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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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jedoch die Strafanzeigen mit der Begründung, dass »ein Tatnachweis nicht zu führen war«. Stattdessen ging man anschließend gegen Deml und Vogl vor.
    Wer war Eberhard Pilz? Er war, so Deml und Vogl, ein Günstling des damaligen CSU -Fraktionsvorsitzenden Gerold Tandler. Als 1987 der amtierende Innenminister August Lang die Leitung der Grenzpolizeiinspektion in Furth im Wald im Zuge einer Umorganisation einem Polizeioberrat übertragen wollte, schaltete Tandler den Ministerpräsidenten Strauß ein. In einem Brief an diesen beklagte er, der Beamte Pilz, »der seit Langem in unserer Partei aktiv tätig ist, wäre danach nur noch Vertreter des Leiters der Grenzpolizeistation … Dass eine solche Entscheidung der Person und den Leistungen des Herrn Pilz nicht gerecht wird, brauche ich nicht besonders zu betonen.« Strauß wies daraufhin Innenminister Lang schriftlich an, in Abstimmung mit Tandler »nach einer sachgerechten, einvernehmlichen Lösung zu suchen und mich über das Ergebnis zu unterrichten«. Das war ein rechtswidriger Eingriff in das verfassungsrechtliche Ressortprinzip, wonach jeder Minister seinen Geschäftsbereich eigenständig verwaltet. Doch Pilz stand nunmehr unter dem Schutz des »Allerhöchsten«.
    Aber war es wirklich bloß die verdienstvolle Aktivität in der CSU , die Tandler und Strauß honorieren wollten? Pilz fehlte als Kriminalhauptkommissar eigentlich die formale Qualifikation für den höheren Dienst. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz ermittelte außerdem gegen ihn wegen des Verdachts nachrichtendienstlicher Tätigkeit. Er war heimlich in der Tschechoslowakei gewesen, ohne vorher die dienstliche Genehmigung einzuholen. Aus diesen Gründen hatte ihn Innenminister Lang nicht zum Leiter der neu geplanten Grenzpolizeistation machen wollen. Doch Pilz verfügte über eine Qualifikation, die ihn über all das hinaushob: Er war der Schwager des schwerreichen Unternehmers Anton Staudinger, der beste Beziehungen zu CSU -Spitzenpolitikern wie Gerda Hasselfeldt, Georg von Waldenfels, vor allem aber zu Gerold Tandler unterhielt. Letzterer machte mehrmals, laut SZ, seit 18 Jahren mutmaßlich zum Freundschaftspreis oder gar kostenlos Urlaub in den berühmten Poseidon-Gärten auf Ischia, die Staudinger gehörten. Selbstverständlich wurde Staudinger mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.
    Angesichts dieser Konstellation – und nachdem sich darüber hinaus auch noch das Justizministerium und der Generalstaatsanwalt in Nürnberg eingeschaltet hatten – wäre es ein wahres Wunder gewesen, wenn die Staatsanwaltschaft Pilz die von Deml angezeigten Vergehen hätte nachweisen können. Sie alle wachten darüber, dass Pilz kein Unrecht geschah – schließlich war die Verfolgung Unschuldiger durch die Justiz ein Verbrechen! Der Generalstaatsanwalt ließ den ermittelnden Staatsanwalt kommen und »erörterte« die Angelegenheit mit ihm. Nach seiner Rückkehr instruierte der Staatsanwalt den zuständigen Kriminalbeamten. Der zeigte Deml einen mit roter Tinte beschriebenen Zettel und klagte: »Das sind Anweisungen, mehr darf ich nicht mehr machen.«
    Im Dezember 1992 erfuhr Deml, dass Pilz starke politische Rückendeckung habe und deshalb bei den Ermittlungen, die in etwa einem halben Jahr eingestellt würden, nichts herauskommen dürfe. Der Generalstaatsanwalt sei zuvor in München gewesen und habe vom Justizministerium entsprechende Weisungen erhalten. In einer schriftlichen Beschwerde an den Generalstaatsanwalt rügte Deml die rechtswidrig unterlassene Vernehmung von Zeugen und andere unterlassene Ermittlungen – ohne Erfolg.
    In ihrer Not und Verzweiflung wandten Deml und Vogl sich an den Landtag und wiesen in einer Petition auf falsche Antworten von Innenminister Stoiber und Staatssekretär Beckstein hin, auf politische Einflussnahme, auf die mangelhaften Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sowie auf den paradoxen Umstand, dass die Staatsanwaltschaft Pilz die Vernehmung als einen Beschuldigten nicht »zugemutet« habe. Sie rügten, Pilz sei sogar noch beruflich gefördert worden, sie hingegen seien als rechtmäßig handelnde Polizeibeamte unter Missbrauch der Disziplinargewalt regelrecht fertiggemacht worden. Die Petition wurde von der CSU -Mehrheit im Landtag abgeschmettert.
    Zu diesem Zeitpunkt hatte Innenminister Stoiber die beiden Kriminalbeamten bereits zwangspensionieren lassen. Deml hatte zuvor Staatssekretär Beckstein in einem Gespräch alles geschildert, vergeblich. Als Deml

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