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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verschwindet.
    Es ist Zeit. Jetzt lässt sich nichts mehr aufhalten.
    Statt Adie in die Küche zu folgen, läuft Melda den vorderen Korridor entlang zum Arbeitszimmer des Misters, das sie erstmals in ihren sieben Jahren bei der Familie Eastlake betritt, ohne anzuklopfen. Der Mister sitzt an seinem Schreibtisch und hat die Krawatte abgenommen und den Kragen aufgeknöpft und seine Hosenträger abgestreift, sodass sie schlaff herabhängende Schlingen bilden. Er hält die goldgerahmten Fotos von Tessie und Lo-Lo in den Händen. Die Augen in seinem Gesicht, das schon hagerer ist, sind rot, als er zu ihr aufsieht. Er scheint nicht überrascht zu sein, dass seine Haushälterin, ohne anzuklopfen, hereingeplatzt ist; überhaupt sieht er aus wie ein Mann, den nichts mehr überraschen, nichts mehr erschüttern kann, obwohl sich das natürlich als unzutreffend erweisen wird.
    Er sagt: Was gibt’s, Melda-Lou?
    Sie sagt: Sie müssen sofort kommen.
    Er sieht sie aus tränennassen Augen mit träger, aufreizender Verständnislosigkeit an. Wohin kommen?
    Sie sagt: Zum Strand. Und das hier mitbringn.
    Sie zeigt auf die Harpunenpistole, die, von mehreren kurzen Harpunen umgeben, an der Wand hängt. Die Spitzen bestehen aus Stahl, nicht aus Silber, aber ihre Schäfte sind schwer. Das weiß sie; hat sie den Korb mit ihnen nicht schon oft genug getragen?
    Er sagt: Wovon redest du überhaupt?
    Sie sagt: Kann mir jetzt nich die Zeit nehm, was zu erklärn. Sie müssn sofort zum Strand mitkomm, außer Sie wolln noch eine verliern.
    Er kommt. Er fragt nicht, welche Tochter, und erkundigt sich auch nicht noch einmal, wozu er die Harpunenpistole brauchen könnte; er reißt sie nur von der Wand, nimmt zwei der Harpunen in die andere Hand und geht mit großen Schritten durch die offene Tür seines Arbeitszimmers hinaus, erst neben Melda, dann vor ihr her. Als er die Küche erreicht, in der Melda Adie zuletzt gesehen hat, rennt er in vollem Tempo, und sie bleibt hinter ihm zurück, obwohl sie ihren Rock mit beiden Händen rafft. Und überrascht sie dieses plötzliche Ausbrechen aus seiner Trägheit, diese wie elektrisierte Aktivität? Nein. Denn unter seinem Schmerz, der alles zudeckt, hat auch der Mister gespürt, dass hier etwas nicht in Ordnung ist und sich dauernd weiter verschlimmert.
    Die Hintertür steht offen. Eine Abendbrise fährt hinein und drückt sie ein kleines Stück weiter auf … nur ist sie in Wirklichkeit eine Nachtbrise. Der Sonnenuntergang verglüht. Der Sand des Shade Beach wird noch etwas Licht reflektieren, aber hier im Heron’s Roost ist es bereits dunkel. Melda läuft über die hintere Veranda und sieht den Mister bereits auf dem Weg zum Strand. Er ist nur ein Schatten. Sie hält Ausschau nach Libbit, aber Libbit ist natürlich nirgends zu sehen; wenn Libbit tut, was sie tun soll, ist sie bereits mit ihrer Herzschachtel zum Swimmingpool unterwegs.
    Die Herzschachtel mit dem Ungeheuer darin.
    Sie rennt hinter dem Mister her und holt ihn an der Bank ein, wo der Fußweg zum Strand hinunterführt. Dort steht er wie erstarrt. Im Westen bildet der letzte Widerschein des Sonnenuntergangs eine düster orangerote Linie, die bald verschwinden wird, aber das Licht reicht aus, um ihr Adie am Rand des Wassers zu zeigen - und den Mann, der aus dem Meer gewatet kommt, um sie zu begrüßen.
    Adriana schreit: Emery! Ihre Stimme klingt verrückt vor Freude, als wäre er statt eines Tages ein Jahr fort gewesen.
    Melda steht neben dem erstarrten, hilflos glotzenden Mann und ruft: Nein, Adie, bleib weg von ihm!, aber sie weiß, dass Adie nicht auf sie hören wird, und das tut sie auch nicht; Adie läuft zu ihrem Mann.
    John Eastlake sagt: Was - mehr nicht.
    Er hat seine Trägheit lange genug abgeschüttelt, dass er hierher rennen konnte, aber jetzt ist er wieder erstarrt. Liegt dies daran, dass er auch die beiden anderen Gestalten sieht, weiter draußen, aber ebenfalls zum Strand watend? In Wasser, das ihnen bis über die Köpfe reichen müsste. Melda glaubt das nicht. Sie glaubt, dass er weiter seine älteste Tochter anstarrt, als die Schattengestalt des aus dem Wasser kommenden Mannes mit seinen nassen Armen nach ihr greift, ihren Hals mit seinen nassen Händen umklammert und erst ihre Jubelschreie erstickt und sie dann in die Brandung zerrt.
    Draußen auf dem Golf, wartend, in der sanften Dünung hin und her schwingend wie ein Uhrpendel, das statt Minuten und Stunden Jahre und Jahrhunderte abzählt, liegt die schwarze Hulk von Perses

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