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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Anruf kam von Ilse, und ihre Mitteilung war nur beim ersten Anhören rätselhaft.
    »Mama wird dich anrufen«, sagte sie. »Ich hab mir echt Mühe gegeben, Dad - habe jeden Gefallen eingefordert, den sie mir schuldig war, ganz lieb bitte-bitte gesagt und Lin praktisch angebettelt, also sag Ja, okay? Sag Ja. Für mich.«
    Ich setzte mich hin, aß ein Table-Talk-Törtchen, auf das ich mich gefreut hatte, aber eigentlich nicht mehr wollte, blätterte mein teures Bilderbuch durch und dachte dabei - sicher nicht besonders originell -, Hallo, Dalí . Ich war nicht durchgehend beeindruckt. Immer wieder hatte ich das Gefühl, Arbeiten eines talentierten Klugscheißers zu betrachten, der kaum mehr tat, als sich die Zeit zu vertreiben. Trotzdem fand ich manche Bilder erregend, und ein paar ängstigten mich, wie es meine am Horizont aufragende Schneckenmuschel getan hatte. Tiger, die über einer ruhenden Nackten schwebten. Eine schwebende Rose. Und ein Bild mit dem Titel Schwäne spiegeln Elefanten wider, das so seltsam war, dass ich seinen Anblick kaum ertragen konnte... und trotzdem blätterte ich immer wieder zurück, um es mir erneut anzusehen.
    Und was tat ich in Wirklichkeit? Ich wartete darauf, dass meine Demnächst-Ex-Frau mich anrief, um mich zu Weihnachten mit den Mädchen nach St. Paul einzuladen. Irgendwann klingelte das Telefon, und als sie sagte: Ich spreche diese Einladung wider mein besseres Wissen aus, widerstand ich der Versuchung, diesen trickreichen Curveball aus dem Stadion zu hämmern: Und ich nehme sie wider meines an . Was ich sagte, war: Das verstehe ich. Was ich sagte, war: Was hältst du von Heiligabend? Und als sie sagte: Klingt gut, war ihr Tonfall etwas weniger aggressiv geworden. Der Streit, der unser Weihnachten en famille hätte torpedieren können, war vermieden worden. Trotzdem war diese vorübergehende Heimkehr keine gute Idee.
    BEUTEN SIE’S AUS, hatte Kamen geschrieben - noch dazu in Großbuchstaben. Ich hatte Angst, wenn ich jetzt fortging, würde ich es eher töten. Ich konnte nach Duma Key zurückkehren … aber das hieß nicht, dass ich in meinen Rhythmus zurückfinden würde. Die Spaziergänge, die Bilder. Eines bedingte das andere. Ich wusste nicht genau, wie, und das war auch nicht nötig.
    Aber Illy: Sag Ja. Für mich. Sie wusste, dass ich es tun würde, nicht weil sie mein Liebling war (Lin war diejenige, die das wusste, glaube ich), sondern weil sie immer mit so wenig zufrieden gewesen war und so selten irgendetwas verlangt hatte. Und weil ich mich beim Abhören ihrer Nachricht an den Tag erinnert hatte, als Melinda und sie bei mir am Lake Phalen gewesen waren. Daran, wie sie zu weinen begonnen und sich wie ein müdes Kind an mich gelehnt und gefragt hatte, weshalb nicht alles wieder so sein könne wie früher. Weil die Dinge das nie sind, hatte ich meiner Erinnerung nach geantwortet, aber vielleicht konnten sie es ein paar Tage lang sein... oder eine brauchbare Imitation. Ilse war neunzehn, wahrscheinlich zu alt für ein letztes Kinderweihnachten, aber bestimmt nicht zu alt, um ein weiteres mit der Familie verdient zu haben, in der sie aufgewachsen war. Und das galt auch für Lin. Sie war lebenstüchtiger, aber sie kam eigens aus Frankreich heimgeflogen, und das verriet mir einiges.
    Also gut. Ich würde hinreisen, ich würde nett sein, und ich würde unbedingt Reba mitnehmen - für den Fall, dass ich einen meiner Wutanfälle bekam. Sie ließen nach, aber auf Duma Key gab es außer meiner gelegentlichen Vergesslichkeit und meinem beschissenen Hinken auch nichts, worüber ich mich hätte aufregen können. Ich rief die Charterfluggesellschaft an, mit der ich seit fünfzehn Jahren flog, und buchte einen Learjet von Sarasota zum MSP International, Start am 24. Dezember um neun Uhr. Ich rief Jack an, der mir versicherte, er fahre mich gern zur Dolphin Aviation und hole mich am 28. Dezember wieder ab. Und dann, als ich gerade alles auf die Reihe gebracht hatte, rief Pam an, um mir mitzuteilen, das Ganze sei abgeblasen.
     
     
     
     
     
     
    VI Pams Vater war ein pensionierter Marine. Im letzten Jahr des 20. Jahrhunderts waren seine Frau und er nach Palm Desert, Kalifornien, umgezogen, wo sie in einer dieser bewachten Siedlungen lebten, in denen es immer ein afroamerikanisches Alibipaar und vier jüdische Alibipaare gibt. Kinder und Vegetarier müssen draußen bleiben. Die Einwohner müssen die Republikaner wählen und kleine Hunde mit Strasshalsbändern, doofem Blick und auf »i«

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