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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war noch dabei, den Mut aufzubringen, dich darum zu bitten.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Dass du möchtest, dass irgendwer sie sich ansieht, bevor du sie dem Kerl in der Scoto zeigst, liegt auf der Hand. Das heißt außer deiner Tochter und dem Jungen, der die Besorgungen für dich macht.«
    »Der Termin ist am Freitag. Ich hab Angst davor.«
    Wireman wedelte mit einer Hand in der Luft und lächelte. »Mach dir keine Sorgen.« Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: »Wenn ich dein Zeug für Mist halte, sage ich’s dir ganz offen.«
    »Gut.«
    Er nickte. »Ich wollte nur, dass das klar ist.« Dann öffnete er das Tor und führte mich auf den Innenhof von Heron’s Roost, auch als Palacio de Asesinos bekannt. verchromten Kurbel würde das durchhängende Netz spannen. Auf Drahtstelzen stand ein Korb mit Tennisbällen, der mich flüchtig an die Zeichnung denken ließ, die Ilse nach Providence mitgenommen hatte: Das Spiel ist aus.
    »Demnächst einmal, muchacho «, sagte Wireman und zeigte auf den Tennisplatz, an dem wir vorbeikamen. Er war langsamer gegangen, damit ich zu ihm aufschließen konnte. »Du und ich. Ich werde es dir leicht machen - nur Aufschlag und Volley -, aber ich dürste danach, mal wieder den Schläger zu schwingen.«
    »Sind Aufschläge und Volleys dein Preis fürs Bilder-Ansehen?«
    Er lächelte. »Ich habe einen Preis, aber nicht den. Ich sag ihn dir später. Komm, wir gehen rein.«
     
     
     
     
     
     
    III Wireman führte mich zum Hintereingang, durch eine halbdunkle Küche mit großen weißen Arbeitsinseln sowie einem riesigen Westinghouse-Herd und ins raunende Innere des Hauses, das in dunklen Hölzern leuchtete - Eiche, Nussbaum, Teak, Redwood, Zypresse. Dies war tatsächlich ein Palacio im alten Floridastil. Wir gingen an einer Bibliothek vorbei, in der in einer Ecke eine echte Ritterrüstung vor sich hin brütete. Dann kam ein Arbeitszimmer mit zahlreichen Gemälden an den Wänden - keine drögen Ölporträts, sondern farbenfrohe abstrakte Werke, sogar ein paar Op-Art-Hingucker.
    Licht überflutete uns wie weißer Regen, als wir durch die Haupthalle gingen (Wireman ging; ich hinkte), und ich erkannte, dass trotz der ganzen Pracht des Herrenhauses dieser Teil nicht mehr als ein aufgemotzter verglaster Übergang von der Art war, die in Florida Teile älterer und weit bescheidenerer Wohngebäude verbindet. Der entsprechende Stil, fast immer in Holz (manchmal in Abfallholz) ausgeführt, hat sogar einen Namen: Florida Cracker.
    Diese Galerie, die dank ihres langen Glasdachs reichlich Licht erhielt, war mit Pflanzkübeln gesäumt. Am anderen Ende bog Wireman nach rechts ab. Ich folgte ihm in einen riesigen kühlen Salon. Eine Fensterreihe führte auf einen Nebenhof voller Blumen und Stauden hinaus - meine Töchter hätten die Hälfte von ihnen benennen können, Pam sicher alle, aber ich erkannte nur Astern, Ziströschen, Holunder und Fingerhut. Oh, und den Rhododendron. Von dem gab es reichlich. Jenseits dieses Gewirrs, auf einem blau gefliesten Weg, der offenbar die Verbindung zum Haupthof herstellte, stakste ein scharfäugiger Reiher. Er wirkte nachdenklich und grimmig zugleich, aber ich hatte noch nie einen am Boden gesehen, der nicht aussah wie ein puritanischer Gemeindeältester, der überlegte, welche Hexe er als Nächste verbrennen sollte.
    In der Mitte des Raums war die Frau, die Ilse und ich gesehen hatten, als wir versucht hatten, die Duma Key Road zu erkunden. An jenem Tag hatte sie mit blauen Hi-Tops an den Füßen in einem Rollstuhl gesessen. Heute stand sie und hielt mit beiden Hände die Griffe eines Gehwägelchens umfasst; ihre Füße - groß und sehr bleich - waren nackt. Sie trug beigefarbene Slacks mit hoher Taille, dazu eine dunkelbraune Seidenbluse mit fast komisch breiten Schultern und langen Ärmeln. Ihre Aufmachung ließ mich an Katharine Hepburn in einem dieser alten Filme denken, die manchmal in Turner Classic Movies gezeigt werden: Ehekrieg oder Die Frau, von der man spricht . Nur konnte ich mich nicht daran erinnern, dass Katharine Hepburn jemals so alt ausgesehen hatte, sogar als sie alt war.
    Der Raum wurde beherrscht von einem langen niedrigen Tisch, wie mein Vater ihn für seine Modelleisenbahn im Keller stehen gehabt hatte, nur war dieser nicht mit grasgrünem Filz, sondern mit irgendeinem hellen Holz kaschiert, das wie Balsa aussah. Der Tisch war mit Modellhäusern und Porzellanfigürchen bedeckt: Männer, Frauen, Kinder, Haustiere, Zootiere, allerlei

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