihre Segel waren gerefft, aber Seilnetze sackten von ihren uralten Masten wie Spinnweben herab. Die Leichentücher, dachte ich. Das sind ihre Leichentücher. Sie dümpelte wie das vermoderte Spielzeug eines längst gestorbenen Kindes auf den Wellen. Soweit ich sehen konnte, waren die Decks leer - von Lebewesen wie von Andenken -, aber wer konnte wissen, was sich vielleicht unter Deck befand?
Ich war kurz davor, ohnmächtig zu werden. In dem Augenblick, in dem ich das merkte, erkannte ich auch den Grund dafür: Ich hatte aufgehört zu atmen. Ich wies meinen Körper an, einzuatmen, aber eine schreckliche Sekunde lang passierte nichts. Meine Brust blieb flach wie eine Seite in
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