Wahn - Duma Key
herrisch. Offenbar fühlst du dich wieder besser.«
»Das tue ich. Und du?«
»Ja«, sagte ich, aber das stimmte nicht. Ich hatte plötzlich einen schlimmen Anfall von bösem Rot. Diesen Farbton stellt Venus nicht her, aber im Ablagefach der Staffelei lag ein frisch gespitzter schwarzer Stift. Ich griff danach und schrieb meinen Namen neben eines der rosa Beine, die jetzt wieder einer Puppe gehörten. Vor ihr trieben ein Dutzend Tennisbälle auf einer kleinen Welle heran. Ich wusste nicht, was die vagabundierenden Tennisbälle bedeuteten, aber sie gefielen mir nicht. Es gefiel mir auch nicht, diese Zeichnung signieren zu müssen, aber nachdem ich es getan hatte, kritzelte ich Das Spiel ist aus auf eine Seite. Und was ich dabei fühlte, gab der Spruch wieder, den Pam den Kindern beigebracht hatte, als sie noch klein waren. Wenn sie eine unliebsame Pflicht erfüllt hatten, sollten sie sagen: Vorbei. Erledigt. Weg.
XVI Sie blieb noch zwei Tage, und es waren schöne Tage. Als Jack und ich sie wieder zum Flughafen brachten, war sie im Gesicht und an den Armen leicht gebräunt und schien ihrerseits zu strahlen - vor Jugend, Gesundheit und Wohlbefinden.
Jack hatte ihr eine feste Pappröhre für ihr neues Bild besorgt.
»Daddy, versprich mir, dass du gut auf dich aufpasst und mich sofort anrufst, wenn du mich brauchst«, sagte sie.
»Verstanden«, sagte ich lächelnd.
»Und versprich mir, dass du eine unabhängige Meinung zu deinen Bildern einholst. Von jemandem, der sich mit solchen Dingen auskennt.«
»Nun...«
Sie senkte das Kinn und musterte mich stirnrunzelnd. So sah sie wieder wie Pam in der Zeit aus, in der wir uns kennengelernt hatten »Versprich’s mir lieber, sonst...«
Und weil das ihr Ernst war - das bestätigte die senkrechte Falte zwischen ihren Augenbrauen -, versprach ich es ihr.
Die Falte glättete sich. »Gut, das wäre geklärt. Du verdienst es, wieder gesund zu werden, weißt du. Manchmal frage ich mich, ob du das selbst genug glaubst.«
»Natürlich tue ich das«, sagte ich.
Ilse sprach weiter, als hätte sie nichts gehört. »Weil es nicht deine Schuld war, was passiert ist.«
Bei diesen Worten war ich den Tränen nahe. Vermutlich wusste ich es, aber es war nett, zu hören, wie jemand es laut aussprach. Das heißt jemand anders als Kamen, dessen Aufgabe es war, den angetrockneten Schmutz von den lästigen unabgespülten Töpfen in den Spülbecken des Unbewussten zu kratzen.
Sie nickte mir zu. »Dir wird’s bald besser gehen. Das sage ich, und ich bin très herrisch.«
Eine Lautsprecherstimme kündigte den Delta-Flug 559 über Cincinnati nach Cleveland an. Die erste Etappe von Ilses Rückflug.
»Also los, Schatz, lass dich mit dem Magnetometer absuchen und deine Schuhe kontrollieren.«
»Ich muss erst noch etwas anderes sagen.«
Ich warf die eine Hand hoch, die ich noch besaß. »Was gibt’s jetzt noch, liebes Kind?«
Darüber musste sie lächeln: So hatte ich meine beiden Töchter immer genannt, wenn meine Geduld fast erschöpft war.
»Danke, dass du mir nicht damit gekommen bist, Carson und ich wären zu jung, um uns zu verloben.«
»Hätte das was genützt?«
»Nein.«
»Siehst du. Außerdem wird deine Mutter das gründlich für uns beide erledigen, denke ich.«
Ilse verzog ihren Mund, als wollte sie »Autsch!« sagen, dann lachte sie. »Und Linnie auch - aber nur weil ich ihr ausnahmsweise zuvorgekommen bin.«
Sie drückte mich noch einmal fest an sich. Ich atmete den Duft ihrer Haare tief ein: den angenehmen Geruch nach Shampoo und junger, gesunder Weiblichkeit. Sie ließ mich los und sah zu meinem Faktotum hinüber, das rücksichtsvoll etwas abseits stand. »Pass ja gut auf ihn auf, Jack. Er ist einer von den Guten.«
Die beiden hatten sich nicht ineinander verliebt - kein Glück in diesem Punkt, muchacho -, aber er lächelte freundlich. »Ich tue mein Bestes.«
»Und er hat versprochen, seine Bilder beurteilen zu lassen. Du bist mein Zeuge.«
Jack nickte lächelnd.
»Gut.« Sie küsste mich wieder, dieses Mal auf die Nasenspitze. »Sei brav, Vater. Werd gesund.« Dann ging sie durch die automatische Tür: mit Gepäckstücken beladen, aber trotzdem mit energischem Schritt. Kurz bevor die Tür sich wieder schloss, sah sie sich ein letztes Mal um. »Und besorg dir Malfarben!«
»Mach ich!«, antwortete ich laut, wusste jedoch nicht, ob sie mich noch hören konnte; in Florida schließen sich solche Türen zischend und besonders schnell, damit
Weitere Kostenlose Bücher