Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
Vom Netzwerk:
eine Kur beantragte, ließ man ihn dienstärztlich untersuchen und stellte als Ergebnis fest, er sei dienstunfähig. Deml klagte dagegen vor dem Verwaltungsgericht und siegte. Daraufhin wurde er ein zweites Mal zwangspensioniert. Jetzt gab er auf, weil er erkannte, dass er auf einen nicht angemessenen Dienstposten abgeschoben würde, falls er den Prozess gewänne.
    Gegen Vogl wurde zwei Jahre lang ein Disziplinarverfahren durchgeführt. Er war fälschlicherweise beschuldigt worden, einen Kollegen dazu angestiftet zu haben, Pilz bei einer »Fahrt unter Alkoholeinfluss« zu erwischen. Als sich die Unwahrheit dieser Anschuldigung herausstellte, wurde das Disziplinarverfahren eingestellt. Aber Vogl war aufgrund der andauernden psychischen Belastung krank geworden und wurde deswegen zwangspensioniert. Die Urkunde händigte man ihm an seinem 35 . Geburtstag aus, er war verheiratet und Vater von zwei kleinen Kindern. Deml wurde im Alter von 45 Jahren in Pension geschickt. Der Präsident des Polizeiverwaltungsamts habe zu ihm gesagt: »Ihre Pensionierung kommt nicht von uns.«
    Als sich Vogl und Deml, wie erwähnt, Ende Januar 1993 an den Landtag wandten, fiel der SZ und anderen Zeitungen eine Parallele auf. Drei Wochen zuvor hatte ich beim Landtag eine Eingabe eingereicht mit gleichartigen schweren Beschuldigungen gegen Strauß, Tandler, von Waldenfels und andere. Michael Stiller, der Landtagsjournalist der Süddeutschen , schrieb, die Petition der beiden Kriminalbeamten erinnere stark an die betrüblichen Erfahrungen, die der »Ministerialrat Wilhelm Schlötterer bei seinem Kampf gegen Steuerprivilegien für Prominente machen musste. Er hat sich freilich trotz aller Anfeindungen als Ministerialrat behaupten können; die beiden Oberpfälzer Polizisten dagegen sind nahezu ruiniert.«
    Die Geschichte fand noch eine überraschende, entlarvende Fortsetzung. Pilz machte Karriere. Ende 1992 wurde er an den Freistaat Sachsen abgegeben; er wurde in Chemnitz Leitender Polizeidirektor und schließlich sogar Polizeipräsident des Landes Sachsen. Doch dann erhoben sich Anfang 2004 auch dort schwere Vorwürfe gegen ihn, nämlich Mobbing von Kollegen, sexuelle Belästigung, ungenehmigte Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied, Einsatz von Untergebenen für private Zwecke, Trunkenheit im Dienst und so weiter. Die Opposition im sächsischen Landtag verlangte seine Ablösung. Und nun holte ihn seine bayerische Vergangenheit ein. Die Sächsische Zeitung und die Freie Presse Chemnitz erfuhren von den früheren Vorwürfen gegen ihn und stellten fest, dass sie weitgehend den aktuellen Vorwürfen glichen. Der damalige sächsische Innenminister Thomas de Maizière erteilte Pilz einen disziplinar-rechtlichen Verweis und versetzte ihn 2005 mit 60 Jahren in den Ruhestand. Im Vergleich zu dem Unrecht, das er seinen Kollegen Deml und Vogl zugefügt hatte, war dies freilich eine lächerliche Sanktion. Dass indirekt ihre früheren Vorwürfe gegen Pilz bestätigt worden waren, konnte keine Genugtuung für sie sein. Strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurde er wegen der Vorwürfe nie.
    Hat sich der bayerische Innenminister Beckstein um Wiedergutmachung bemüht oder sich wenigstens bei Deml und Vogl für das zugefügte Unrecht entschuldigt? Nein, das hat er nicht!
    Es gilt noch einmal zurückzublenden. Deml erzählte, im November 1989 habe der persönliche Referent von Ministerpräsident Streibl über einen Dritten versucht, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Er wollte unbedingt wissen, was er an Informationen über Tandler und Staudinger habe. Warum war Streibl daran so interessiert? Gerold Tandler, zu diesem Zeitpunkt mächtiger Finanzminister und stellvertretender CSU -Vorsitzender, war – wie die Öffentlichkeit erst später erfuhr, die CSU -Spitze aber vermutlich viel früher wusste – damals bereits mit fast 17 Millionen Mark verschuldet. Für diese Kredite waren zweifellos laufend erhebliche Zinszahlungen zu leisten, ein Focus -Bericht mutmaßte es seien 1 , 4 Millionen Mark jährlich. Woher kam das Geld? Sein Ministergehalt hätte dafür nicht ausgereicht. Beim Bäderkönig Eduard Zwick hatte Tandler seinerzeit 700 000 Mark Schulden. Für Ministerpräsident Streibl war es daher wichtig zu wissen, ob sein Finanzminister auch gegenüber Staudinger verpflichtet war.
    Die enorme Verschuldung Tandlers rührte insbesondere daher, dass er in Altötting das Hotel Zur Post erworben und mit vielen Millionen umgebaut hatte. Offenbar aber wollte sich die in

Weitere Kostenlose Bücher