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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Krankenhauses in St. Paul kremiert worden war, auf die Sessellehne sinken und trommelte mit den Fingern. Kein Geräusch, aber das Gefühl war da: Haut auf Peddigrohr. Darauf hätte ich jeden Eid schwören können.
    Plötzlich wollte ich zeichnen.
    Ich dachte ans Little Pink über mir, aber der Weg in den ersten Stock war mir zu weit. Ich ging ins Wohnzimmer und nahm einen Artisan-Block von dem Stapel auf dem Couchtisch. Meine Zeichenutensilien lagen größtenteils oben, aber in einer Schublade des Schreibtischs im Wohnzimmer hatte ich mehrere Schachteln Buntstifte, von denen ich ebenfalls eine mitnahm.
    Wieder im Florida-Raum (der für mich immer eine Veranda bleiben würde), setzte ich mich und schloss die Augen. Ich horchte auf die Wellen, die unter mir ihre Arbeit taten, die Muscheln hoben und zu neuen Mustern umschichteten, von denen jedes anders als die vorigen war. Bei geschlossenen Augen klang dieses Mahlen mehr denn je wie Reden: Das Wasser lieh der Küste vorübergehend eine Stimme. Und das Land selbst war vorübergehend - aus geologischer Sicht würde Duma Key nicht lange überdauern. Keine der Keys würde ewig existieren; der Golf würde sie zuletzt alle verschlingen und anderswo neue entstehen lassen. Das galt vermutlich für ganz Florida. Das Land lag niedrig und war dem Meer nur vorläufig abgetrotzt.
    Ah, aber dieses Geräusch war erholsam. Hypnotisch.
    Ohne die Augen zu öffnen, tastete ich nach Ilses E-Mail und ließ meine Fingerspitzen erneut darübergleiten. Das tat ich mit der rechten Hand. Dann öffnete ich die Augen, schob den E-Mail-Ausdruck mit der existierenden linken Hand beiseite und zog denArtisan-Block auf meinen Schoß. Ich schlug ihn auf, kippte die schon gespitzten zwölf Venus-Buntstifte vor mir auf den Tisch und begann zu zeichnen. Ich vermutete, ich würde Ilse zeichnen - an wen hatte ich schließlich die ganze Zeit gedacht? -, und fürchtete, ich würde dabei grandios scheitern, weil ich mich, seit ich wieder zeichnete, an noch keiner einzigen menschlichen Gestalt versucht hatte. Aber was herauskam, war nicht Ilse, und es war nicht schlecht. Vielleicht nicht großartig, kein Rembrandt (nicht mal ein Norman Rockwell), aber nicht schlecht.
    Es war ein junger Mann in Jeans und einem T-Shirt der Minnesota Twins. Das Shirt trug die Nummer 48, mit der ich nichts verband; in meinem früheren Leben war ich zu möglichst vielen Spielen der T-Wolves gegangen, aber ein echter Baseballfan war ich nie gewesen. Der Kerl hatte dunkelblonde Haare, die irgendwie nicht passten; ich hatte nicht die richtigen Farben, um den exakten Braunschimmer zu erzielen. In einer Hand hielt er ein Buch. Er lächelte gewinnend. Ich wusste, wer er war: Ilses besondere Neuigkeiten für mich. Das sagten die Muscheln, während die Flut sie hochhob und wendete und wieder fallen ließ. Verlobt, verlobt. Sie hatte einen Ring, einen Brillanten; gekauft hatte er ihn bei …
    Ich war dabei, die Jeans des jungen Mannes mit Venusblau zu schraffieren. Jetzt legte ich den Stift weg, griff nach dem schwarzen und malte das Wort
    ZALES
an den unteren Bildrand. Das war eine Information, aber auch der Name der Zeichnung. Namen verleihen Macht.
    Dann ließ ich den schwarzen Stift fallen, griff ohne Pause nach Orange und fügte Arbeitsstiefel hinzu. Das Orange leuchtete zu hell, ließ seine Stiefel neu aussehen, was sie nicht waren, aber die Idee war richtig.
    Ich kratzte mir den rechten Arm, ich kratzte durch meinen rechten Arm und erwischte stattdessen meine Rippen. »Scheiße«, murmelte ich halblaut. Die Muscheln unter mir schienen einen Namen zu knirschen. Lautete er Connor? Nein. Und irgendetwas stimmte hier nicht. Ich wusste nicht, woher dieses Gefühl kam, aber das Phantomjucken in meinem rechten Arm verwandelte sich plötzlich in einen kalten Schmerz.
    Ich blätterte den Zeichenblock um und legte die nächste Skizze an - diesmal nur mit dem Rotstift. Rot, rot, it was RED! Der Stift huschte übers Papier und ließ eine blutrote menschliche Gestalt entstehen. Sie kehrte mir den Rücken zu, trug eine rote Robe mit einer Art langettiertem Kragen. Auch ihr Haar kolorierte ich rot, weil es wie Blut aussah und diese Gestalt sich wie Blut, wie Gefahr anfühlte. Nicht für mich, aber...
    »Für Ilse«, murmelte ich. »Gefahr für Ilse?Von dem Kerl? Von dem Besondere-Neuigkeiten-Kerl?«
    Irgendetwas stimmte nicht mit ihm, aber das war es eigentlich nicht, was mir Angst machte. Vor allem sah die Gestalt in der Robe nicht wie ein Mann

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