Wahn - Duma Key
Schiff.
Melda packt den Mister am Arm, krallt ihre Finger tief in seinen Bizeps und spricht zu ihm, wie sie noch nie in ihrem Leben zu einem Weißen gesprochen hat.
Sie sagt: Hilf ihr, du Scheißkerl! Bevor er sie ersäuft!
Sie reißt ihn vorwärts. Er kommt mit. Sie wartet nicht ab, um zu sehen, ob er Schritt hält oder wieder erstarrt, und sie hat Libbit völlig vergessen; sie kann jetzt nur an Adie denken. Sie muss das Emery-Wesen daran hindern, sie ins Wasser zu schleppen, und das muss sie tun, bevor die toten Babbies nah genug sind, um ihm zu helfen.
Sie schreit: Loslassen! Lass sie los!
Sie fliegt den Strand entlang, dass ihr Rock sich hinter ihr bläht. Emery hat es geschafft, Adie fast bis zu den Hüften ins Meer zu schleppen. Adie wehrt sich jetzt, aber sie droht auch zu ersticken. Melda platscht auf sie zu und stürzt sich auf den blassen Leichnam, der seine Frau am Hals gepackt hält. Er schreit auf, als Meldas linker Arm, der mit den Armreifen, ihn berührt. Das ist ein gurgelnder Laut, als wäre seine Kehle voller Wasser. Er windet sich in Meldas Griff wie ein Fisch, und sie krallt mit ihren Fingernägeln nach ihm. Fleisch löst sich mit ekelhafter Leichtigkeit unter ihnen ab, aber aus den blassen Wunden fließt kein Blut. Seine Augen rollen in ihren Höhlen, und sie gleichen denen eines toten Karpfens im Mondschein.
Er stößt Adriana weg, damit er sich der Harpyie erwehren kann, die ihn angefallen hat, dieser Harpyie mit dem kalten, abstoßenden Feuer am Arm.
Adie jammert: Nein, Nanny, hör auf, du tust ihm weh!
Adie taumelt vorwärts, um Melda wegzuziehen oder die beiden wenigstens zu trennen, und das ist der Augenblick, in dem John Eastlake, der knöcheltief im Golf steht, mit der Harpunenpistole schießt. Die dreischneidige Spitze trifft seine Tochter unter dem Kinn, und sie steht bolzengerade da: Zwei Zoll Stahl ragen vorn aus dem Hals, und weitere vier Zoll treten knapp unterhalb des Hinterkopfs aus.
John Eastlake kreischt: Adie, nein! Adie, DAS WOLLTE ICH NICHT!
Adie dreht sich nach dem Klang der Stimme ihres Vaters um und fängt tatsächlich an, auf ihn zuzugehen, aber mehr kann Nan Melda nicht beobachten. Adies toter Mann versucht, sich aus ihrem Griff loszureißen, aber das will sie nicht zulassen; sie will sein schreckliches Halbleben beenden und damit vielleicht die beiden Baby-Monster abschrecken, bevor sie zu nahe herankommen können. Und sie denkt (sofern sie denken kann), dass das zu schaffen ist, denn sie hat auf dem bleichen, nassen Gesicht des Wesens ein rauchendes Brandmal gesehen und begriffen, dass es von ihren Armreifen stammt.
Ihren silbernen Armreifen.
Das Wesen greift nach ihr, sein runzliger Mund vor Angst oder Wut weit aufgerissen. Hinter ihr kreischt John Eastlake wieder und wieder den Namen seiner Tochter.
Melda faucht: Du bist schuld daran!, und als das Emery-Wesen sie packt, lässt sie es geschehen.
Du und das Miststück, dem du gehorchst, würde sie hinzufügen, aber seine weißen Hände schließen sich um ihren Hals, wie sie sich um den der armen Adie geschlossen haben, und sie kann nur gurgeln. Ihr linker Arm ist jedoch frei, der mit den Armreifen, und dieser Arm fühlt sich sehr stark an. Sie holt gewaltig aus, schwingt ihn in weitem Bogen nach vorn und lässt ihn an die rechte Kopfseite des Emery-Wesens krachen.
Die Wirkung ist spektakulär. Sein Schädel wird von dem Schlag eingedrückt, als hätte das kurze Untertauchen die harte Knochenschale in Pappmaschee verwandelt. Trotzdem ist er stellenweise noch hart; einer der Splitter, der Emerys dichtes Haar durchstößt, schlitzt ihr den Unterarm so tief auf, dass Blut in das sie umbrandende Meer spritzt.
Zwei Schatten huschen an ihr vorbei, einer links, einer rechts.
Daddy!, ruft Lo-Lo in ihrer neuen silbrigen Stimme.
Tessie ruft: Daddy, hilf uns!
Das Emery-Wesen bemüht sich jetzt, von Melda wegzukommen, torkelt und platscht, will nichts mehr mit ihr zu schaffen haben. Melda rammt den Daumen ihrer starken linken Hand in sein rechtes Auge und spürt etwas Kaltes, Matschiges wie Kröteneingeweide unter einem Felsbrocken hervorquellen. Dann wirft sie sich herum und gerät ins Torkeln, als die Unterströmung versucht, ihr die Beine unter dem Körper wegzuziehen.
Sie streckt die linke Hand aus, bekommt Lo-Lo am Genick zu fassen und reißt sie zurück. Hier geblieben!, grunzt sie, und Lo-Lo, die mit den Armen rudernd rückwärts taumelt, stößt einen überraschten Schmerzensschrei aus … kein
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