Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
gegen den Mann, der die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte. Der SZ -Journalist Michael Stiller berichtete in seinem 2002 erschienenen Buch Edmund Stoiber: Der Kandidat von dem Vorwurf Malucks, Beckstein habe einen bevorstehenden Polizeieinsatz im Nürnberger Rotlichtmilieu verraten. Ein Dementi Becksteins vermochte er nicht zu zitieren. Erstaunlicherweise äußerte sich nicht der Innenminister selbst, sondern nur sein Ministerium: Maluck sei ein »tragischer Fall; er sei über die Geschehnisse in seiner Dienststelle nicht hinweggekommen«. Durch solch mitleidige Worte wurde Maluck quasi für geistig nicht mehr voll zurechnungsfähig erklärt.
Doch dagegen, dass Maluck unzurechnungsfähig war, standen die Fakten. Die verschwundene Munition, die Morde an Levin und Poeschke, die Verwendung gleichartiger Munition hierbei und der Selbstmord der zwei Polizisten waren Tatsachen. Maluck hatte nichts erfunden. Wieso er sich dann die Beckstein vorgeworfenen Handlungen eingebildet haben sollte – er, der dienstlich ausgezeichnet beurteilt war –, das zu erklären wäre Günther Becksteins Pflicht gewesen. Beckstein sollte es noch zum Ministerpräsidenten bringen, Maluck hingegen wurde aus seinem Amt gedrängt. Im Laufe der Auseinandersetzungen geriet er immer mehr unter psychischen Druck und erkrankte schließlich an Herzrhythmusstörungen. Daraufhin wurde »von oben« seine Zwangspensionierung wegen angeblicher Dienstunfähigkeit verfügt. Vergeblich erhob er dagegen Klage vor dem Verwaltungsgericht. So musste er mit nur 48 Jahren in Pension gehen. Das Disziplinarverfahren wurde nach zehn (!) Jahren eingestellt, nicht einmal eine dienstrechtliche Missbilligung wurde gegen Maluck ausgesprochen. Für die vorzeitig an ihn zu bezahlende Pension haben die Steuerzahler aufzukommen.
Für den pflichtbewussten Polizeichef Werner Maluck war eine Welt eingestürzt. Sein Vertrauen in Vorgesetzte und politische Amtsträger, sein Glaube an den Rechtsstaat und die Justiz waren zerstört. Sein beruflicher Lebensinhalt war ihm geraubt. Gedemütigt und gesellschaftlich herabgewürdigt musste er hinnehmen, dass er »entsorgt« wurde. Wie sehr diese seelische Last auch seine Familie bedrückte, lässt sich vorstellen.
Kurz nachdem ich mich Anfang 1993 mit einer Eingabe an den Landtag gewandt hatte, meine Verfolgung durch Strauß schildernd, wandte sich Maluck in einem Brief an mich. Er legte seinen Fall dar, beklagte, dass er für verrückt erklärt werden sollte, nachdem man ihn zuvor krank gemacht habe. Er teilte mit, dass es auch um Tafelgeschäfte in Höhe von 500 000 Mark eines Mannes gegangen sei, »der von Ministerpräsident Strauß unter anderem gedeckt wurde«. Damit diese Steuerhinterziehung nicht aufflog, habe man ihm die dienstrechtliche Aussagegenehmigung versagt, »womit Aktivitäten der Finanzverwaltung beendet wurden«.
Ich glaubte ihm. Die beschriebenen Methoden kamen mir nur allzu bekannt vor. Aber ich konnte nichts für Maluck tun – es war zu spät, er war bereits zwangspensioniert. Überdies war ich selbst in schwerer Bedrängnis. Nach meiner Landtagseingabe schoss die Gegenseite auf mich aus allen Rohren.
Der Kriminalhauptkommissar Klaus Deml und der Polizeiobermeister Josef Vogl
Wenige Wochen nachdem mich der Brief Werner Malucks erreicht hatte, berichtete die Süddeutsche Zeitung über einen spektakulären Kampf, der die gleichen Ingredienzien aufwies wie der Fall Maluck. Kriminalhauptkommissar Deml und Polizeiobermeister Vogl hatten Beschuldigungen gegen ihren Vorgesetzten Eberhard Pilz erhoben, den Leiter der Grenzpolizeiinspektion Furth im Wald. Die Stadt ist bekannt wegen des »Drachenstichs«, einem wiederkehrend aufgeführten Schauspiel, bei dem ein tapferer Fürst einen das Land heimsuchenden Drachen tötet. Damit wird an die Einfälle der Hussiten im 15 . Jahrhundert erinnert. Die beiden Kriminalbeamten hingegen sollten ihren Kampf verlieren. Denn ihr Vorgesetzter genoss himmlischen Beistand.
Gegen Pilz hatte Deml im Juli 1989 Strafanzeige erstattet wegen des Verdachts der vorsätzlichen schweren Körperverletzung im Amt, des Meineids, der Rechtsbeugung, Verfolgung Unschuldiger, Urkundenunterdrückung, der Nötigung und der Strafvereitelung im Amt. Zuvor schon hatte er gegen ihn Anzeige erstattet wegen Steuer- und Zollvergehen, Untreue, Trunkenheit im Verkehr und Verrat von privaten Geheimnissen. Dabei wurde er von Polizeiobermeister Vogl unterstützt. Die Staatsanwaltschaft Regensburg verwarf
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