Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
selbstlos zu schützen versucht hatte, diesen Mann, der sie als Niggerschlampe beschimpft hatte, bevor er ihr das Leben nahm.
    »Er hat gekreischt«, sagte ich. »Er hat gekreischt, bis er Nasenbluten hatte. Bis er aus einem Auge geblutet hat. Ein Wunder, dass er von dem Kreischen keine Gehirnblutung bekommen hat.«
    »Auf dem Schiff ist niemand«, sagte Jack. »Wenigstens nicht auf dieser Zeichnung.«
    »Nein. Perse war fort. Was Nan Melda gehofft hatte, ist tatsächlich eingetreten. Die Ereignisse am Strand haben das Miststück lange genug abgelenkt, dass Libbit sich um sie kümmern konnte. Sie ertränken konnte, damit sie weiterschlief.« Ich tippte auf Meldas linken Arm, auf den ich zwei schnelle Bogen und eine winzige Schraffur gezeichnet hatte, die reflektiertes schwaches Mondlicht anzeigen sollte. »Und hauptsächlich, weil irgendwas ihr eingegeben hat, dass sie die silbernen Armreife ihrer Mutter tragen soll. Silber, wie bei einem bestimmten Kerzenleuchter.« Ich sah Wireman an. »Vielleicht gibt es also doch etwas auf der lichten Seite der Gleichung, das ein bisschen auf uns aufpasst.«
    Er nickte, dann zeigte er auf die Sonne. Sie würde in wenigen Augenblicken den Horizont berühren, und die übers Meer auf uns zuführende Lichtbahn, jetzt noch gelb, würde sich zu reinem Gold verdunkeln. »Aber bei Nacht kommen die Bösen zum Spielen heraus.Wo ist die Perse aus Porzellan jetzt? Irgendeine Idee, wo sie nach all dem, was am Strand geschehen ist, abgeblieben sein könnte?«
    »Ich weiß nicht, was genau passiert ist, nachdem Eastlake Nan Melda erschossen hatte, aber ich kenne die wesentlichen Punkte. Elizabeth...« Ich zuckte mit den Schultern. »Sie hatte ihr Pulver verschossen, zumindest für einige Zeit. Ihr Überlastungsschutz hat sozusagen angesprochen. Ihr Vater muss sie schreien gehört haben, und das war vermutlich das Einzige, was ihn noch zur Vernunft bringen konnte. Er muss sich daran erinnert haben, dass er - so schrecklich alles auch sein mochte - oben im Heron’s Roost eine überlebende Tochter hatte. Vielleicht hat er sich sogar daran erinnert, dass er dreißig bis vierzig Meilen entfernt zwei weitere hatte. Was bedeutete, dass er hier Ordnung schaffen musste.«
    Jack zeigte wortlos auf den Horizont, den die Sonne jetzt berührte.
    »Ich weiß, Jack, aber wir sind schon näher dran, als du denkst.« Ich zog das letzte Blatt heraus und legte es auf den Stapel. Das Motiv war nur angedeutet, aber das wissende Lächeln war unverkennbar. Dies war Charley der Rasenjockey. Ich stand auf und drehte die beiden vom Meer und dem wartenden Schiff weg, das jetzt als Silhouette, Schwarz vor Gold, sichtbar war. »Seht ihr ihn?«, fragte ich sie. » Ich habe sie auf unserem Weg ums Haus entdeckt. Die wirkliche Jockeystatue, meine ich, nicht die Projektion, die uns bei unserer Ankunft genarrt hat.«
    Sie sahen hin. »Ich sehe nichts«, sagte Wireman, »und ich glaube, dass ich sie sehen würde, wenn sie da wäre, muchacho . Ich weiß, dass das Gras hoch ist, aber diese rote Mütze müsste trotzdem auffallen. Außer die Statue steht irgendwo zwischen den Bananenstauden.«
    »Hab sie!«, rief Jack aus und lachte tatsächlich.
    »Einen Scheiß hast du«, sagte Wireman gekränkt. Dann: »Wo?«
    »Hinter dem Tennisplatz.«
    Wireman sah genau hin, wollte gerade sagen, dass er noch immer nichts sah, und schüttelte dann den Kopf. »Der Teufel soll mich holen«, stieß er hervor. »Das Scheißding steht auf dem Kopf, nicht wahr?«
    »Ja. Und weil er keine richtigen Füße hochzustrecken hat, siehst du nur den quadratischen Eisensockel. Charley bezeichnet die Stelle, amigos .Aber zuerst müssen wir in das Nebengebäude.«
     
     
     
     
     
     
    II Ich hatte keinerlei Vorahnung, was uns in dem scheunenartigen, dicht bewachsenen Gebäude, in dem es dunkel und drückend heiß war, erwartete, und wusste nicht, dass Wireman seine Desert Eagle gezogen hatte, bis sie plötzlich losging.
    Die Schiebetore waren von der Sorte, die auf Schienen rollten, aber diese würden nie mehr rollen; sie waren im halb geöffneten Zustand festgerostet - und das seit Jahrzehnten. Graugrünes Louisianamoos hing wie ein Vorhang herab und verdeckte das obere Drittel der Lücke zwischen den Torflügeln.
    »Was wir brauchen, ist...«, begann ich, und dann kam der Reiher herausgeflattert: mit glitzernden blauen Augen, nach vorn gerecktem langem Hals und klapperndem gelbem Schnabel. Er schwang sich in die Luft, sobald er aus dem Tor war, und ich

Weitere Kostenlose Bücher