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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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endenden Namen besitzen. Taffi ist gut, Cassi ist besser, und etwas wie Rififi ist der absolute Scheiß. Pams Vater hatte Darmkrebs. Das überraschte mich nicht. Bring eine Bande weißer Arschlöcher zusammen, und du kannst sicher sein, dass so was die Runde macht.
    Das sagte ich allerdings nicht zu meiner Frau, die anfangs Stärke zeigte und dann in Tränen ausbrach. »Er hat die Chemo angefangen, aber Mama sagt, dass der Krebs bereits metas… mesass… ach, wie immer das Scheißwort heißt, ich rede schon wie du!« Und dann, noch immer schniefend, aber schockiert und beschämt: »Tut mir leid, Eddie, das war schrecklich.«
    »Nein, das war’s nicht«, sagte ich. »Es war überhaupt nicht schrecklich. Und das Wort heißt metastasiert.«
    »Ja. Danke. Jedenfalls wollen sie ihn heute Abend operieren, um den Haupttumor herauszuschneiden.« Sie begann wieder zu weinen. »Ich kann einfach nicht glauben, dass das mit meinem Dad passiert.«
    »Beruhige dich«, sagte ich. »Heutzutage bewirken sie wahre Wunder. Ich bin Beweisstück A.«
    Sie hielt mich entweder nicht für ein Wunder oder wollte nicht über dieses Thema reden. »Jedenfalls ist Weihnachten hier gestrichen.«
    »Natürlich.«
    »Ich fliege morgen nach Palm. Ilse kommt am Freitag, Melinda am Zwanzigsten. Ich vermute... angesichts der Tatsache, dass mein Vater und du fast nie einer Meinung wart...«
    Angesichts der Tatsache, dass wir uns einmal fast geprügelt hätten, nachdem mein Schwiegervater die Demokraten als »die Kommiekraten« bezeichnet hatte, fand ich das sehr milde ausgedrückt. »Wenn du annimmst, dass ich Weihnachten nicht mit dir und den Mädchen in Palm Desert verbringen will, hast du recht. Du wirst finanziell helfen, und deine Familie weiß hoffentlich, dass ich damit auch ein bisschen zu tun gehabt habe...«
    »Ich glaube nicht, dass dies der richtige Moment ist, um dein gottverdammtes Scheckheft zur Sprache zu bringen!«
    Und schon war die Wut wieder da, einfach so. Der Teufel fast wieder draußen aus seiner kleinen stinkenden Schachtel. Ich wollte sagen: Fick dich doch ins Knie, du großmäuliges Miststück. Aber das tat ich nicht. Zumindest teilweise deshalb, weil es als großmütiges Mistbeet oder vielleicht als mistiges Großbeet rausgekommen wäre. Irgendwie war ich mir da ganz sicher.
    Trotzdem war ich kurz davor.
    »Eddie?« Das klang trotzig, als sei sie allzu gern bereit, sich darüber mit mir zu zanken.
    »Ich will mein Scheckbuch keineswegs zur Sprache bringen«, sagte ich und horchte dabei sorgfältig auf jedes Wort. Alle kamen richtig heraus. Das war eine Erleichterung. »Ich sage nur, dass mein Gesicht am Krankenbett deines Vaters seine Genesung kaum beschleunigen würde.« Aus Ärger - aus Wut - hätte ich beinahe hinzugefügt, dass ich seines auch nicht an meinem gesehen hatte. Ich schaffte es, diese Worte zu unterdrücken, aber inzwischen war ich in Schweiß gebadet.
    »Also gut. Botschaft angekommen.« Sie machte eine Pause. »Was tust du an Weihnachten, Eddie?«
    Den Sonnenuntergang zeichnen, dachte ich. Ihn vielleicht richtig hinkriegen.
    »Ich glaube, wenn ich ein braver Junge bin, werde ich vielleicht von Jack Cantori und seiner Familie zum Dinner eingeladen«, sagte ich, obwohl ich nichts dergleichen glaubte. »Jack ist der junge Mann, der für mich arbeitet.«
    »Deine Stimme klingt erholt. Kräftiger. Vergisst du noch immer Sachen?«
    »Weiß ich nicht, kann mich nicht erinnern«, sagte ich.
    »Sehr witzig!«
    »Lachen ist die beste Medizin. Das habe ich in Reader’s Digest gelesen.«
    »Was ist mit deinem Arm? Hast du noch immer Phantomempfindungen?«
    »Nein, eigentlich nicht«, log ich, »die sind ziemlich weg.«
    »Gut. Wunderbar.« Eine Pause, dann: »Eddie?«
    »Noch hier«, sagte ich. Und mit dunkelroten Halbmonden in den Handflächen, weil ich krampfhaft die Fäuste ballte.
    Es entstand eine lange Pause. Telefonleitungen summen und knistern heutzutage nicht mehr wie in meiner Kindheit, trotzdem konnte ich die Meilen zwischen uns sanft seufzen hören. Das klang wie der Golf bei Ebbe. Dann sagte sie: »Tut mir leid, dass alles so gekommen ist.«
    »Mir auch«, erwiderte ich, und als wir auflegten, griff ich nach einer meiner größten Muscheln und hätte damit beinahe den Bildschirm des Fernsehers eingeworfen. Stattdessen hinkte ich durch den Raum, riss die Haustür auf und schlenzte die Muschel über die verlassene Einfahrt. Ich hasste Pam nicht - nicht wirklich -, aber ich schien noch immer irgendwas zu

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